Bauamtsleiter Alexander Tröndle gibt bei der Gemeinderatssitzung einen Einblick in das Programm "Vialytics". Foto: Moser

Im Kampf gegen die Schlaglöcher fährt St. Georgen seit einiger Zeit besondere Geschütze auf: Mithilfe eines Handys und künstlicher Intelligenz wird der Zustand der Straßen erfasst. Das eröffnet dem Bauamt neue Möglichkeiten – und so funktioniert’s.

St. Georgen - Den Zustand von knapp 180 Kilometern Straße muss die Stadtverwaltung ständig im Blick haben. Wo sind die größten Schlaglöcher? Welche Straßen sollten dringend saniert werden? Und welche sind noch in recht gutem Zustand? Um den Überblick über diese Fragen zu behalten, hat man sich Anfang des vergangenen Jahres technische Unterstützung geholt. Das System Vialytics hilft seitdem dabei, den Zustand der St. Georgener Straßen zu erfassen und zu dokumentieren. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates gab Alexander Tröndle, Leiter des städtischen Bauamts, einen Überblick über die Funktionsweise des Programms.

Wie funktioniert das Programm?

Herzstück von Vialytics ist ein Smartphone, das – innen an der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs angebracht – die passierten Straßen quasi im Vorbeifahren scannt, indem es in kurzen Abständen Fotos macht. Diese Fotos werden anschließend von einer künstlichen Intelligenz analysiert. Sie stuft den Zustand der Straßen ein – von der nahezu perfekten Straße, die dann blau gekennzeichnet wird und die Note eins erhält, bis zu den rot eingefärbten Straßen der Note fünf, wo laut Tröndle "dringender Handlungsbedarf" besteht.

Wie ist der Zustand der hiesigen Straßen?

Durchwachsen. Rund elf Kilometer sind in der Übersicht blau eingefärbt und damit in sehr gutem Zustand. Weitere rund 72 Kilometer sind in diversen Grüntönen dargestellt. Sie haben Noten zwischen 1,5 und 2,5. Ebenso noch tragbar ist der Zustand der rund 43 Kilometer Straße mit den Noten drei und 3,5. Sie sind in gelb dargestellt. Schon schlechter sind die 34 Kilometer, die orange eingefärbt sind. Und dringend saniert werden sollten die roten Streckenabschnitte mit der Note fünf. "Elf Kilometer sind da auch nicht so wenig", kommentierte Tröndle.

In welcher Form kommen die Daten im Bauamt an?

Eine Übersicht über den derzeitigen Zustand gibt eine internetbasierte Karte, die Tröndle den Räten in deren jüngsten Sitzung präsentierte. Über diese sind auch allerlei zusätzlich Daten abrufbar – etwa die einzelnen Bilder, welche das Handy geschossen hat. So kann quasi vom Schreibtisch aus überprüft werden, wie die Straße vor Ort aussieht – und wie dringend die Fahrbahnoberfläche erneuert werden muss. Bei besonders schlimmen Straßenschäden – wie etwa großen Schlaglöchern – weist das Programm auch zusätzlich auf diese hin.

Seit wann ist Vialytics in St. Georgen im Einsatz?

Im Februar 2021 sprach sich der Gemeinderat einstimmig für die Anschaffung der Hard- und Software von Vialytics aus. Zusätzlich wurde damals ein Nutzungsvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren mit dem Stuttgarter Start-up, welches das Programm entwickelt hat, geschlossen.

Was kostet das Programm?

Für die drei Jahre, die das Programm genutzt werden kann, inklusive Smartphone und Kundenservice, entstehen Kosten von knapp 65 000 Euro. Hinzu kommt eine Förderung durch das Innenministerium, sodass bei der Stadt schlussendlich rund 38 000 Euro verbleiben.

Werden alle Straßen regelmäßig befahren?

Ja, sagt Tröndle. Allein auf Grundlage der Verkehrssicherungspflicht der Stadtverwaltung müssen die Straßen ohnehin abgefahren werden. Vialytics ermöglich lediglich, dass das größtenteils nebenbei geschehen kann. Das Smartphone wird Tröndle zufolge vor allem in einer Kehrmaschine des Bauhofs eingesetzt, die etwa 90 Prozent der städtischen Straßen abfährt. Im Winter kann es zudem in einem Räumfahrzeug platziert werden, um eine große Abdeckung auch in der kalten Jahreszeit sicherzustellen. Wird eine Straße, deren Zustand bereits erfasst wurde, noch einmal befahren, so wird die Einstufung automatisch aktualisiert, die alten Daten werden dann überschrieben.

Welche Auswirkungen hat die Nutzung von Vialytics?

Es führt, was die Arbeitsweise des städtischen Bauamts anbelangt, zu einem Umdenken. Bedingt wird das durch den besseren – und vor allem aktuellen – Überblick über den Zustand sämtlicher Straßen. Bauamtsleiter Tröndle schilderte, dass es mittlerweile immer mal wieder intern zu Diskussionen komme. Früher habe man, wenn in einer Straße die Versorgungsleitungen erneuert werden mussten, gleich auch den Straßenbelag saniert, "wenn man das Unternehmen eh schon da hat". Heute sehe das oftmals anders aus: "Wenn die Straße in Vialytics noch gelb ist, dann muss man sie noch nicht sanieren – und sollte es auch nicht, weil es nämlich genug rote Straßen gibt", bei denen eine Erneuerung dringender sei. "Und wir haben einfach nicht genug Geld, um auch immer die Straßen zu sanieren, wo es noch gar nicht nötig ist", betonte Bauamtsleiter Tröndle.