Unter anderem vom Bereich Dobel aus sind die Windräder nicht zu übersehen – die Bürgerinitiative Gegenwind sieht die Bürger durch vorherige Darstellungen getäuscht. Foto: sb

Ende März soll Windpark Straubenhardt am Netz sein. BI streitet vor Gericht.

Straubenhardt - Zehn von elf Windrädern ragen im Wald zwischen Straubenhardt, Dennach, Dobel und Neusatz gen Himmel, acht speisen bereits Strom ins Netz ein.

Die großen Bauteile für die letzte Anlage sollen in dieser Woche angeliefert werden, so Jürgen Scheurer, Pressesprecher des Bauherren Wircon/Wirsol. Bis Ende März sollen alle Anlagen am Netz sein – sofern es die Witterung zulasse. "April und Mai sind für den Rückbau der Baustelle vorgesehen", lässt Scheurer wissen. Dieser umfasse neben dem Abbau von Lagerstätten und Abtransport von Baumaschinen auch den Rückbau verbreiterter Wege und nicht zuletzt Aufforstungsmaßnahmen.

Der Windpark Straubenhardt sieht seiner Fertigstellung entgegen. Dennoch lassen die Projektgegner von der Bürgerinitiative (BI) Gegenwind Straubenhardt nicht locker – jetzt erst recht nicht. "Wir haben die Chance auf Wieder-Abbau", steht auf dem Flyer des Vereins. Der Vorsitzende Heinz Hummel, Stellvertreter Jürgen Falkenberg und Mitstreiter Ingo Zerrer fechten einen Kampf, bei dem es mittlerweile juristisch um mehr geht als das Vorhaben in Straubenhardt. Rund 350 Mitglieder gehören dem Verein an, einige hätten ihn aus Frustration über die fehlenden Erfolge verlassen, etwa gleich viele seien dazugestoßen – jetzt, da der Windpark sicht- und hörbar sei in ihrer Umgebung.

Momentan befindet sich die BI in Warteposition, juristische Verfahren sind noch in der Schwebe. Im Dezember 2016 hatte das Landratsamt Enzkreis die Baugenehmigung für den Park erteilt. Diese sei aber rechtlich nicht bestandskräftig, solange die Widerspruchsverfahren liefen, betont die BI. Deshalb versuchen die Gegner, die Verfahren möglichst lange offen zu halten. "Sonst hätten wir keine Chance mehr, etwas zu ändern", erklärt Zerrer.

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens habe die BI auf Mängel und Widersprüche hingewiesen und 40 Seiten eines artenschutzrechtlichen Gutachtens vorgelegt – die Genehmigung hat dies nicht verhindert. "Es kann nicht sein, dass wir uns als Bürger in Deutschland mit gefälschten Gutachten zufriedengeben müssen", ärgert sich Hummel. Gegenstand der Kritik sei, dass der Investor selbst einen Gutachter beauftrage – und es für Bürger nach der Genehmigung keine Möglichkeit mehr gebe, dieses anzufechten.

Eilanträge an Gericht

Nach der Baugenehmigung wurde Widerspruch beim Landratsamt eingelegt, verbunden mit Eilanträgen ans Verwaltungsgericht Karlsruhe in drei Fällen. Neben der Gemeinde Dobel fand die BI zwei private Betroffene dafür: die Waldklinik Dobel sowie einen Einwohner Dennachs. Alle drei wurden im Sommer 2017 abgelehnt, über zwei muss der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim als nächste Beschwerdeinstanz entscheiden. Die Waldklinik Dobel habe unter finanziellem Druck vom weiteren Verfahren absehen müssen.

Die Entscheidung in Mannheim ziehe sich hin. Das hat Gründe, wie VGH-Pressesprecher Richter Matthias Hettich weiß: Während des laufenden Beschwerdeverfahrens habe die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) neue Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen herausgegeben, die auch für laufende Genehmigungsverfahren maßgeblich sind. Nun warte man auf die Neuberechnung der Schallimmissionen, die die Windpark GmbH vorlegen werde. Es wird mit einer Entscheidung in diesem Jahr gerechnet.

Und die BI wartet. "Wir sind im Gerichtsverfahren zu einer grundsätzlichen Rechtsfrage gelangt, die wir bis zum Ende durchfechten werden", so Zerrer. Die Frage, um die sich für die BI alles dreht: Haben Bürger ein Recht auf richtige Gutachten und darauf, Nachbesserung oder Genehmigungsaufhebung einzuklagen? Straubenhardt könne zum Präzedenzfall in der Frage werden, wie weit die Bürgerrechte im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens reichen, sind die Männer überzeugt und verweisen auf die Aarhus-Konvention, in der sich Deutschland verpflichtet habe, Bürgern ein Klagerecht in Naturschutzfragen einzuräumen.

Derzeit ruht auch der Widerspruch gegen die Baugenehmigung beim Landratsamt, die zwischenzeitlich ans Regierungspräsidium wanderte. "Die Behörden halten sich zurück und entscheiden nicht vor dem Gericht", sagt Hummel. Die BI überlegt, wie lange sie diese "Untätigkeit" akzeptieren möchte.

Info: Streitwert in Millionenhöhe

Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe hat in den drei Eilverfahren gegen den Windpark-Bau einen Streitwert festgesetzt. Bei der Gemeinde Dobel liegt dieser laut dem VGH-Pressesprecher Richter Matthias Hettich bei 30 000 Euro, bei einem Dennacher Bürger bei 2500 Euro.

Beide Einsprüche liegen nun in zweiter Beschwerdeinstanz beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim. Anders sieht es mit der Beschwerde der Waldklinik Dobel aus. 6,25 Millionen Euro hat das VG als Streitwert bemessen. Dagegen hat die Klinik Beschwerde eingelegt. Grundlage sei ein Verkehrswert des Grundstücks der Klinik von 25 Millionen Euro, so Hettich.

Am Streitwert bemesse sich die Höhe der Gerichtskosten. Die BI spricht von insgesamt rund 80.000 Euro an Kosten, um die es für die Klinik gehe, sollte der VGH diese Einschätzung stützen.