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Streik: Zugausfälle machen Lahrer Pendlern zu schaffen / Keine Besserung in Sicht

Lahr - Der Lokführerstreik trifft auch die Lahrer Pendler hart. Der Großteil der Züge fiel am Donnerstagmorgen ersatzlos aus. Der Ärger am Bahnhof war groß – vor allem, weil es erst mal so weitergeht.

6.58 Uhr, Gleis 1: Dutzende Menschen stehen am Bahnsteig, schauen Richtung Norden. In wenigen Augenblicken ist etwas zu sehen, was am Lahrer Bahnhof an diesem Donnerstag eine Seltenheit bleibt: ein einfahrender Zug. "Normalerweise nehme ich den um kurz nach sechs, bin dann pünktlich an meiner Arbeitsstelle in Emmendingen. Heute komme ich später, mein Chef weiß Bescheid", sagt ein Mann Mitte 30, während er darauf wartet, dass sich die Türen der Regionalbahn öffnen und die stattliche Zahl von Mitreisenden vor ihm eingestiegen ist. "Am Anfang war ich wütend, jetzt ist es einfach nur noch traurig", sagt er und verschwindet im Pulk.

Im Tarifstreit mit der Bahn hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) um 2 Uhr in der Früh den dritten und bislang längsten Streik im Personenverkehr eingeläutet – und stellt damit viele Zugreisende vor große Probleme. Freilich auch in Lahr.

Verständnis unter den Zugfahrern nimmt ab

Regulär fährt morgens alle halbe Stunde eine Bahn Richtung Offenburg beziehungsweise Freiburg. Heute flimmern über die digitalen Anzeigetafeln Meldungen über Zugausfälle; aus den Bahnhofslautsprechern krächzt eine Frauenstimme Hinweise auf den Ersatzverkehr. Zwischen 6 und 9 Uhr fahren laut Ersatzfahrplan drei Busse ab – zwei in nördliche, einer in südliche Richtung.

"Eigentlich ist hier nicht so viel los", sagt ein älterer Mann, der wie der Jüngere den Zug nimmt. Er muss seit einer Weile regelmäßig zur Behandlung in eine Breisgauer Klinik, seine Frau begleitet ihn. Ob er Verständnis für den Ausstand hat? "Nicht mehr. Es ist einfach übertrieben, was die da machen. Wobei es im Grunde ja nur einer ist. Ich hoffe, der hat jetzt mal ein Einsehen."

"Der" ist GDL-Chef Claus Weselsky – und knallhart: Den Wunsch nach einer Einigung macht der Gewerkschafter nur wenig später zunichte: Ein verbessertes Angebot mit mehr Geld und kürzerer Vertragslaufzeit, das die Bahn am Mittwochabend vorgelegt hat, sei für die Lokführer "inhaltlich nicht annehmbar", lässt der Gewerkschafter am Vormittag wissen.

Damit geht der Ausstand weiter und voraussichtlich bis Dienstag mit erheblichen Einschränkungen im Zugverkehr einher. Eine Frau, die in Lahr aus dem Zug ausgestiegen ist, schwankt zwischen Wut und Resignation: "Bei den ersten zwei Streiks habe ich mich noch fürchterlich aufgeregt, mittlerweile hat man sich ja fast schon dran gewöhnt." Oder auch nicht, denn dann redet sie sich doch in Rage: "Es trifft immer die, die zur Arbeit gehen und auf die Bahn angewiesen sind. Das ganze Land und vor allem die Wirtschaft leiden so sehr unter den Folgen von Corona – manchen ist das wohl nicht genug."