Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ist am Montagabend in Rottweil zu Gast. Foto: Kappeler/dpa

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) spricht im Interview über Panzerlieferungen, den Krieg und Geschlechtergleichheit in der Regierung.

Oberndorf - Manch einer hat sie schon als neue Verteidigungsministerin gesehen, doch sie stellte früh klar: Das Amt als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags fülle sie voll aus. Und wie. Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine zeigt die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann klare Kante. Am Montagabend ist sie auf Einladung der Kreis-FDP und des Landtagsabgeordneten Daniel Karrais in Rottweil zu Gast. Angesichts ihres klaren Bekenntnisses zu schweren Waffenlieferungen in die Ukraine regt sich vor Ort auch Protest. Wir haben mit der Wehrexpertin gesprochen.

 

Frau Strack-Zimmermann, Sie sind als Frau der klaren Worte bekannt. Welche Botschaft bringen Sie den Bürgern im Kreis Rottweil, die wie alle besorgt auf die Entwicklung in der Ukraine blicken, bei Ihrem Besuch am 30. Januar mit?

Es ist ausgesprochen wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen und gegebenenfalls zu erklären und einzuordnen, wie die Situation derzeit in der Ukraine, aber auch im Bündnis mit den Europäern und der Nato ist und vor welchen Herausforderungen wir international in Zukunft stehen. Ich freue mich auf den Besuch.

Im Kreis Rottweil sind mit Heckler & Koch, Rheinmetall und Junghans Defence etliche große Rüstungsunternehmen angesiedelt. Wie sehen Sie deren Rolle aktuell und in Zukunft?

Angesichts des dramatischen Überfalls Russlands auf die Ukraine, werden wir uns in Deutschland konkret damit auseinandersetzen müssen, wie wir uns in Zukunft aufstellen werden, um unser Land vor Angriffen zu schützen, und wie wir gewährleisten können, auch in den kommenden Jahrzehnten in Frieden und Freiheit zu leben. Dafür brauchen wir auch einen nationalen Sicherheitsrat, der mögliche Bedrohungsszenarien aufführt und diesbezüglich unter anderem mit der Industrie den Austausch sucht. Die Unternehmen benötigen nämlich langfristig verlässliche Aufträge.

Deutschland liefert Leopard-2-Panzer in die Ukraine – Sie haben diese Entscheidung begrüßt. In der ohnehin geschwächten Bundeswehr fürchtet man um die eigenen Bestände. Auch vielen Bürgern macht das Sorgen. Können neue Rüstungsaufträge im für eine gewisse Trägheit bekannten Deutschland überhaupt so schnell umgesetzt werden, um die Wehr zeitnah zu stärken?

Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass im Verteidigungsministerium das Material, welches bisher aus dem Bestand der Bundeswehr an die Ukraine abgegeben worden ist, nicht sofort bestellt wurde. Kostbare Zeit ist verloren gegangen. Schließlich benötigt die Herstellung und Lieferung entsprechend viel Zeit. Der neue Verteidigungsminister wird das jetzt umgehend auf den Weg bringen und hat die Unterstützung der Freien Demokraten.

Nach der Ankündigung Ihres Besuchs in Rottweil wurden vereinzelt Stimmen laut, man habe eine »Kriegstreiberin« eingeladen. Was entgegnen Sie den Kritikern?

Dem begegne ich mit großer Gelassenheit, wenngleich ich es natürlich bedaure, dass solche Vokabeln überhaupt benutzt werden. Selbstverständlich muss man über solche sicherheitsrelevanten Themen diskutieren, gerne auch in der Sache strittig, aber bitteschön immer auf Grundlage der Lage: Wladimir Putin hat vor bald einem Jahr die Ukraine mit brachialer Gewalt völkerrechtswidrig angegriffen. Die Ukraine kämpft ums nackte Überleben. Zigtausende Menschen sind ums Leben gekommen, Frauen werden vergewaltigt, Kinder verschleppt, Menschen gefoltert. Millionen sind auf der Flucht.

Die Ukraine setzt sich – wie wir es auch tun würden – völkerrechtskonform zur Wehr. Die freie westliche Welt unterstützt die Ukraine in diesem Überlebenskampf mit wirtschaftlichen und humanitären Mitteln, militärischem Material und schweren Waffen. Diese kriegerischen Szenarien sind von Putin immer wieder angekündigt worden. Er greift auch unsere Werte von Freiheit und Demokratie an.

Von Frau zu Frau: Was sagen Sie zur Forderung nach Geschlechterparität in der Regierung?

Der Bundeskanzler möchte ein paritätisch besetztes Kabinett. Das darf nicht allein der Maßstab sein, macht aber großen Sinn, schließlich besteht die Gesellschaft aus Männern und Frauen. Wenn er jetzt also das Verteidigungsministerium mit einem Mann besetzt, kann er natürlich ohne Probleme bei den SPD geführten Häusern einen Minister gegen eine Ministerin austauschen. Das obliegt ihm ganz alleine.