Der Pilotenstreik von Ryanair hat kaum zu Flugausfällen geführt. Doch er ist erst der Anfang, kommentiert Anne Guhlich.
Stuttgart - Der Streik der Ryanair-Piloten hat kaum zu Beeinträchtigungen geführt. Das ist eine gute Nachricht für die Passagiere, deren Verständnis für Pilotenstreiks derzeit nicht gerade sehr ausgeprägt sein dürfte. Zu gut erinnern sich viele noch an den jahrelangen Arbeitskampf der hochbezahlten Lufthansa-Piloten. Diese haben 14 Mal mit turbulenten Auswirkungen die Arbeit niedergelegt, bevor es im Führjahr schließlich zu einer Einigung kam.
Doch wäre es freilich falsch, alle Piloten über einen Kamm zu scheren. Zur Erinnerung: Ryan-Air-Chef Michael O’Leary ist ein bekennender Gewerkschaftsfeind. Er hat Zitate geprägt wie: „Die Beschäftigten sind unser größter Kostenblock, und viele sind so faul, dass wir sie ständig in den Hintern treten müssen. Das denkt eigentlich jeder Chef, aber keiner will es zugeben.“
Ryanair laufen die Piloten weg
So verwundert es nicht, dass sich O’Leary extrem spät – nämlich vor einigen Wochen – erstmals in der Geschichte des Billigflugkonzerns dazu durchgerungen hat, Gewerkschaften überhaupt anzuerkennen. Er tat dies freilich nicht, weil er plötzlich den Menschenfreund in sich entdeckt hat, sondern weil ihm berechtigterweise die Piloten weggelaufen sind: Fragwürdige Arbeitsbedingungen und Gehälter, die ungefähr bei der Hälfte der Lufthansa-Kollegen liegen, schrecken die Beschäftigten ab. Insofern geht es bei den Ryan-Air-Beschäftigten nicht um Luxusforderungen. Es geht es darum, überhaupt erst einmal in Verhandlungen über einen Tarifvertrag einzutreten.
Den ersten Streik konnte Ryanair durch Ersatzpiloten zwar auffangen. Aber der Ausstand hat gezeigt, dass sich die Piloten mobilisieren lassen. Sie sind bereit, dafür zu kämpfen, dass jahrelange Versäumnisse im Unternehmen nun angegangen werden. Und sie haben gerade erst angefangen. Es wäre im Interesse der Passagiere, wenn die Notwendigkeit dafür auch die Geschäftsleitung erkennt.