Auf die Ausgabe der Festschrift und ereignisreiche Festtage freuen sich (von rechts) Pfarrer David Gerlach, Ex-Hauptamtsleiter Hubert Mahle, Kirchenpflegerin Sieglinde Vischer, die zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Marion Jonait, das ehemalige Kirchengemeinderatsmitglied Bruno Seyfried und Mesnerin Monika Modery. Foto: Schwarzwälder-Bote

Im Oktober vor 100 Jahren ist Martinskirche in Conweiler eingeweiht worden / Zehn Festtage sind angesagt

Straubenhardt-Conweiler. Im ganzen Ort waren die Häuser mit Tannengrün und Fahnen geschmückt. Omnibusse brachten Gäste aus der Oberamtsstadt Neuenbürg in stattlicher Zahl.

Und am Portal der neuen Kirche wartete deren Erbauer auf den imposanten Festzug, der von Posaunen- und Kirchenchor angeführt wurde. Die Einweihung der evangelischen Martinskirche in Conweiler am 27. Oktober 1912 war ein bedeutendes Ereignis der Gemeindegeschichte.

Nach einem Zeitungsbericht von damals vermochte das neue Gotteshaus mit seinen 750 Plätzen – ursprünglich waren 900 vorgesehen, heute sind es 600 – die Besucher kaum zu fassen. "Der Bau der Martinskirche war eine absolute Erleichterung für die Bevölkerung", so Hubert Mahle. Der ehemalige Hauptamtsleiter von Straubenhardt hat sich mit dem einst langjährigen Mitglied im Kirchengemeinderat und Kirchenchor, Bruno Seyfried, intensiv mit der Geschichte beschäftigt. Mehr als ein Jahr haben sie in teilweise handschriftlichen Kirchenakten, Protokollen und Büchern gestöbert, darunter auch in Kirchspiel-Protokollen aus dem 15. Jahrhundert. Ergebnis der Recherche ist eine dicke, reich bebilderte Festschrift, in der die Vorgeschichte dargestellt ist.

Ab 1479 gehörte Conweiler zum Kirchspiel Feldrennach. Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam in dem damals rund 1050 Seelen zählenden Dorf der Wunsch nach einer eigenen Kirche auf. Angeregt wurde der Kirchenbau 1899 von Dekan Julius Uhl, der vom Feldrennacher Pfarrer Wilhelm Jung unterstützt wurde. Finanzielle Sorgen verzögerten den Bau um Jahre, 115 000 Mark waren fällig. "Die tiefe Verbundenheit damals und heute drückt sich in den Spenden aus", so Pfarrer David Gerlach, der 2011 auf Martin Rostan folgte.

Über 20 Seelsorger haben in der weithin sichtbaren Martinskirche mit ihrem 30 Meter hohen, frisch sanierten Kirchturm gewirkt. Sie wurde von den Architekten Richard Böklen und Carl Feil im Jugendstil geplant und war damals ein fortschrittliches Bauwerk.

Es gab allerdings eine Zeit, in der die historischen Ornamente samt Kronleuchter und Engel an der Orgel radikal entfernt worden sind – bei der ersten Innenrenovierung im Jahr 1960. "Nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine strengere Linie. Luthers Wort rückte in den Vordergrund", erzählt Seyfried. Auch das Christusbildnis über dem Altar wurde in dieser Zeit von Karl Bäuerles Meisterwerk "Der sinkende Petrus" abgelöst. Bei der zweiten Sanierung (1998) sind die originalen Jugendstil-Elemente rekonstruiert worden. "Mit Erfolg, die Kirche sah viel eleganter und einladender aus", erinnert sich die zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Marion Jonait.

Kaum war der Grundstein gelegt, das Richtfest gefeiert und die Kirche eröffnet, brach der Erste Weltkrieg aus. Von Schwester Pauline Breckle wurde die Sonntagsschule ins Leben gerufen. Doch eigene Pfarrei wurde die Kirchengemeinde Conweiler erst 1920. Fünf Jahre später bezog der erste Pfarrer, Heinrich Klemm, das neue Pfarrhaus. Wie ein Wunder überstand die Martinskirche auch den Zweiten Weltkrieg. Das 50-jährige Jubiläum stand an. Nach der Gemeindereform 1973 erfolgte der Bau des Gemeindehauses, das 1980 feierlich eröffnet wurde. Es bedeutete für Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit ein wichtiges Domizil, nicht zuletzt auch für die beliebte Veranstaltung Pfarrers Besen.

Bei den Festtagen der offenen Tür von 18. bis 28. Oktober stellen sich alle Gruppen der Kirchengemeinde vor. Einige Höhepunkte: am 18. Oktober gibt es Musik aus Peru mit der Band Arpay beim Vormittagstreff für Frauen. Die Jubiläumsausgabe von Pfarrers Besen findet am 19. Oktober im Gemeindehaus statt. Für Jugendliche gibt es am Folgetag ein Live-Konzert mit Samuel Harfst in der Kirche. Interessant dürfte der Gottesdienst mit ehemaligen Pfarrern am 21. Oktober werden. Für Glaubensimpulse sorgt der renommierte Redner Hanspeter Wolfsberger am 24. Oktober. Höhepunkt der Festtage ist das Fest genau 100 Jahre nach der Einweihung der Kirche – am 27. Oktober ab 18 Uhr – mit Bürgermeister Willi Rutschmann und Vereinen. Dabei wird auch ein neues Musikstück aufgeführt. Mit dem Reutlinger Prälat Christian Rose wird am 28. Oktober ein Festgottesdienst gefeiert. Das Programm gibt es im Pfarramt oder über das Internet unter www.conweiler-evangelisch.de.