1,856 Euro kostete der Liter Super E 10 am Mittwoch im Bundesschnitt. An dieser Frankfurter Tankstelle lag der Preis am Mittwochmorgen noch deutlich höher. Morgens ist das Benzin in der Regel am teuersten. Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

1,856 Euro kostete der Liter Super E 10 am Mittwoch im Bundesschnitt – und die Spritpreise steigen noch immer an. Doch warum sind Benzin und Diesel so teuer? Und werden die Preise wieder sinken?

Wer derzeit auf das Auto angewiesen ist, ist nahe am Verzweifeln. Seit langem klettern die Diesel- und Benzinpreise – doch seit dem Krieg in der Ukraine schnellen die Preise regelrecht nach oben. Ist der Aufwärtstrend überhaupt zu stoppen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum wird der Spritpreis derzeit noch teurer?

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt zu Turbulenzen auf den Ölmärkten – und damit an der Tankstelle zu steigenden Spritpreisen. Ausschlaggebend sind vor allem Ängste wegen möglicher Lieferausfälle infolge des Kriegs. Fachleute halten es für möglich, dass große Volkswirtschaften wie die USA die Einfuhr russischen Erdöls sogar komplett verbieten könnten. Als möglich gelten auch Gegensanktionen seitens Russlands bis hin zu einem völligen Ausfuhrstopp. Russland ist einer der größten Ölförderer und -exporteure der Welt. Der Anteil von Importen aus Russland an den Rohöleinfuhren nach Deutschland liegt bei rund 35 Prozent.

Warum war der Spritpreis ohnehin schon so hoch?

Schon vor Beginn des Kriegs waren die Rohölpreise stark gestiegen. Grund war unter anderem eine anziehende Nachfrage im Zuge der weltwirtschaftlichen Erholung nach Einbrüchen in der Corona-Pandemie. Seit Jahresbeginn sind die Ölpreise um rund 45 Prozent gestiegen. Am Donnerstag markierten die beiden wichtigsten Erdölsorten Brent und West Texas Intermediate (WTI) die höchsten Stände seit vielen Jahren. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete bis zu 118,20 US-Dollar und damit so viel wie zuletzt im Jahr 2013. Ein Fass der US-Sorte WTI wurde mit bis zu 114,99 Dollar gehandelt. Das ist der höchste Stand seit dem Jahr 2008.

Wie hoch sind die Benzin- und Dieselpreise derzeit?

Die Benzin- und Dieselpreise steigen inzwischen im Tagesrhythmus auf neue Rekordhöhen. Wie der ADAC am Donnerstag mitteilte, stieg der Preis für Super E10 in Deutschland am Mittwoch auf durchschnittlich 1,856 Euro – gut ein Cent mehr als am Montag und 8,6 Cent mehr als vor einer Woche. Diesel verteuerte sich auf 1,799 Euro – zwei Cent mehr als am Montag und gut zehn Cent mehr als vor einer Woche.

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Was wird gegen die steigenden Spritpreise getan?

Die Industrienationen versuchen derzeit gemeinsam, sich gegen den Ölpreisanstieg zu stemmen. So gab am Dienstag die Internationale Energieagentur (IEA) – ein Verbund großer Industrieländer wie Deutschland – bekannt, dass sie 60 Millionen Barrel aus den strategischen Rohölreserven ihrer Mitgliedstaaten freigibt.

Was leistet Deutschland konkret?

Laut dem Bundeswirtschaftsministerium gibt Deutschland einen Beitrag entsprechend des deutschen Anteils am Erdölverbrauch der IEA-Länder in Höhe von 5,4 Prozent frei. Bezogen auf die Gesamtmenge von 60 Millionen Barrel seien dies 434 000 Tonnen Öl, heißt es. Dies entspreche rund drei Prozent der deutschen Erdölreserve. In Deutschland wurden nach Angaben des Ministeriums bislang drei Mal strategische Ölreserven freigegeben. Die Anlässe waren demnach der Golfkrieg 1990/91, die von den Hurrikanen „Katrina“ und „Rita“ 2005 angerichteten Schäden in den USA sowie der Ausfall libyscher Ölexporte im Jahr 2011.

Führen die Gegenmaßnahmen zu niedrigeren Spritpreisen?

Bisher nicht. Vielmehr stiegen die Preise weiter an. Dies dürfte auch an der vergleichsweise geringen Menge liegen: Vor der Corona-Pandemie wurden allein an einem einzigen Tag weltweit mehr als 90 Millionen Barrel Erdöl nachgefragt. Laut Experte Carsten Fritsch von der Commerzbank könnten die freigegebenen IEA-Reserven einen Lieferausfall Russlands gerade mal zwei Wochen lang ausgleichen.

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Zurzeit sieht es aber nicht danach aus, dass die Welt auf ein Einspringen großer Förderländer wie Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten setzen kann. Seit dem vergangenen Sommer hebt der Ölverbund Opec+, dem auch Russland angehört, seine Förderung schrittweise und moderat an. Am Mittwoch beschlossen die Opec+-Förderländer, ihrem vorsichtigen Kurs vorerst treu zu bleiben.