Der Großraum Stuttgart wird vom Bund beim Aus- und Neubau von Straßen benachteiligt, lautet die Kritik im regionalen Verkehrsausschuss. Foto: dpa

Kritik im regionalen Verkehrsausschuss: Der Großraum Stuttgart wird vom Bund beim Aus- und Neubau von Straßen benachteiligt.

Kritik im regionalen Verkehrsausschuss: Der Großraum Stuttgart wird vom Bund beim Aus- und Neubau von Straßen benachteiligt.

Stuttgart - Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft oft eine gewaltige Lücke. Diese Erkenntnis benannten alle Redner im Verkehrsausschuss des Regionalparlaments. Dabei beurteilten sie jene Priorisierungslisten, in der die Landesregierung die aus ihrer Sicht dringlichsten Bundesfern- und Landesstraßen aufgereiht hat.

Tenor: Für die Vielzahl an aus- und neuzubauenden Asphaltpisten rund um die Schwabenmetropole steht deutlich zu wenig Geld zur Verfügung. „Wir sind die Herzkammer des Landes, bringen Steuern, haben die Wirtschaftskraft. Doch in der Verkehrsinfrastruktur sind wir benachteiligt“, klagte Bernhard Maier (Freie Wähler). Die Region Stuttgart verfüge über zwölf Prozent der Straßen in Baden-Württemberg, komme aber auf 25 Prozent des Verkehrs. Zudem werde der Lastwagenverkehr „weiter dramatisch zunehmen“, so Maier. „Wir sind als Wirtschaftsstandort ganz vorn und zugleich auf dem ersten Platz als Stauregion.“

Zuvor hatte Klaus Lönhard, Verkehrsreferent des Verbands Region Stuttgart, einige Details zu den Vorschlägen für den Bundesverkehrswegeplan erläutert. 16 der insgesamt 158 vom Land angemeldeten Einzelprojekte befinden sich im Großraum Stuttgart, fünf Neubau- und elf Ausbauvorhaben. Doch nur für einen relativ geringen Teil bestehen Realisierungschancen. Dazu gehört etwa der Ausbau an der A 81 mit den Abschnitten Ludwigsburg/Nord bis Zuffenhausen sowie Sindelfingen-Ost bis Böblingen-Hulb. Aussichtsreich scheint außerdem der sechsspurige Ausbau der B 27 zwischen Aich und Leinfelden-Echterdingen. Als „gegebenenfalls“ auszubauen bezeichnete Lönhard die B 10 im Bereich Schwieberdingen sowie drei Bundesstraßenneubauten: B 10 Gingen/Ost bis Geislingen-Mitte, B 10 Verlegung bei Enzweihingen sowie die B-14-Umfahrung bei Oppenweiler (Rems-Murr-Kreis). Dies sei jedoch alles nur realisierbar, wenn die seitherigen Mittelzuweisungen des Bundes ans Land aufrecht erhalten bleiben. Bisher waren das jährlich 230 Millionen Euro. In der Planung für die Jahre 2013 bis 2015 wird allerdings sogar von nur 120 Millionen Euro jährlich ausgegangen.

Plädoyer für die Maut

Im Gremium störten sich etliche Fraktionssprecher insbesondere an der Einstufung mancher Projekte durch das von Winfried Hermann geleitete Landesverkehrsministerium. Dass der sechsspurige Ausbau der A 81 bei Böblingen (Gesamtkosten 231,2 Millionen Euro) auf Rang acht und somit „relativ weit hinten liegt, verstehe ich nicht“, meinte Rainer Ganske (CDU) aus Gärtringen im Kreis Böblingen. Der derzeitige Ausbauzustand mit lediglich zwei Spuren ohne Standstreifen habe allenfalls Bundesstraßencharakter. „Wenn dort ein Auto mit Panne liegen bleibt, steht nur noch ein Fahrstreifen zur Verfügung.“

SPD-Fraktionschef Harald Raß bedauerte es einerseits überhaupt nicht, dass der Stuttgarter Nordostring als neue autobahnähnliche Schnellstraße zwischen dem Remstal und dem Raum Kornwestheim/Ludwigsburg nun offenkundig nicht mehr verfolgt werde. Ein großes Problem für die Region sei allerdings die Perspektive beim Autobahnzubringer Backnang-Mundelsheim (prognostizierte Kosten 56 Millionen Euro). Der Abschnitt sei im Bundesverkehrswegeplan nicht mehr angemeldet, „aber bei dieser Frage müssen wir dran bleiben.“

Woher also soll das Geld kommen, um nicht Jahrzehnte auf die Umsetzung dieser regionalen Wünsche warten zu müssen? Maiers Fazit: „Wir sind für die Maut, sie ist die einzige Chance, mehr Mittel in den Straßenbau zu bekommen.“ Grünen-Vertreter Mark Breitenbücher hält davon aber wenig: „So viel Geld bekommen sie auch über die Maut nicht, als dass man an der Lage groß was ändern könnte.“ So koste etwa ein Tunnel Hunderte Millionen Euro, „aber dafür kriegen Sie nur ein paar Kilometer Straße“.