Am ehemaligen Standort der Bäko-Genossenschaft soll ein neues Feuerwehrhaus gebaut werden. Foto: Breitenreuter

Von einem "Streichkonzert" sprach Oberbürgermeister Julian Osswald bei der Einbringung des Haushaltsplans für 2022. Außerdem sah er in einer aktuellen Entwicklung ein Alarmsignal: Erstmals seit zehn Jahren ging die Einwohnerzahl Freudenstadts zurück – um knapp 100.

Freudenstadt - Einen Finanzierungsmittelbedarf von 5,4 Millionen Euro könnte die Stadt im Haushaltsjahr 2022 haben. Diese Lücke solle mit liquiden Mitteln der Stadt in Höhe von 2,5 Millionen und einem Kredit in Höhe von knapp drei Millionen Euro geschlossen werden, sagte Osswald. Wenn das Jahr aber gut laufe, wolle man auf einen Kredit verzichten. Die Kreditermächtigung aus dem Jahr 2021 sei auch nicht in Anspruch genommen worden.

Einiges verschoben

Die Stadt rechne mit einem Defizit von 1,56 Millionen Euro im Ergebnishaushalt, sagte Osswald. Dieses hätte auch bei rund fünf Millionen liegen können, aber dringende Maßnahmen seien schon bei Beratungen innerhalb der Verwaltungen verschoben worden. Man bewege sich an der Untergrenze der notwendigen Ausgaben, bei Straßen und Gebäuden sogar darunter. Es sei ein "Streichkonzert" gewesen. Er gehe im Gesamthaushalt von Einnahmen in Höhe von 66,3 Millionen Euro aus, das seien sechs Millionen mehr als 2021. Diese setzen sich im Wesentlichen aus mehr Steuereinnahmen und Zuweisungen aus.

Außerdem gehe man von zwölf Millionen Euro Gewerbesteuer aus. Im Vorjahr war noch mit zehn Millionen geplant worden. Letztlich flossen aber 14,9 Millionen Euro – ein Rekord für die Stadt und der Grund, warum sie auf einen Nachtragshaushalt verzichten konnte. Allerdings bleibe davon nur ein Viertel in der Kasse der Stadt, schränkte Osswald ein.

Personalkosten steigen

Von den 66,3 Millionen Euro im Gesamthaushalt fließen mehr als 22 Millionen als Gewerbesteuer-, Finanzausgleichs- und Kreisumlage ab. Der nächste große Block sind die Personalkosten: Sie machen 17,8 Millionen Euro aus. Laut Osswald steigen sie lediglich um 1,8 Prozent. Dies sei nur gelungen, da Stellen eingespart wurden. Auch seien einige Stellen nicht aufs ganze Jahr gerechnet worden, da es schwierig sei, sie zu besetzen. Die Mitarbeiter hätten in der Pandemie "Außergewöhnliches" geleistet. Trotz aller Widrigkeiten habe das Gemeinwesen "nahezu reibungslos funktioniert".

Entlastung für Mitarbeiter

Zur Entlastung bei den vielen Überstunden seien 1,82 zusätzliche Stellen vorgesehen. Diese betreffen den Kinderbetreuungsbereich und das Baurechts- und Ordnungsamt, um den Arbeitsanfall im Zusammenhang mit Corona zu bewältigen. Zwei Stellen für Duale Studenten werden ebenfalls geschaffen, einmal im digitalen Verwaltungsmanagement, und einmal in sozialer Arbeit. Mit einer Stelle im deutsch-französischen Freiwilligendienst soll ein Zeichen gesetzt werden. Die Stadt kostet das 1000 Euro.

Erhöhung der Gebühren

Um den Haushalt wie vom Regierungspräsidium Karlsruhe gefordert zu konsolidieren, gibt es einige Erhöhungen wie bei den Preisen für Bauflächen, der Kurtaxe, der Hundesteuer, den Parkgebühren und der Miete für das Kurhaus. Über die Einführung einer Nutzungsgebühr für die Sporthallen werde noch mit den Vereinen verhandelt. Auch Kürzungen bei anderen freiwilligen Leistungen gibt es, etwa beim Infopunkt im Stadtbahnhof.

An Investitionen in die Kinderbetreuung will die Stadt festhalten. 4,4 Millionen flössen Jahr für Jahr in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dazu kommen dieses Jahr noch einmal 720 000 Euro extra. 1,5 Millionen fließen an Freudenstadt Tourismus. Das komme letztlich auch den Einwohnern zugute. Zudem sei die Summe für den Tourismus erstmals um 500 000 Euro gekürzt worden, so Osswald.

Reihe von Vorhaben

Für Ordnungsarbeiten in den Sanierungsgebieten Promenadeplatz und Christophstal sind 620 000 Euro vorgesehen. Weitere Investitionen – zum Teil in mehrjährige Vorhaben – sind das neue Feuerwehrhaus mit 1,9 Millionen, die energetische Sanierung der Keplerschulen mit 1,7 Millionen, erste Aufträge für den Neubau an der Falkenrealschule mit 250 000, der Neubau der Kinderkrippe mit 200 000, die Erschließung eines Baugebiets in Kniebis mit 355 000 und die Dauermaßnahmen für die Gartenschau mit zwei Millionen Euro. Für die Dauermaßnahmen stehen Förderungen in Höhe von einer bis 1,5 Millionen Euro in Aussicht, für die Keplerschulen 700 000 Euro.

Wohnraum fehlt

Ein Warnsignal sei, dass Freudenstadt zuletzt knapp 100 Einwohner verloren habe. Der OB bringt das direkt mit dem fehlenden Wohnraum im bezahlbarem Segment in Zusammenhang. Im Notzeitweg gebe es noch Bauplätze, und die Stadt solle Modelle prüfen, wie sie dort Wohnraum schaffen könne, auch wenn sie kein Geld habe.

Flexibilität erhalten

Osswald lobte am Ende seiner Rede die Arbeit der Haushaltsstrukturkommission bei der Konsolidierung. Trotz vieler Einsparungen habe sich die Stadt einiges an Flexibilität erhalten können.

Die Prognose des Kämmerers

Kämmerer Jochen Kaupp stellte im Anschluss an die Haushaltsrede Osswalds noch einmal die Einnahmen- und Ausgabensituation vor. So setzen sich die 66,3 Millionen Euro des Haushalts aus Steuern (33,9 Millionen), Zuweisungen (23,9 Millionen) sowie öffentlichen und privaten Entgelten (5,6 Millionen) sowie weiteren kleineren Posten zusammen. Er wies auch darauf hin, dass die Investitionen wieder steigen werden. Für 2024 seien zehn Millionen Euro für Baumaßnahmen vorgesehen. Für 2023 und 2024 sah er schwierige Zeiten voraus. Mit einer Entlastung des Haushalts sei 2025 zu rechnen, da dann die Bautätigkeit geringer sei. Für 2023 und 2024 rechne er mit Kreditaufnahmen in Höhe von jeweils knapp 3,9 Millionen Euro. Die liquiden Mittel der Stadt sinken wohl von gut zwölf Millionen 2021 auf 1,3 Millionen Euro Ende 2024. Ein Jahr später sollen sie dann bei 3,2 Millionen liegen. Der Schuldenstand des Kernhaushalts steigt der Prognose nach von knapp 7,4 Millionen 2021 auf 15,3 Millionen 2024.