Lange Schlangen auf den Straßen sind in Stuttgart ein normales Bild. Foto: Max Kovalenko

Nirgendwo sonst in Deutschland stehen Autofahrer so viel im Stau wie in Stuttgart. Zweieinhalb Tage sind es im Schnitt im vergangenen Jahr gewesen. Doch es gibt Licht am Horizont: Die Stauzeit ist im Vergleich zu 2012 um fünf Stunden zurückgegangen.

Nirgendwo sonst in Deutschland stehen Autofahrer so viel im Stau wie in Stuttgart. Zweieinhalb Tage sind es im Schnitt im vergangenen Jahr gewesen. Doch es gibt Licht am Horizont: Die Stauzeit ist im Vergleich zu 2012 um fünf Stunden zurückgegangen.

Stuttgart - 35 Stunden haben deutsche Autofahrer im vergangenen Jahr durchschnittlich im Stau verbracht. In Stuttgart kann man davon nur träumen. Einmal mehr liegt die Landeshauptstadt bundesweit vorn. Satte zweieinhalb Tage, also 60 Stunden, standen Stuttgarter Autofahrer still. Das ist der Spitzenplatz in Deutschland noch vor Köln und Karlsruhe. In Europa bedeutet das Rang fünf hinter Brüssel, London, Antwerpen und Rotterdam.

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Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Verkehrsdatenexperten von Inrix. Das Unternehmen hat dafür Hunderte von Quellen aus 13 europäischen Ländern analysiert. Und hat dabei auch ermittelt, welche Straßen bundesweit am häufigsten durch Staus blockiert gewesen sind. Gleich drei Strecken in Stuttgart finden sich da unter den ersten zehn. Hinter zwei Straßen in München reihen sich auf den Plätzen drei und vier die A 8 zwischen Möhringen und Leonberg-Ost sowie die B 27 zwischen Olgaeck und dem Teiler B 27 / B 10 in Zuffenhausen ein. Wer dort regelmäßig fährt, verliert allein dabei rund 35 Stunden pro Jahr. Auf Platz zehn folgt die B 10 zwischen Pragtunnel und Gaisburger Brücke. Dort lassen Autofahrer etwa 25 Stunden jährlich liegen.

Immerhin: Der Trend ist trotz des neuerlichen unrühmlichen Spitzenplatzes positiv. Denn die 60 Staustunden im Jahr 2013 bedeuten fünf Stunden weniger als noch im Jahr zuvor. „Verlorene Staustunden werden in vielen Fällen zuerst der zu geringen Leistungsfähigkeit der Infrastruktur geschuldet“, sagt Michael Schreckenberg, Verkehrsexperte von der Universität Duisburg-Essen. Das Ergebnis werde aber immer stärker durch Verkehrsmanagement beeinflusst – oftmals mit Erfolg.

Das versucht auch die Stadt Stuttgart. Die Verkehrslenkung im Staufall übernimmt die Integrierte Verkehrsleitzentrale (IVLZ) in Bad Cannstatt. Deren Leiter, Ralf Thomas, hält die Studie für „durchaus stimmig“. Er weist allerdings darauf hin, dass etwa die genannte A 8 nicht zur Stadt gehöre – sich jedoch sehr wohl auf den Verkehr dort auswirke: „Wenn’s auf der Autobahn klemmt, haben wir den Umfahrungsverkehr in der Stadt drin.“ Generell halte er es für schwierig, bei der Staulage verschiedene Städte zu vergleichen: „Die Strukturen sind komplett unterschiedlich. Wir zum Beispiel haben eine Kessellage, die viel ausmacht.“

Die am meisten belasteten Strecken in Stuttgart decken sich aber in der Einschätzung des Experten und in der Studie. „Vom Hauptbahnhof zum Pragsattel hoch und zur Friedrichswahl gibt es oft Probleme, gerade durch Unfälle“, sagt Thomas. Auch die B 10 rund um die Rosensteinbrücke und der Bereich um den Heslacher Tunnel seien „jeden Tag ein Nadelöhr“. Ob die Staus tatsächlich zuletzt etwas zurückgegangen sind, vermag Thomas nicht zu sagen: „Wir machen kein Resümee übers ganze Jahr.“

Laut der Einschätzung des Experten ist die Eindämmung des Verkehrs eine langfristige Angelegenheit. „Da gibt es jede Menge Zielkonflikte“, so Thomas. Wer gerade als Fußgänger unterwegs sei, denke aus dieser Sicht, wenn er aber kurz darauf ins Auto steige, sei plötzlich dieses Verkehrsmittel das mit Abstand wichtigste.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat zuletzt betont, er werde „keine Politik gegen das Auto machen“. Gleichwohl will er bis zum Jahr 2030 mindestens 20 Prozent weniger Autoverkehr in der Stadt haben. Das Verkehrsentwicklungskonzept der Stadt, das der Gemeinderat noch im März verabschieden soll, sieht außerdem den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs vor. Zudem soll der Verkehr noch besser gesteuert werden, um Staus und dicke Luft zu verringern. Dazu gehört auch Tempo 40 an Steigungsstrecken.

Das Konzept ist bisher noch umstritten. Den einen Fraktionen im Gemeinderat geht es zu weit, anderen nicht weit genug. Der Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland und das Klimabündnis Stuttgart haben das Konzept zwar grundsätzlich begrüßt, allerdings dessen fehlende Verbindlichkeit bemängelt. Klar scheint allerdings allen Beteiligten, dass das Ziel, deutliche Verbesserungen zu erreichen, einen Kraftakt erfordert. Bis dahin dürfte Stuttgart wohl noch einige Male in Studien über Staus und Luftreinhaltung unrühmliche Spitzenplätze belegen.