Katharina und Christoph Flassak leiten die Hoffnungshäuser in Straubenhardt.Foto: Jänsch Foto: Schwarzwälder Bote

Um den Jahreswechsel blicken die (Ober-)Bürgermeister des Landkreises auf das außergewöhnliche

Um den Jahreswechsel blicken die (Ober-)Bürgermeister des Landkreises auf das außergewöhnliche Jahr 2020 zurück. Was hat ihnen wegen Corona am meisten gefehlt? Was waren außerdem bestimmende Themen? Des Weiteren wagen sie einen Blick in die Zukunft und verraten unter anderem, worauf sie sich "nach Corona" am meisten freuen.

Straubenhardt-Conweiler. Gut ein halbes Jahr wohnen Katharina und Christoph Flassak inzwischen in ihrer Wohnung in einem der beiden Straubenhardter Hoffnungshäuser.

Als Standortleiter haben sie sich für das integrative Projekt zum Ziel gesetzt, ein "gutes Puzzle" aus Mitbewohnern zusammenzubringen aus "verschiedenen Nationen [und] Religionen". Doch die Corona-Krise macht das Zusammenleben und die Integration nicht gerade leichter, erzählt Christoph Flassak im Interview mit dem Schwarzwälder Boten.

Herr Flassak, wie viele Nationen sind es denn am Ende geworden, die mit Ihnen unter einem Dach leben?

Insgesamt sind wir jetzt 34 Personen aus sechs Nationen: Iran, Irak, Afghanistan, Syrien, Gambia und Deutschland. Zwei Wohnungen zwischen 60 und 90 Quadratmetern sind aber noch zu belegen.

Also ist Ihr Puzzle aufgegangen?

Absolut. Uns war es von Beginn an wichtig, dass die Personen mit dem Konzept übereinstimmen. Dass die Menschen der einzelnen Nationen sich gegenseitig respektieren, akzeptieren, wahrnehmen. Wir sind mit der Zusammensetzung der Bewohner sehr zufrieden.

Und wie haben Sie sich als Familie bislang eingelebt?

Sehr gut. Also vollkommen anders als geplant und im Vorfeld gedacht, aber das ist ja, glaube ich, ganz normal in Corona-Zeiten. Trotzdem kriegen wir mit, dass der gegenseitige Austausch schon sichtbar wird. Also ganz konkret kocht zum Beispiel die afghanische Familie etwas mehr und bringt es einer anderen Familie oder andersrum eben auch. Das klappt ganz hervorragend, wenn wir auch nicht zusammen essen können.

Inwiefern hat die Corona-Pandemie all die Dinge erschwert, die Sie sich für die ersten Monate des Zusammenwachsens vorgenommen haben?

Vollkommen. Aber die Kreativität wurde dadurch stärker. Wir haben dann eben überlegt, wie wir die Gemeinschaft trotz Corona und Pandemiebedingungen gestalten können. Zum Beispiel noch recht zu Beginn haben wir Balkon-Meetings abgehalten, also wir als Standortleiter standen unten vor dem Haus, die Bewohner alle auf ihren Balkonen. Dabei haben wir alle Mitbewohner begrüßen können. Zu Weihnachten haben wir bei so einem Meeting gemeinsam Weihnachtslieder gesungen, mein Schwiegervater hat mit dem Saxofon begleitet.

Und dabei ziehen dann auch alle Bewohner mit?

Die, die da waren, haben alle mitgemacht, ja – obwohl es natürlich freiwillig war. Jetzt, wenn so langsam alle Internet haben, haben wir uns vorgenommen, uns einmal im Monat digital zu treffen. Und ansonsten waren es einzelne Familien, die sich, als es noch ging, mit einer anderen Familie getroffen haben – vorwiegend draußen.

Also verstehen die Bewohner die Corona-Regeln und halten sich auch daran?

Da sprechen Sie eine wichtige Sache an! Uns ist es wichtig, die Bewohner über die aktuellen Regelungen möglichst verständlich zu informieren. Über Piktogramme oder Videobotschaften geht das ganz gut.

Gerade wenn ich mich auf der Homepage der Gemeinde Straubenhardt oder der der Landesregierung umschaue, sehe ich, dass es Möglichkeiten gibt, das einfach darzustellen. Ich nehme jedenfalls wahr, dass alle wissen, worum es geht, und sich auch daran halten. Herausfordernd ist ganz aktuell das Homeschooling. Unsere Schulkinder sind alles Kinder mit Fluchthintergrund. Dort versuchen wir zu unterstützen, wo es notwendig ist. So haben wir zum Beispiel weitere Räume eingerichtet, die die Bewohner sich für den Digitalunterricht reservieren können.

Wie klappt es denn mit der Kommunikation?

Ziemlich gut. Unser Ziel ist, dass wir auf Deutsch gut miteinander reden können. Das klappt schon zu fast 100 Prozent. Um es noch zu vertiefen, bietet die Hoffnungsträger Stiftung auch zwei Mal die Woche online Sprachtrainings an. Das ist natürlich schön, dass wir jedem erwachsenen Bewohner auch die Möglichkeit bieten können, daran teilzunehmen.

Sie scheinen trotz Corona sehr zufrieden zu sein. Wie sehr blühen Sie denn in Ihrer neuen Tätigkeit auf?

Wenn ich das auf einer Skala von eins bis zehn sagen würde, wäre es die zehn. Es ist schon in etwa so, wie wir uns das vorgestellt haben. Ich persönlich freue mich an der Arbeit und empfinde sie als wertvoll. Auch im Rückblick waren viele Momente, für die ich echt dankbar war – trotz Pandemie.

Haben Sie sich für das kommende Jahr trotzdem weitere Ziele gesetzt, die Sie gerne erreichen würden?

Unser Wunsch und Ziel ist, dass die Gemeinschaft weiter gestärkt wird und auch die zwei freien Wohnungen möglichst schnell belegt werden. Und ich wünsche mir, dass die Bewohnerinnen und Bewohner auch im Spracherwerb so weit kommen, dass sie eine Ausbildung beginnen und dann auch arbeiten können. Damit ist eine noch bessere Integration und Teilhabe in der Gesellschaft möglich. Aber klar, das ist ein längerfristiges Ziel, das sich nicht auf ein Jahr begrenzen lässt.

Teilen die Bewohner das Ziel, eine Arbeit zu finden?

Das war im Bewerbungsprozess immer eine wichtige Fragestellung. Da habe ich bei allen unseren Bewohnern schnell die Bereitschaft gespürt, zu Arbeit zu kommen. Und eben nicht nur zu einem Job, sondern zu einem Beruf mit Perspektive. Dazu gehören dann auch der Führerscheinerwerb und eine Ausbildung.   Die Fragen stellte Christoph Jänsch.