Soviel Wolle von nur einem Schaf: Roland Beck schert und Moderatorin Andrea Ballschuh staunt. Foto: Kistner

In der "Unteren Mühle" bei Andrea Metzger in Straßberg war ein Kamerateam von "Sonntags extra" zu Gast.

Straßberg - Bei Andrea Metzger, Tierärztin, Betreiberin der Unteren Mühle in Straßberg und vormals Schafhalterin, war das ZDF in Gestalt eines Drehteams von "Sonntags extra" zu Gast. Es ging ums "Leben mit Schafen".

Die romantische Vorstellung, vom Schäfer, der in stille Kontemplation versunken, reglos inmitten seiner Herde steht, hat noch nie gestimmt – wer Schafe hält, arbeitet hart und ist gewohnt, seine Zeit zu bewirtschaften. "Da sitz’ ich hier rum, warte, dass es weiter geht, seh hier eine Ranke, dort ein Unkraut, das ich rausrupfen möchte – und kann nichts tun, weil ich dann schwitze und das Make-up im Eimer ist", klagt Andrea Metzger.

Aber so ist das beim Fernsehen: Die romantische Vorstellung, es sei Action pur, hat noch nie gestimmt. Die meiste Zeit verbringt man mit Warten – oder hat zumindest diesen Eindruck, wenn man wie Andrea Metzger ein schwäbischer Schaffer ist. Das Team tröstet: "Film ist noch viel schlimmer."

Zugegeben, die Umstände sind heute besonders schwierig: Ständig kommt etwas dazwischen. Lastzüge zum Beispiel, die exakt in der Mitte des Bildhintergrund anhalten oder der Lärm, den ein Kipper beim Abladen von Bauschutt verursacht.

Gegen 10 Uhr wird jenseits der Brücke ein Bautrupp gesichtet, der Anstalten macht, den Straßenbelag mit dem Vorschlaghammer zu attackieren – Redakteurin Ariane Martin gerät in helle Aufregung: Ihre Aufgabe ist es, ein ländliches Idyll, friedvoll und frei von allen optischen oder akustischen Verschmutzungen, wiederzugeben oder richtiger: zu generieren – mit Baulärm als akustischer Grundierung kann sie das Projekt vergessen. Jetzt gilt es, zu verhandeln und den Drehtag zu retten. Das gelingt: Der Bautrupp stellt seine Agenda um und verschwindet von der Bildfläche – oder soll man Bildschirm sagen?

Andere Probleme lassen sich leichter lösen: Die beiden Esel und die französischen Quessantschafe sollen ins Bild – aber wie macht ihnen das begreiflich? "Agathe!", ruft Andrea Metzger, und "Heinz", und tatsächlich setzen sich die beiden Esel in Bewegung. "Sie hören ja auf Sie", stellt Andrea Ballschuh, die Moderatorin, sichtlich beeindruckt fest. "Sie sind die einzigen hier", erwidert Metzger.

Die bretonischen Schafe reagieren auf das Lockmittel Futter – aber sie sind zu lebhaft, um sich lange an einem Ort aufzuhalten, und daher ungeeignet als Komparsen. Andrea Metzger hält derzeit ein halbes Dutzend von ihnen – "als Rasenmäher" – und dazu das Merinoschaf Emma, eine Riesin im Vergleich zu den zierlichen Galliern. Sieben Schafe – das muss genügen.

Es waren einmal viel mehr – Andrea Metzger hat die von ihrem Vater Hermann Metzger ererbte Schafzucht erst 2009 aufgegeben? Warum? Um diese Frage soll es in "Sonntags extra" gehen. Der Arbeitstitel "Leben mit Schafen" benennt nämlich nur einen Aspekt, den die Sendung beleuchtet; der andere ist die Unmöglichkeit, heutzutage mit Schafen zu leben.

Andrea Metzger wird im Fernsehen als Kronzeugin für die wachsenden Existenzprobleme der Schäfer angehört: Es sei ein Mythos, dass ein Schafhalter, der tatsächlich die von den Artenschützern gefeierte Landschaftspflege betreibe, finanziell noch über die Runden kommen könne – viele Lämmer auf Trockenrasen, das gehe nun einmal nicht.

Die Politik ignoriere diesen Sachverhalt jedoch hartnäckig, sie lasse außerdem zu, dass die für die "Reise" der Herden notwendigen Triebwege zugebaut würden, und sie sehe achselzuckend zu, wie die jungen Leute einem Beruf den Rücken kehrten, von dem man offensichtlich nicht leben könne. Einen Schäfer einzustellen, der sich mit den Weiden auskenne und ein krankes von einem gesunden Lamm unterscheiden könne, sei so schwierig wie noch nie.

Roland Beck geht Emma an die Wolle

Und so ist es am Ende auch kein hauptberuflicher Schafscherer, sondern ein Liebhaber, der Emma, das Merinoschaf vor laufender Kamera von sechs Kilo Wolle befreit. Emma ist danach nur noch halb so voluminös wie zuvor.

Roland Beck betreibt wie Andrea Metzger eine kleine Schafhaltung; seinen Lebensunterhaltung könnte er mit ihr nicht bestreiten. Andrea Ballschuh ist hörbar beeindruckt, als sie erfährt, dass der Erlös des riesigen Wollhaufens zu ihren Füßen heutzutage nicht mehr ausreicht, um die Arbeit des Scherers – Beck hat vielleicht sieben Minuten gebraucht – zu bezahlen. "Tragen Sie noch Pullover aus Naturwolle? Und verwenden Sie Kosmetik mit Wollfett als Rezepturgrundlage?", fragt Beck in die Runde, und das ganze Drehteam schweigt betreten.

Wolle ein Geschenk der Natur? Auch dies ist eine irrige Vorstellung, mit der an diesem Tag aufgeräumt wird.

Weitere Informationen: "Sonntags extra – Leben mit Schafen" wird am 10. August von 9 bis 9.30 Uhr im ZDF ausgestrahlt.