Zum Auftakt begeisterte „The Great Leslie“ das Publikum. Die Abbildung aktueller Fotos vom Auftritt der Beach Boys wäre erst nach Freigabe durch die Agentur gestattet gewesen. Daher verzichten wir auf die Veröffentlichung. Foto: Veronika Zettler

Wenige Bands stehen nach über 60 Jahren noch aktiv auf der Bühne – die Beach Boys gehören dazu.

Die einstigen Pop-Pioniere spielten am Freitag beim dritten der fünf Stimmenkonzerte auf dem Lörracher Marktplatz. Mit rund 1700 Zuschauern blieb der Andrang allerdings weit hinter den Erwartungen und der Kapazitätsgrenze von 5000 Besuchern zurück.

 

Von den Gründungsmitgliedern aus dem Jahr 1961 stand in Lörrach nur noch Mike Love – der Cousin der Wilson-Brüder – auf der Bühne. Erst vor sechs Wochen ist der letzte der drei Wilsons gestorben: Brian galt als genialer Kopf hinter dem ikonischen Beach-Boys-Sound – allein in der Glanzzeit der Band zwischen 1962 und 1966 hat er mehr als 200 Songs geschrieben. Erst danach, als die Welle sich am Gestade der Zeiten eigentlich schon gebrochen hatte, wurde die Band in Deutschland so richtig populär – als Synonym für den kalifornischen Lebensstil, der bis Mitte der 70er über die inzwischen kommerzialisierte Hippiebewegung in der breiten Masse angekommen war.

„Klar, das ist mittlerweile eher eine Coverband der Beach Boys“, schmunzelt Mathias aus Basel. Wie einige andere im Publikum hat er sich ein bunt bepalmtes Hawaiihemd angezogen – Hommage an das kalifornische Lebensgefühl, das er allerdings nicht aus persönlicher Anschauung kennt. Dagegen bringt Frontmann Mike Love, 84 Jahre jung und ebenfalls mit farbenfrohem Hemd, ein Stück echtes Surfer-Feeling auf die Bühne. Acht Mitmusiker hat er um sich geschart, darunter auch seinen 57-jährigen Sohn Christian, Co-Sänger und Gitarrist.

Nostalgische Projektionen

Vor allem die stetig wechselnde Bilderflut an der Bühnenwand versetzt das Publikum in ein sonnendurchflutetes Paralleluniversum der kalifornischen 60er- bis 80er-Jahre: Pazifische Küstenlandschaften, Surfer auf Monsterwellen und zahlreiche Aufnahmen aus allen Schaffensphasen der Beach Boys liefern nostalgische Projektionen.

Die Setlist schlägt dazu passend einen Bogen durch das breite musikalische Erbe der Gruppe. Von den sprudelnden Surfpop-Hymnen der ersten Jahre, repräsentiert durch Klassiker wie „Surfin’ USA“ und „Catch a Wave“, über die kunstvollen Harmonie-Abenteuer des „Pet Sounds“-Albums – bis heute in vielen Rankings als „bestes Album aller Zeiten“ gefeiert und mit Songs wie „God Only Knows“ und „Sloop John B“ glänzend vertreten – bis hin zum späten Comeback in den 80ern mit Ohrwürmern wie „Kokomo“.

Kollektives Pop-Gedächtnis

Wie von vielen erhofft, wird „Good Vibrations“ ein Glanzlicht des eineinhalbstündigen Konzerts. Hier branden sie noch einmal auf, die kunstvollen Harmonien, die klassisch anmutenden Vokalkünste, die den Beach-Boys-Sound geprägt haben – klanglich schön, technisch meisterhaft. Die berühmten Falsettspitzen fehlen zwar weitgehend, und Mike Loves Stimme ähnelt heute mehr einem tapferen alten Kahn als einem schnittigen Surfbrett. Doch mit Unterstützung seiner Mitmusiker bleiben die raffinierten Gesangsarrangements weiterhin prägend.

So liefert etwa Brian Eichenberger bei „Don’t Worry Baby“ erstklassig ab, „Wouldn’t It Be Nice“ lässt chorisch nichts zu wünschen übrig und bei Songs wie „Fun, Fun, Fun“ sieht man etliche Besucher tanzen. Im Hintergrund werden immer wieder Textzeilen eingeblendet – Mitsingen leicht gemacht für das altersmäßig bunt gemischte Publikum.

Zum Schluss landen noch einige Plektren und Drumsticks bei den Fans und hinter der Bühne wird die ein oder andere LP signiert. So endet der Abend unspektakulär, aber stimmig: zwischen persönlicher Widmung und kollektivem Pop-Gedächtnis.