Nicole Razavi (CDU) sorgte mit einem Honecker-Zitat für Empörung. Foto: dpa

Bei der Landtagsdebatte über verlorenes Geld im Straßenbau müssen Erich Honecker und Hans Filbinger herhalten. Dass die Grünen Straßenbauverhinderer sind, ist das Totschlagargument der CDU - deren verkehrspolitische Sprecherin will sich dieses nicht nehmen lassen.

Bei der Landtagsdebatte über verlorenes Geld im Straßenbau müssen Erich Honecker und Hans Filbinger herhalten. Dass die Grünen Straßenbauverhinderer sind, ist das Totschlagargument der CDU - deren verkehrspolitische Sprecherin will sich dieses nicht nehmen lassen.

Stuttgart - Wenn mit Zitaten von Erich Honecker um sich geworfen wird, ist die Lage im Landtag ernst. Nicole Razavi, die verkehrspolitische Sprecherin der CDU bemühte am Mittwoch den einstigen Staatsratsvorsitzenden der DDR, um Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann Vertuschung vorzuwerfen. „Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen“, zitierte die CDU-Politikerin aus einer früheren Rede des Obergenossen. Was so viel heißen sollte wie: Der Verkehrsminister will heimlich den Straßenbau einstellen, doch die CDU hat ihn ertappt. Selbstredend, dass die Empörung hernach groß war.

Dass die Grünen Straßenbauverhinderer sind, ist das Totschlagargument der CDU. Am Mittwoch spann es Razavi in verschiedenen Facetten durch. Aktueller Aufhänger waren die entgangenen Rest-Mittel anderer Bundesländer. „Alle Länder kämpfen um mehr Geld vom Bund, nur eines nicht“, hielt sie Hermann das Versäumnis vor, Ende 2013 nicht die Hand für Baden-Württemberg gehoben zu haben. „Stattdessen leisten wir einen Finanzausgleich nach Bayern“, echauffierte sich Razavi.

Bayern war eines der Länder, das in den Genuss der Sonderzahlung kam. Die anderen Profiteure waren Niedersachsen, Sachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Verkehrsexperte Joachim Haußmann von der FDP sprach von einer völlig verfehlten Straßenbaupolitik des Verkehrsministers. Die grün-rote Strategie, Straßenprojekte erst anzufangen, wenn sie durchfinanziert seien, funktioniere nicht. „Herr Hermann, machen Sie Spatenstiche zu ihrem persönlichen Erfolgserlebnis“, forderte Haußmann.

Der Spaten war für Hermann eine willkommene Vorlage. „Ihr wichtigstes Instrument war der Spaten, aber nach nur einem Stich war Schluss“, warf der Verkehrsminister CDU und FDP vor, jahrelang nur Symbolpolitik betrieben zu haben. Genüsslich erinnerte er an den 2007 verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Hans Filbinger. Dieser hatte 1973 in Bad Mergentheim eine Ortsumfahrung versprochen – 40 Jahre später wurde Hermann die Ehre zu Teil, den Spatenstich auszuführen.

Die jahrelange Politik der CDU nannte er eine reine „Versprechenspolitik“. Noch immer müsse er jedes Jahr kreditfinanzierte Projekte der Vorgängerregierung über 500 Millionen Euro „abtragen“. Dabei seien die meisten Vorhaben weniger nach sachlichen Kriterien bewilligt worden als vielmehr „nach Gutsherrenart“, so Hermann. Doch damit sei nun Schluss.

Hermann hält seinen Entschluss, die Ausgleichsmittel des Bundes auszuschlagen, deshalb auch im Nachhinein für richtig. Das Geld nur aus Prinzip anzunehmen, folge genau dieser „Politik ohne System, mal hier Geld auszugeben und mal dort“. Angesichts der Kürze der Zeit – die Abnahme der sogenannten Swing-Mittel erfolgt immer kurz vor Jahresende – und wegen des Personalmangels in der Verwaltung wäre ihm gar keine andere Möglichkeit geblieben, als das Geld „zu verbrennen“. Das wollte er nicht.

Auf die Frage der FDP, wie er in diesem Jahr mit den Ausgleichsmitteln des Bundes umzugehen gedenke, antwortete Hermann: „Wir treffen intensive Vorkehrungen, um 2014 möglichst alle Bundesmittel abnehmen zu können.“ Dazu will das Land die Stellen in der Straßenbauverwaltung aufstocken.

Nach Berechnungen der SPD muss ein Mitarbeiter der baden-württembergischen Straßenbauverwaltung 700 000 Euro pro Jahr verbauen, während in Bayern nur 400 000 anfallen. Das erklärt aus Sicht von Hans-Martin Haller, warum mehr Geld nach Bayern fließen kann. Haller schloss mit einem Zitat seines Fraktionschefs Claus Schmiedel: „Wo die Bagger rollen, fühlen wir uns zu Hause.“ Honecker oder Filbinger hätten es nicht besser sagen können.