Erster Warnstreik bei Bosch Rexroth: "Die Streikbereitschaft ist hoch. Die Hallen waren leer." Foto: IG Metall Freudenstadt

Volle Auftragsbücher, Arbeiten bis zum Anschlag, viele Überstunden. Doch jetzt droht den wichtigsten Unternehmen der Metall-Branche im Kreis Freudenstadt der Stillstand.

Horb/Empfingen/Region - Denn IG Metall und Betriebsräte drohen mit Streiks. "Wir können den Arbeitgebern richtig weh tun", spitzt es Georg Faigle, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Freudenstadt, zu.

Auslöser: Südwestmetall lehnt die Forderung der Gewerkschaft bisher ab. Forderung: eine "tabellenwirksame Erhöhung" von acht Prozent. Faigle begründet, warum die Forderung seiner Meinung nach gerechtfertigt ist: "Dieses Jahr wird ein Riesensuperjahr für die Unternehmen, nächstes Jahr wird es auch sehr gut." Die Auswirkungen der Energiekrise? Laut den Betriebsräten der Unternehmen kaum zu spüren. "Man hat alles 1:1 an die Kunden weitergegeben", berichtet Werner Hagenlocher, Betriebsratsvorsitzender von Bosch Rexroth. Er und andere Betriebsräte von Bosch Rexroth, Ceratizit und Lauffer berichten, wie die Situation in den jeweiligen Unternehmen ist.

Bosch Rexroth: gute Geschäftslage, viele Überstunden

1108 Mitarbeiter arbeiten für Bosch Rexroth in der Niederlassung in Horb. Hagenlocher: "Die Geschäftslage ist gut. Es wird auf der höchsten Stufe gearbeitet. Auch die Aussicht für das nächste Jahr ist sehr gut. Wir fahren schon das ganze Jahr über Überstunden und werden auch noch bis Ende des Jahres unter Volllast arbeiten." Die Forderung der Gewerkschaft sei also "absolut gerechtfertigt". Michael Engel, Mitglied der großen Tarifkommission Baden-Württemberg und freigestellter Betriebsrat von Bosch Rexroth, sagt: "Der Fachkräftemangel ist zu spüren. Unser Betriebsrat fordert bisher vergeblich, die Ausbildungsquote zu erhöhen. Zumindest werden alle Auszubildenden übernommen."

Die Streikbereitschaft im Unternehmen sei hoch. "Ein Streik würde dem Unternehmen weh tun, weil wir jetzt schon keine Mehrarbeit genehmigt haben und wir bei den Aufträgen eh schon im Rückstand sind." Beim ersten Warnstreik seien die Hallen bereits komplett leer gewesen.

Ceratizit: Erst Personalabbau, jetzt sehr gute Auftragslage

Aktuell hat Ceratizit in Empfingen 260 Mitarbeiter. Zuvor wurden 104 Stellen abgebaut – die meisten bis Februar 2022. Betriebsratsvorsitzender Hartmut Friesinger: "Im Abbau hat man gemerkt, dass man nicht auf alle verzichten kann und hat versucht, wieder Leute zurückzuholen." Auch bei Ceratizit sei die Auftragslage sehr gut. "In diesem Geschäftsjahr sind wir sehr gut unterwegs." Gerade wolle das Unternehmen aber nur Leiharbeiter zusätzlich anstellen, da man 2023 eine Rezession befürchte. IG-Metaller Faigle hält dem entgegen: "Minus 0,2 Prozent Prognose ist kein Absturz, sondern höchstens eine kleine Delle." Hagenlocher von Bosch Rexroth stimmt zu: "Wenn es weniger wird, dann arbeiten wir endlich mal normal." Allerdings: Auch für 2023 habe Ceratizit schon Mehrarbeit angekündigt. Das Unternehmen scheint also selbst nicht mit einer harten Rezession zu rechnen.

Lauffer: hoher Planungsaufwand, hohe Anforderungen an Mitarbeiter

Bei Lauffer in Horb mit 253 Beschäftigten ist die Lage ein bisschen schwieriger, wie Betriebsratsvorsitzender Eberhard Gsell erklärt. "Die Auftragsbücher sind voll, aber es ist nicht leicht, die Aufträge alle abzuarbeiten." Hier wirke sich noch die Corona-Krise aus. Auch Lieferengpässe seien ein Problem. Gsell: "Es gibt sehr hohe Planungsaufwände, um die Maschinen termingerecht rauszubringen. Das ergibt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter, die sich besonders flexibel zeigen müssen. Die Mitarbeiter sind dazu bereit, wollen aber auch gerecht entlohnt werden."

Die Streikbereitschaft sei zu spüren. "Mit zwei, drei Prozent wollen sich die Leute nicht zufriedengeben." Der Fachkräftemangel sei präsent, die Unternehmen müssten aber auch bereit sein, eine gerechte Bezahlung anzubieten. "Viele Jahre lang hat es Einkommensverluste gegeben. Die letzten Tarifrunden liefen nicht gut. Einmalzahlungen reichen nicht mehr aus", so Gsell.

"Streikfest" in Horb

Ihren Forderungen wollen die Arbeitnehmer am kommenden Mittwoch, 16. November, auf dem Horber Festplatz mit einem "Streikfescht" Nachdruck verleihen. Hier wird Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall Deutschland, erwartet. Los gehen soll es um 12 Uhr.