Walter Hutter (links) hat die Zeit des Hexenprozesses gegen Katharina Geiger lebendig gemacht, wofür ihm Franz Bantle vom katholischen Bildungswerk mit einem Präsent dankte. Foto: Born Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Walter Hutter referiert beim Katholischen Bildungswerk über Hexenverbrennung

Straßberg - So fesselnd kann Heimatgeschichte sein: Der Vortrag von Walter Hutter über den Straßberger Hexenprozess im voll besetzten Gemeindehaus St. Verena war eine lückenlose, herausragend präsentierte Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels in der Geschichte Straßbergs.

Einen namhaften Geschichts- und Heimatforscher, der zahlreiche Publikationen zur Lokal- und Regionalgeschichte in Markdorf und im Bodenseekreis verfasst hat, begrüßte Franz Bantle, Vorsitzender des Katholischen Bildungswerkes Straßberg, mit Walter Hutter. Bereits 1993 hat der frühere Gymnasiallehrer den Straßberger Hexenprozess als Leiter einer AG am Gymnasium Markdorf aufgearbeitet, und im Gemeindehaus St. Verena musste nachbestuhlt werden, als Hutter seinen Vortrag mit einem Blick auf die damaligen Herrschaftsverhältnisse begann.

Straßberg gehörte 1743 zum Besitz des freiweltlichen Damenstiftes Buchau, das ein Obervogt in der Gemeinde vertrat. Die wirtschaftlichen Verhältnisse – bedingt durch extreme klimatische Bedingungen, Zersplitterung der Höfe durch Erbteilung und die frühe Übergabe der Höfe an nachgeborene Söhne, wobei die Väter als Pfründner auf den Höfen blieben – waren sehr schlecht. Eine Folge war die Verschuldung vieler Bürger bei Herrschaft, Kirche und anderen Geldgebern.

Ein solches spannungsgeladenes Klima im Dorf habe, verschärft durch Intoleranz und Aberglauben, den idealen Nährboden auf der Suche nach Sündenböcken geboten, so Hutter.

Katharina Geiger, geborene Löffler, heiratete am 16. Januar 1712 Matthias Geiger und hatte drei Söhne, von denen nur der älteste die Kindheit überlebte. Die Ehe stand unter keinem guten Stern. Ihre ständigen Krankheiten und ihr nicht ausbezahltes Erbe, dazu die Erziehung des Sohnes, den der Vater als Taugenichts bezeichnete und öfters mit dem Strick verprügelte, schufen ein schwieriges Klima. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse waren alles andere als rosig – man musste um das "täglich Stücklein Brot" kämpfen.

Im Winter 1742/43 verschlimmerte sich Katharina Geigers Krankheitszustand: Ihre Depressionen nahmen zu, sie mied die Menschen, fand auch im Glauben keinen Trost mehr und blieb den Gottesdiensten fern. Zwei Mal versuchte sie, sich das Leben zu nehmen: Einmal wollte sie in die Schmeie gehen, die aber zu wenig Wasser führte. Das zweite Mal riss der Strick, mit dem sie sich erhängen wollte.

Immer wieder war sie gegenüber Mitmenschen aggressiv. Eine Schlüsselrolle dürfte der Erb-Streit mit der Familie ihres Schwagers Andreas Klotz gespielt haben. Als das offene Bein des Neffen Michael Klotz trotz aller geistigen und medizinischen Mittel nicht heilte und dieser starb, wurde der Groll der Verwandten gegen Katharina noch größer: Dieses unfassbare Phänomen bedurfte einer handfesten Deutung. Als dann noch das Kalb einer Nachbarin unglaublich schnell starb, kamen die Menschen zur Überzeugung, dass man es hier mit einer Verschwörung des Bösen zu tun habe: Katharina Geiger wurde angeklagt und in der Burg Straßberg inhaftiert.

Am 28. Juni 1743 nahm die Inquisitionskommission in Straßberg ihre Arbeit auf. An 13 Verhandlungstagen wurde Geiger mit 834 Fragen bombardiert. Darüber hinaus wurde die 59-jährige gesundheitlich schwer angeschlagene Frau zweimal innerhalb von vier Tagen auf den Spanischen Bock gebunden und mit der Spitzgerte gefoltert.

Am 1. August 1743 gab sie in einem weiteren Verhör zu, einen Bund mit dem Teufel geschlossen zu haben. Nach einer weiteren "peinlichen Befragung" – dem Schlagen mit der Spitzgerte – gestand sie die ihr zur Last gelegten Verbrechen. Das Bein des Michael Klotz habe sie verhext und das Kalb mit einer vom Teufel erhaltenen Salbe verzaubert. Außerdem nannte sie Namen angeblicher Hexen und Hexenmeister, die sie bei den Hexentänzen getroffen haben wollte – bis auf eine Person waren die Genannten jedoch bereits tot. Sie bereue alle ihr zur Last gelegten Taten und ergebe sich ganz in den Schutz ihrer Herrin, der Fürstäbtissin von Buchau.

Urteil: Tod durch Feuer – aber letztlich wird sie doch erdrosselt

Am 23. August 1743 wurde Katharina Geiger vor das Gemeindehaus geführt und das Urteil verlesen: "Katharina Geiger wird zum Tode durch das Feuer verurteilt. Weil sie sich reumütig und schuldbewusst gezeigt hat, wird sie durch die Fürstäbtissin begnadigt. Statt lebend verbrannt zu werden, soll sie an einen Pfahl gebunden, mit einem anzuhängenden Pulversack erdrosselt und dann zu Asche verbrannt werden. Der Urteilspruch soll zum ›abscheulichen Exempel‹ dienen." Danach wurde Katharina Geiger dem Scharfrichter an "Hand und Band" geliefert, von ihm zur Richtstätte am Galgenberg geführt und dort hingerichtet.

Der Vortrag, der aufgrund der vollständig erhaltenen Prozessakte ein genaues Bild wiedergab, machte viele Besucher nachdenklich, so dass sich eine lebhafte Diskussion entwickelte. Dem Referenten dankte Franz Bantle mit einem Geschenk für seinen "heimatgeschichtlich hochinteressanten Vortrag".