Die Redner des Abends stellten sich den Fragen der Besucher (von links): Florian Schweiger, Tourismusdirektor Patrick Schreib, Bürgermeister Michael Ruf, Moderator Bastian Kaiser, Alexandra Diewald, Sebastian und Lukas Nafz. Foto: Braun

Hitzige Diskussionen gab es in der Schwarzwaldhalle am heißesten Tag des Jahres. Das Thema: die Entwicklung von Sankenbachtal und Stöckerkopf.

Baiersbronn - Rund 300 Zuhörer waren gekommen, um in der öffentlichen Informationsveranstaltung zum Entwicklungskonzept Sankenbach und zu den Planungen am Stöckerkopf Klarheit zu bekommen"Ihr zahlreiches Erscheinen zeigt mir, wie groß ihr Wissensdurst ist", sagte Bürgermeister Michael Ruf. Als Moderator des Abends hatte Bastian Kaiser keine einfache Aufgabe zu bewältigen. "Heute geht es auch darum, Inputs zu bekommen", so Kaiser.

In einem kurzen Überblick eilte Tourismusdirektor Patrick Schreib durch die Historie. Vom Bau der Sesselbahn 1966 bis zum ersten Kontakt mit den Investoren, der Firma Nafz Enterprises GmbH, im Oktober 2021 hatte er zahlreiche nicht öffentliche Sitzungen aufgelistet, in denen das Projekt Stöckerkopf ausführlich mit den Gemeinderäten beraten worden war. "Es gibt kein Projekt, mit dem sich der Gemeinderat mehr auseinandergesetzt hat", so Schreib.

Verkehr als Knackpunkt

Alexandra Diewald, Verkehrsplanerin vom Ingenieur Büro dwd Ingenieur GmbH, hatte die Aufgabe, gleich zwei Punkte des Entwicklungskonzepts Sankenbachtal vorzustellen: die verkehrs- und die stadtplanerischen Erkenntnisse. "Ziel ist es, mit dem Entwicklungskonzept die Leitplanken für das große Projekt zu ziehen. Es gibt da natürlich Spielraum, wie alles umgesetzt wird", betonte sie.

Diewald zeigte auf, dass der Verkehr und die Parkplätze im Sankenbachtal ein Knackpunkt sind. Als Fazit ihrer Untersuchungen auf der Grundlage von früheren Erhebungen einer Machbarkeitsstudie erklärte sie, dass nicht mehr Verkehr im Sankenbach angezogen werden dürfe. Mit der Annahme von rund 134 100 Besuchern im Jahr würde es an mindestens 18 Tagen wohl zu Engpässen bei den rund 110 Parkplätzen kommen. Attraktive Fußwege, die Einbindung des ÖPNV, die Sperrung der Sankenbachstraße ab dem großen Parkplatz sowie die Nutzung der Parkplätze am Bahnhof und in der Aue könnten Lösungsansätze bieten, so die Expertin. Grundsätzlich würde der Parkplatz an vielen Tagen ausreichen, an Spitzentagen könnte es ohne begleitende Maßnahmen zu einem Verkehrschaos in der Sankenbachstraße kommen.

In Vertretung ihres Kollegen erklärte sie die Untersuchungen und Planungen für den Stöckerkopf. Der Gipfel sollte nahezu barrierefrei erreichbar sein, in einer Aktivitätszone sollten keine Lärm verursachenden Angebote eingebunden sein. Sie schnitt auch ein attraktives Wegenetz und Aufenthaltsorte sowie die Verknüpfung mit Friedrichstal an.

In der ersten Diskussions- und Fragerunde zum Mobilitäts- und Entwicklungskonzept meldeten sich viele. Die Fragen befassten sich unter anderem mit ökologischen Aspekten der Konzepte und der Möglichkeit, frühzeitig Planungen mit dem ÖPNV anzugehen. Eine Anwohnerin bemängelte die Sperrung des Parkplatzes am Wildgehege, der auch viel von Einheimischen genutzt werde. "Im Konzept ist es so vorgesehen, dass er dann nicht mehr nutzbar ist für alle", so Diewald.

Der Betreiber einer der Gleitschirmflugschulen in Baiersbronn, Bent Beilharz, erklärte, dass es nichts mit Nachhaltigkeit zu tun habe, wenn man den Hausberg für 99 Jahre per Erbpacht "verhökert" und die folgenden Generationen keine Möglichkeit hätten, einzugreifen.

Florian Schweiger vom Ingenieurbüro Schweiger stellte die Pläne für die Seilbahn vor. In einer Gegenüberstellung verglich er die Einseilumlaufbahn mit der nun favorisierten Pendelbahn. "Die Pendelbahn ist als Zubringerbahn geeignet. Sie kann rund 600 Personen pro Stunde befördern und braucht kein Aufsichtspersonal", so der Planer. Aktuell seien zwei Stützen mit 30 Metern Höhe geplant. In einer Ansicht zeigte er, wie sich diese in die Landschaft einfügen könnten. Schweiger nannte eine Vielzahl von Argumenten für den Bau einer Pendelbahn und erklärte, warum nicht auf der alten Bestandstrasse gebaut werden könne. Dies hätte unter anderem einen zu großen Eingriff in die Natur zur Folge.

Kurz stellten sich die Investoren, die Brüder Lukas und Sebastian Nafz, vor. Obwohl sich auf die Frage von Sebastian Nafz, ob alles so bleiben soll, wie es ist am Stöckerkopf, wenige meldeten, zeigten sich die Zuhörer bei der Vorstellung des Projekts eher skeptisch.

Nafz: Win-Win-Situation

Lukas Nafz sprach von einer Win-Win-Situation. Ideen der Bürger wolle man gerne aufnehmen. Die Finanzierung würde über Banken erfolgen, die gerne so ein Prestigeprojekt begleiteten, zu dem auch ein Hotel für die jüngere Generation mit Wellnessbereich und Möglichkeiten zum Entspannen gehört. Berücksichtigen wolle man die lokale Baukultur. Ein Raunen ging durch den Saal, als die vorläufigen Bilder der geplanten Hotelanlage gezeigt wurden: 21 Chalets für insgesamt rund 60 Personen und ein Empfangsgebäude, das auch für Events und Feiern zu Verfügung stehen soll. Als Zeitplan nannten die Nafz-Brüder die Fertigstellung bis November 2024.

Flieger äußern Kritik

Bei der anschließenden Diskussion waren es vor allen die Gleitschirm- und Drachenflieger, die ihre Sportmöglichkeiten mit der Realisierung des Projekts gefährdet sahen. Fritz Kirschenmann, Vorsitzender des Drachen- und Gleitschirmflugvereins, erklärte, dass nur noch 20 Prozent der Flieger den Hang dann nutzen könnten.

Josef Heil, Mitglied im Flugverein und Theologe, fragte, was für Konsequenzen es hätte, wenn eine Attraktion der Schwarzwald-Plus-Karte, die Tandemflüge, wegfielen. "Ist es bei dem Leerstand in Baiersbronn und den bestehenden Häusern klug, sich weitere Konkurrenz für die Gastronomie in die Gemeinde zu holen, oder könnten nicht die Leerstände genutzt werden?", fragte Heil.

Ob an den Brandschutz gedacht wurde, und wie flexibel das Konzept bei Klimaveränderungen ist, waren Fragen eines weiteren Bürgers.

Bürgermeister Michael Ruf sah keine Konkurrenz in einem neuen Gastronomie- und Hotelbetrieb. Es sei notwendig, sich weiterzuentwickeln. Patrick Schreib erklärte, dass die Tandemflüge gerade einmal 0,75 Prozent bei der Schwarzwald-Plus-Karte ausmachten. Im Jahr 2019 wurden laut Schreib 414 Flüge absolviert, die Sesselbahn konnte in ihrem Betrieb knapp 8000 Nutzungen im Jahr registrieren.

Bob Rikken vom Ingenieurbüro Gfrörer erklärte, dass bei der Nutzung der alten Trasse die Stützen im Biotop stehen würden und viel mehr Wald abholzt werden müsse. "Die untere Naturschutzbehörde hat mir gegenüber erklärt, dass es viel besser sei, die alte Trasse zu nutzen, als die Talstation im Hochwasserschutzgebiet zu bauen", sagte Bent Beilharz. Er machte deutlich, dass die Existenz zweier Flugschulen auf dem Spiel stehe. "Wir haben versucht, Lösungen zu finden. Der Verein konnte auch Vorschläge machen, aber der Spielraum ist eben eng", so Michael Ruf. Die Pendelbahn sei auch nicht überdimensioniert. Denn sie habe geringere Beförderungskapazitäten als die zunächst geplante Bahn.

Weitere Vorwürfe von Beilharz, die Gemeinderäte seien nicht informiert gewesen und es seien falsche Pläne vorgelegt worden, ließ der Moderator nicht zu. "Die persönlichen Vorwürfe werden wir hier nicht diskutieren", so Kaiser. Ein weiterer Zuhörer und Neubürger in Baiersbronn erklärte, er sei Professor für Landschaftsbau. Er zweifelte die Seriosität der Besucherzahlen im Sankenbachtal an. Ebenso seien die gezeigten Darstellungen der Pendelbahn und der Stützen falsch, dies gehe nur mit einem 3D-Modell. "Auf dem Stöckerkopf soll so eine Art ›Disney World‹ geschaffen werden. Da soll es einen Pool geben – wird das Wasser dann hochgepumpt? Das ist nicht zeitgemäß", sagte er. Es gebe einen so großen Leerstand in Baiersbronn, da müsse nicht abgeholzt werden, nur um ein Hotel zu bauen.

Vorwürfe zurückgewiesen

Gemeinderat Gerhard Gaiser (SPD) wies alle Vorwürfe in Richtung Gemeinderat zurück. Alle seien immer informiert gewesen. Stimmungsmache und unsachliche Diskussionen hätten hier nichts zu suchen. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit ließ Moderator Kaiser nach dreieinhalb Stunden keine Fragen mehr zu. Trotzdem erklärte ein erboster Anwohner lautstark, dass man sich mal fragen sollte, ob die Bürger so etwas überhaupt wollten. "Baiersbronn hat eben Streitkultur, vieles ist noch gar nicht entschieden", so der Moderator abschließend.