Wenn Nagolds Kammerorchester zum sommerlichen Konzert in die Burgruine lädt, ist es das Konzertereignis des Jahres. Diesmal standen wegen des großen Zuspruchs gleich zwei Konzerte an. Nur in der Burg fand keines statt.
Das Konzert „Sternstunden“ war ein nächster Glanzpunkt des 50. Jubiläumsjahrs der Städtischen Musikschule Nagold und hinterließ an dem bis dato heißesten Tag dieses Sommers einen „kosmisch“ guten Eindruck.
An zwei Tagen nacheinander lud das Nagolder Kammerorchester in Kooperation mit dem Otto-Hahn-Gymnasium zur gemeinsamen Reise am Bord eines imaginären Raumschiffes ein. Das zweite Konzert am Sonntag hätte eigentlich im Hof der Burgruine stattfinden sollen – doch der Schlechtwettereinbruch ließ die Akteure umplanen. Also musizierte man gleich zweifach in der Stadthalle, mit ganz ähnlichem Programm.
Umgeben von magischen Klängen und farbigen Lichtreflexen tauchten die Besucher für zweieinhalb Stunden in eine Welt zwischen Sternen und Planeten ein.
Aus der Orchestersuite „Die Planeten“
Das Kernstück des Programms bildeten vier Sätze aus der Orchestersuite „Die Planeten“ von dem englischen Komponisten Gustav Holst (1874-1934). Aufgrund seiner Komplexität und überdimensionaler symphonischer Besetzung wird das Werk eher selten aufgeführt. Umso mehr Anerkennung verdient die Entscheidung des künstlerischen Leiters und Stadtmusikdirektors Christian Pöndl, zusammen mit seiner fast 90-köpfigen Mannschaft einem so harten Brocken in Originalfassung die Stirn zu bieten. Der Effekt war gewaltig und übertraf alle Erwartungen.
Charakter der Planeten werden musikalisch in Szene gesetzt
Während das Orchester mit suggestiver Kraft, die Charakterzüge der Planeten, die ihre Namen antiken Gottheiten verdanken, musikalisch wiedergab, folgten die Zuschauer den Bildern aus dem All auf einem riesigen Monitor. Der rote, blutrünstige und erbarmungslose „Mars“ erschien im kriegerischen Glanz der Blechbläser und Schlagzeuger, und die Liebesgöttin „Venus“ betörte durch Zartheit der Streicher und Holzbläser in großer dynamischer Spanne. Leider wurde diese zauberhafte Stimmung durch den Lärm der umfallenden Flaschen im Zuhörerraum massiv gestört.
Der Dirigent Pöndl folgte seiner künstlerischen Vision der „Planeten“ konsequent und wirksam, sodass auch der majestätische Herrscher „Jupiter“ einen würdigen Klangrahmen aus der funkelnden Farbpalette bekam. Zu dem Meeresgott „Neptun“ schloss sich der Frauenprojektchor unter der Leitung von Reiner Hiby an und der Gesang erklang wie aus den Tiefen des Ozeans. Lobenswert gut erwies sich die Synchronarbeit beider Dirigenten.
Filmmusik als Einleitung
Rhythmische Disziplin, Präzision der Einsätze, suggestives Klangbild, Kontraste zwischen scharfkantiger und feinfühlig gleitender Phrasierung sowie allgegenwärtige Emotionalität zeugten von einem sehr starken Motivationsgrad und gründlicher Vorarbeit des Orchesters. Bereits in dem einleitenden „Genesis“ des US-Amerikaners Rossano Galante zeichneten sich diese aussagekräftigen Merkmale ab, die auch in einem Filmmusik-Zyklus Star Wars von John Williams gleich deutlich zum Vorschein kamen.
Bürgermeister Hagen Breitling lobte die Leistungen des Kammerorchesters und seines Dirigenten Pöndl, erwähnte die Unterstützung seitens der Gönner Rolf Hinderer und Jörg Stahl und sprach von einem „denkwürdigen Konzert“, an dem sich zum ersten Mal eine singende Delegation aus der Partnerschafstadt Longwy beteiligte. „Ein Tolles Zeichen in dieser Zeit“ – so Breitling.
Ensemble vocal „Cantate“ und OHG-Mittelstufenchor glänzen
Das Ensemble vocal „Cantate“ aus Frankreich und der Mittelstufenchor des OHG glänzten unter der Leitung von Frank Meyer in „A Sky Full of Stars“ von Coldplay mit einem stimmigen, pastellfarbenen Gesang (am Klavier Reiner Hiby), dann präsentierte das Orchester auf eine geradezu fulminante Weise den Klassiker „Star Trek Through the Years“.
Heftiger Applaus ertönte nach jedem Programmpunkt und nach dem finalen Walzer „Sphärenklänge“ von Josef Strauss ging die Begeisterung in eine wahre Euphorie über mit Pfiffen und Johlen im Stehen. Zwischen zwei Zugaben, unter anhaltendem Beifall händigten die Moderatoren Leonie Dengler und Mario Lang dem Orchesterleiter Pöndl einen Blumenstrauß und einen Leuchtstab von symbolischer Bedeutung aus.
Technische Mitwirkende
Koordination: Markus Dörfer, Stadt Nagold
Sound: Marco Ade, Schalldruck-Werkstatt
Bühnenlicht und Video: Wolfgang Dieterle
Lichteffekte: Albrecht Schlierer