Faszination Musik: Wladyslaw Peszynski mit seinem E-Bass. Foto: Gegenheimer Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Wladyslaw Peszynski lebt erst seit fünfeinhalb Jahren in Deutschland / Jüngst räumte er nun bei "Jugend musiziert" ab

Ein junges Musiktalent aus Ottenhausen räumt jüngst beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" einen ersten Preis ab. Doch wer ist der 15-jährige Ausnahmekünstler, der neben E-Bass, E-Gitarre und Klavier auch Mundharmonika, Schlagzeug, Orgel und Gesang beherrscht?

Straubenhardt-Ottenhausen. Beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" 2021 in Bremen hat Wladyslaw Pezynski einen ersten Preis in der Kategorie E-Bass (Pop) geholt (wir berichteten). Nicht nur das: der Schüler an der Jugendmusikschule Neuenbürg und Neuntklässler am dortigen Gymnasium war der einzige Teilnehmer der Kategorie über alle Altersklassen, der 25 Punkte und damit die höchstmögliche Punktezahl errang. Daneben startete er im Landeswettbewerb außerdem in der Kategorie Kunstlied – Singstimme und Klavier als Klavierbegleiter. "Mit 22 Punkten erhielten wir dort keine Empfehlung zum Bundeswettbewerb", erklärt der 15-Jährige sachlich. Überhaupt ist der gebürtige Ukrainer erstaunlich abgeklärt, beantwortet konzentriert-durchdacht, mit ganz selbstverständlichem Selbstvertrauen jede Frage.

Doch wer ist der junge Mann, für den sich im Leben ganz viel um die Musik dreht? Vor fünfeinhalb Jahren kam er nach Deutschland, wo sein Vater Andrzej bereits vier Jahre in der IT-Branche arbeitete. Aus der Millionenstadt Odessa nach Ottenhausen in die vierte Klasse der kleinen Dorfgrundschule – ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Eben um diese Kenntnis zu erwerben und dann aufs Gymnasium wechseln zu können, hatte der Vater ihn Monate vor der übrigen Familie zu sich geholt. Mutter und jüngere Geschwister folgten im Sommer 2016. Es war keine leichte Zeit für Wlad, wie die Familie ihn nennt, doch er biss sich durch, wie es der Vater, voller Vertrauen in die Fähigkeiten seines Sohnes, erwartet hatte.

Erste eigene Kompositionen

Viel mehr noch: Wlad entdeckte wieder die Musik für sich. Im Kindergarten hatte er bereits eine Zeit lang von einer Erzieherin Klavierunterricht erhalten. Doch dann verlor er über Jahre das Interesse. Übte höchstens zu Hause ganz für sich auf dem E-Piano, das der Vater, wie auch andere Instrumente, seinen Kindern mitgebracht hatte.

"Das war lustig", beschreibt der Gymnasiast die entscheidende Begegnung in der fünften Klasse mit Musiklehrer Jörg Hankele während eines Tags der offenen Tür, als er selbst sich im Bühnenraum spontan ans E-Piano setzte und "Summertime" spielte. "Herr Hankele hörte das und meinte, ich müsste unbedingt Unterricht bekommen. Er hat Christian Knebel, den Leiter der Jugendmusikschule, auf mich aufmerksam gemacht."

Die Initialzündung für eine erstaunliche weitere Karriere: Wlad nimmt nicht nur seither regelmäßig Klavierunterricht. Nachdem ihn Religionslehrerin Gudrun Hörmann zufällig am Klavier gehört hatte, vermittelte sie den Kontakt zum damaligen Bezirkskantor Bernhard Müller – von da an nimmt der begabte junge Musiker auch Orgelunterricht. Außerdem ist er in Musik-AGs, spielt im Orchester, hat selbstverständlich das Musikprofil an der Schule gewählt.

Und dann kam der entscheidende Schritt zu seinem Lieblingsinstrument: seine Freistunden im Musikraum der Schule verbringend, habe er "ein bisschen auf den E-Gitarren dort geklimpert", erzählt Wlad. Von zu Hause kannte er das Saiteninstrument an sich vom Vater, der ein wenig spielt. Der E-Bass aber hat es ihm angetan. Bereits zum 13. Geburtstag bekam er einen eigenen geschenkt. Nimmt seither regelmäßig Unterricht bei Valentin Weibert an der Jugendmusikschule. Der sei eigentlich Gitarrenlehrer, könne ihm aber viel beibringen. Und ihm demnächst auch Kontakte zu einem speziellen E-Bass-Lehrer vermitteln.

Die Vorbereitungen für den Wettbewerb "Jugend musiziert" 2021 beschreibt Wlad ganz gelassen: Da sowieso alles aufgezeichnet und nur per Video geschickt werden konnte, "hab ich mich daheim in mein Zimmer gesetzt, die Kamera aufgestellt und gespielt". Sechs Lieder. Eine Eigenkomposition dabei. Und mit "Classical Thump" von Victor Wooten ein ziemlich schwieriges Stück. Was wohl auch die Juroren beim Landes- sowie beim Bundeswettbewerb bestens umgesetzt sahen. Wozu Wlad bemerkt: "Die echte Spannung hat leider gefehlt. Nur auf der Bühne gibt man das Beste, was man kann."

Das würde er übrigens auch gern mit seiner Band "Grey Forest" tun, gegründet mit Schulkameraden. Moritz am Schlagzeug und Jonas, mit dem er sich den Gitarren-, den Bass-, und den Gesangspart teilt, je nachdem, wer für einen Song gerade was am besten kann. Cover aus den Bereichen Rock, Funk Rock und Alternative gehören zu ihrem Repertoire: "Aber ich beginne jetzt auch, eigene Lieder zu schreiben!" Auf Instagram hat die junge Band schon einen Song veröffentlicht.

Ziel: Popakademie

Die Instrumente einer Band "hab ich mittlerweile alle erkundet, nur Blasinstrumente interessieren mich nicht so", erklärt der junge Musiker. "Ja, auch Schlagzeug. Band ist interessanter als alleine zu spielen. Aber ich beschäftige mich derzeit auch mit Kompositionen, bei denen man die Instrumente nacheinander alle selbst einspielen kann. Und mit Musiktheorie, mit Harmonien."

Nebenbei spielt er übrigens auch noch Schach. Übernimmt daheim viel Verantwortung nicht nur gegenüber den jüngeren Geschwistern. Und verdient sich sein Taschengeld mit Rasenmähen beim Nachbarn.

Da ist der Laie erstaunt – gibt es etwas, was der Teenager nicht kann? Ja, erklärt er: "Mathe finde ich ein bisschen schwierig. Da sollte ich mich verbessern."

Doch sein Ehrgeiz liegt ganz klar auf musikalischem Gebiet: "Ich will mich mit dem E-Bass so verbessern, dass ich künftig mal in der Band meines Lehrers mitspielen kann." Free Jazz – das wäre mal ein Traumziel.

Und außerdem: "Nach dem Abi möchte ich auf die Popakademie nach Mannheim zum Studium." Klingt, als sei das beschlossene Sache. Dass die Aufnahmehürden hoch sind, schreckt Wlad nicht. Und weil die Popakademie einen Sonderpreis gerade in der Kategorie Bass (Pop) vergibt, hofft Wlad, mit seinem Ergebnis bei "Jugend musiziert" die Teilnahme am International Summer Camp im Juli in Mannheim gewinnen zu können – ein echter Traum ginge da in Erfüllung. Also Daumen drücken.