Thailandverliebt ist er: Dafür steht auch die Küche von Florian Stolte, Küchenchef der Restaurants 1789 und Schatzhauser der Traube Tonbach. Dort hat er seine Frau kennengelernt, Freundschaften geschlossen. Zwei Freunde sind für ein Koch-Event für einen Abend an ihren früheren Arbeitsort zurückgekehrt.
Kurz nach 19 Uhr in der Küche der Restaurants 1789 und Schatzhauser, die ersten Apéros sind schon raus zu den Gästen. Die Stimmung ist professionell konzentriert und fokussiert: Das Six Hands Dinner des 1789 ist gerade dabei, so richtig Fahrt aufzunehmen.
„Six Hands“ – das steht für Florian Stolte, Küchenchef des 1789 (ein Michelin-Stern) und des Schatzhauser (Bib Gourmand) der Traube Tonbach, und seine beiden Freunde Stefan Heilemann vom Restaurant Widder in Zürich (zwei Sterne) und Peter Lauterbach vom Landhaus Gräfenthal (Bib Gourmand) in Bindlach in Franken.
Die drei Köche verbindet eine langjährige, lebendige Freundschaft. Aber eigentlich ist „Six Hands“ untertrieben, viel mehr Hände wirken mit, um die Apéros und die folgenden sechs Gänge auf die Tische zu bringen.
Ganz eigener Stil
Stolte, der sich mit seinem Team zum ersten Mal 2019 den Stern erkocht hat, damals noch für die Köhlerstube, hat unter Baiersbronns Sterneköchen einen ganz eigenen Stil – stark asiatisch ausgerichtet. Der gebürtige Heidelberger und Heilemann haben sich schon vor mehr als 20 Jahren bei der gemeinsamen Ausbildung in der Traube Tonbach kennengelernt. Nach ihrem Abschluss und Stoltes ersten Stationen haben beide dann von 2006 bis 2008 in der Schwarzwaldstube zusammengearbeitet.
„Wir haben eine tolle Zeit miteinander gehabt“, erzählt Stolte. Seitdem sind die beiden Köche befreundet, telefonieren heute noch mehrmals im Monat miteinander und waren schon mehrfach gemeinsam im Urlaub – auch mit der Familie Stoltes, zu der inzwischen drei Töchter gehören.
Gegenseitige Ratgeber
„Stefan ist mein bester Freund“, sagt Stolte. Sie tauschen sich privat aus, sind einander berufliche Ratgeber. „Wir sind uns auch gegenseitig die größten Kritiker – im gut meinenden Sinne“, beschreibt Stolte Letzteres. Da sei es natürlich auch schön, gemeinsam solche Events zu planen, ob bei Heilemann im Restaurant – seit 2020 ist er Küchenchef des Widder in Zürich – oder eben wie diesmal in der Traube Tonbach.
Die beiden verbindet nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch ihre Liebe zu Thailand. Die hatte einst Henry Oskar Fried, einer ihrer Ausbilder und heute stellvertretender Küchendirektor in der Traube Tonbach, bei den beiden geweckt – auch bei beruflichen Reisen.
Stolte war dieses Jahr bereits zum 15. Mal in Thailand. „Ich bin absolut thailandverliebt“, stellt er fest. Seine jüngste Reise war wieder eine berufliche: Zwei Wochen lang hat er als Gastkoch in zwei Kempinski-Häusern in Bangkok und auf Bali gekocht und dazu auch zwei junge Köche aus seinem 16-köpfigen Team mitgenommen.
Bei diesen Reisen sammelt der 40-Jährige auch Ideen für die Küche im 1789. Dort kombiniert er klassische französische Techniken mit mit fernöstlichen Einflüssen. Was ihn an diesem Land so besonders fasziniert? Da muss der Küchenchef nicht lange überlegen: die Menschen, dabei besonders das „durchweg Positive und Herzliche“, die Kulinarik, das Streetfood und die Aromatik.
Ansteckende Begeisterung
Mit seiner Begeisterung für Thailand hat Stolte längst seine Familie angesteckt. Seine älteste Tochter habe sogar angeboten, ihr Taschengeld für einen Urlaub in Thailand abzugeben. Sie scheint auch eine kleine Feinschmeckerin zu sein. Zum siebten Geburtstag wünscht sie sich ein Essen in einem Sterne-Restaurant.
Peter Lauterbach kennt Stolte noch nicht ganz so lang wie Heilemann. Als Stolte nach mehreren Jahren im Ausland 2011 in die Traube Tonbach zurückkehrte, war Lauterbach in der Schwarzwaldstube beschäftigt, wo er bis 2013 arbeitete. Heute leitet Lauterbach den Familienbetrieb Landhaus Gräfenthal in vierter Generation.
Die Traube Tonbach ist nicht nur eine Kaderschmiede für junge talentierte Menschen und ein Arbeitsplatz, an dem enge Freundschaften entstehen: Stolte jedenfalls hat dort 2013 auch seine Frau kennengelernt. Er war damals Küchenchef der Köhlerstube, sie die Restaurantleiterin. Dass beide aus der Branche kommen, mache vieles leichter, ist Stolte überzeugt. Da habe man Verständnis füreinander.
Großer Auftritt fürs Menü
Kochen macht ihm auch nach mehr als 20 Jahren noch viel Spaß, aber er sei froh, wenn er zuhause nicht kochen müsse. Das liegt auch daran, dass die Küche daheim mit der modernen Profiausstattung seiner Restaurants natürlich nicht mithalten kann.
Die beiden Restaurants Stoltes, die auch im Alltag aus einer Küche, aber mit einem ganz unterschiedlichen Angebot bespielt werden, sind beim Six Hands Dinner mit 80 Gästen ausverkauft. Der Großteil der Gäste ist extra angereist, doch ein Drittel kommt aus der Region. Und auch die Altersspanne ist an diesem Abend breit.
Juniorchef Sebastian Finkbeiner stellt die Köche vor dem Start kurz vor. Die Küchenchefs direkt vor dem ersten Gang aus der Küche zu holen, habe irgendwann irgendjemand eingeführt, sagt Finkbeiner und erklärt augenzwinkernd, dass die ja in dieser Phase tiefenentspannt seien. Da hat er die Lacher auf seiner Seite, um dann Küche und Service die Bühne zu überlassen.
Beef Tatar Taco mit Thaisalsa, pochierte Auster, Rotkopfgarnele, diese drei Apéro-Häppchen, jedes mit der Handschrift des jeweiligen Kochs, leiten den Abend ein. Von der King Crab über gebeizte Jakobsmuschel, Langoustine und Atlantik Rotbarbe bis zur Dulcey-Schokolade reicht das Sechs-Gang-Menü. Da lässt sich die Liebe zu Thailand herausschmecken. Dass das Kalb von Peter Lauterbach aus der Reihe tanzt, das ist als Gruß aus seiner fränkischen Heimat so gewollt.
Gegen 23 Uhr sind die Petit Fours serviert. Küche und der aufmerksame Service haben ganze Arbeit geleistet. „Es hat Spaß gemacht. Wir wollen dieses Format wieder machen“, sagt Stolte. Sie seien schon auf der Suche nach einem Termin.
Werdegang und Auszeichnungen von Florian Stolte
2002 bis 2005: Kochausbildung in der Traube Tonbach.
2005: Tätigkeit im Palazzo von Harald Wohlfahrt in Hamburg.
2006: Rückkehr zur Traube Tonbach, Mitarbeit in der Köhlerstube und der Schwarzwaldstube im Team von Harald Wohlfahrt, zusammen mit Torsten Michel .
2008: Wechsel zum Restaurant KochArt in Zürs am Arlberg, Österreich.
2009: Chef de Partie im Restaurant Vila Joya (zwei Sterne) in Albufeira, Portugal.
2010: Tätigkeit im Restaurant Attisholz in Riedholz, Schweiz.
2011: Rückkehr zur Traube Tonbach als Souschef in der Köhlerstube und der Bauernstube im Team von Küchenchef Henry Oskar Fried.
Seit März 2012: Küchenchef der Köhlerstube (seit 2022 umbenannt in 1789).
Die Restaurants: Florian Stolte ist Küchenchef der Restaurants 1789 und Schatzhauser. Im 1789 präsentiert er seine moderne Gourmetküche mit fernöstlichen Einflüssen, während im Schatzhauser internationale Lieblingsgerichte, Steaks vom Lavastein und traditionelle schwäbisch-badische Gerichte serviert werden.
Michelin-Auszeichnungen: 2019 erster Michelin-Stern für die Köhlerstube; 2021 Wiedererlangung des Michelin-Sterns für das Interimsrestaurant Temporaire –Köhlerstube, ab 2022 Verteidigung des Michelin-Sterns für das Restaurant 1789.