Brigadegeneral Harald Gante, General Bertrand Boyard und Oberstleutnant Kim Frerichs nahmen das Zeremoniell ab. Foto: Schwarzwälder Bote

Bundeswehr: Artilleriebataillon 295 krönt sein 60. Jubiläum mit perfekt inszeniertem Großen Zapfenstreich

Ein beeindruckendes Zeremoniell war der Große Zapfenstreich zum 60-jährigen Bestehen des Artilleriebataillons 295 am Samstagabend, das an die 1000 Besucher verfolgten.

Stetten am kalten Markt. Im letzten Licht des Tages marschieren sie ein, die Mitglieder des Artilleriebataillons 295, darunter zahlreiche Fackelträger. Den Platz nahe der Albkaserne säumen knapp 1000 Zuschauer, von denen 157 als geladene Gäste von der Tribüne aus den Großen Zapfenstreich zum 60-jährigen Bestehen des Bataillons verfolgen dürfen. Drei Wochen haben der Spielmannszug Siegburg und das Heeresmusikkorps Ulm unter der Leitung von Oberstleutnant Matthias Prock sowie zwei Züge unter Gewehr und Fackelträger des Artilleriebataillons 295 dafür geübt – mit Erfolg, wie die perfekt inszenierte Zeremonie zeigt.

"Das Artilleriebataillon 295 ist das älteste aktive Artilleriebataillon der Bundeswehr", erfahren die Zuschauer vor Beginn. "Aufgestellt im Herbst 1958, wurden Artilleristen aus Idar-Oberstein, Weiden und Landshut nach Münsingen zusammengezogen, um das Feldartilleriebataillon 442 aufzustellen." Die Umbenennung folgte am 1. Oktober 1958, ebenso wie der Umzug an den Standort Immendingen, den der Verband zum 31. März 2016 aufgrund von Entscheidungen an höherer Stelle verlassen musste. Seine neue Heimat fand er in Stetten am kalten Markt.

All das war noch Jahrhunderte entfernt, als der Begriff "Zapfenstreich" entstand, in der Zeit der Landsknechte. 1596 war erstmals ein Abendsignal in Verbindung mit dem "Zapfenschlag" erwähnt worden – dem Schlag auf den Zapfen eines Fasses, mit dem der Verwalter der Militärgerichtsbarkeit, der Profos, das Signal zur Nachtruhe gab, die unbedingt einzuhalten war

Auch auf dem Platz ist es mucksmäuschenstill, als die Soldaten zu den Klängen des "Yorckschen Marsches" aufmarschieren, vor dem Kommando Aufstellung nehmen und der stellvertretende Kommandeur des Verbandes, Oberstleutnant Jörg Wehrhold, dem Kommandeur der zehnten Panzerdivision, Brigadegeneral Harald Gante, meldet: "Herr General, Großer Zapfenstreich anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Artilleriebataillons 295 angetreten!"

Gante steht auf einem Podest, flankiert vom Kommandeur der Deutsch-Französischen Brigade, General Bertrand Boyard, und dem Kommandeur der Jubilare, Oberstleutnant Kim Frerichs. Und endlich erklingt die Musik, die jeden Großen Zapfenstreich zu etwas Besonderem macht – in diesem Fall der Hohenfriedberger Marsch und "My Way" von Frank Sinatra mit einem klaren, hellen und kräftigen Trompetensolo: Die Gänsehaut der Zuschauer liegt ausnahmsweise nicht an den frischen Temperaturen.

Helle Flötentöne wie zarter Vogelgesang

Nach der feierlichen Europahymne – ein klares Bekenntnis zu den Zielen Freiheit und Frieden – trällert eine Piccoloflöte wie ein Vögelchen. Trommelwirbel folgt, dann der Zapfenstreichmarsch, der vom Trompetensignal "Retraite" abgelöst wird und von einem besonders sanften Stück: "Ich bete an die Macht der Liebe". Zum Gebet nehmen alle Waffenzüge und Kommandierenden ihren Helm ab.

Zur Nationalhymne stehen auch die Zuschauer auf, und viele singen kräftig mit, ehe der Ruf erklingt: "Herr General, melde Großen Zapfenstreich ab!" Nach gut 35 Minuten – inzwischen ist die Nacht hereingebrochen – marschieren Fackelträger und Musiker in geordneten Reihen vom Platz.

Mussten die Landsknechte einst nach dem Zapfenstreich absolute Ruhe einhalten und durfte der Wirt keine Getränke mehr ausschenken, geht es heute nicht mehr so streng zu. Wie sich das Zeremoniell überhaupt im Lauf der Zeit verändert hat. "Das heute übliche Zeremoniell geht auf die deutschen Befreiungskriege 1813 bis 1815 zurück", wissen die Zuschauer von der kundigen Moderatorin.

Ein Abendlied und ein Gebet zum Schluss – König Friedrich Wilhelm III. hatte es unter dem Eindruck eines Brauches in der russischen Armee 1813 empfohlen – gehören ebenfalls seit dieser Zeit dazu.