Der Bierlinger Narrenrat 1980 im neuen Häs vor dem damaligen Rathaus.Archivfoto: Ranft Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Die Bierlinger Narrenzunft war in den Anfangstagen noch karnevalistisch angehaucht

Von Klaus Ranft

Bis weit in die 1970er-Jahre hinein war die Fastnacht in der Region noch vielerorts karnevalistisch geprägt. So auch in Bierlingen, wo die 1962 durch Heinz Trost gegründete Narrenzunft sich zwar der schwäbisch-alemannischen Fastnacht verschrieben hatte, sich jedoch durch überwiegend karnevalistische Attribute auszeichnete.

Starzach-Bierlingen. Dazu gehörten nun mal bei den damaligen "Elferräten" die typische Karnevalsmütze und der obligatorische Umhang und natürlich auch eine Prinzengarde. Im Laufe der Jahre verschärfte sich dann der Ton gegenüber den immer noch karnevalistisch angehauchten Zünften und selbst im närrischen Freundschaftsring um Horb, der damals aus acht Zünften bestand, vertrat man zumindest mehrstimmig die Auffassung, die schwäbisch-alemannische Fastnacht habe mit dem Karneval nichts zu tun. In heutiger Zeit weiß man allerdings, dass der Karneval und die schwäbisch-alemannische Fastnacht artverwandt sind und waren.

Angepasstes Outfit

Zum Eklat kam es dann 1978 bei einem Narrentreffen im oberschwäbischen Ostrach. Damals waren die Bierlinger ebenfalls zu diesem Narrentreffen gereist, um beim großen Umzug teilzunehmen. Als der damalige Bierlinger Zunftmeister Klaus Ranft beim sonntagmorgendlichen Zunftmeisterempfang Begrüßungsworte sprechen wollte, fiel ihm der Gammertinger Zunftmeister ins Wort und forderte ihn auf, seine karnevalistische Kapp abzunehmen, was dieser dann um des lieben Friedens Willen auch tat.

Da aber die Bierlinger nicht die einzigen waren, die ein angeblich falsches Häs trugen, kam es ein paar Minuten lang zu hitzigen Wortgefechten, die der Ostracher Zunftmeister Hubert Missel dann mit den Worten "setz dei Kapp wieder uf, jetzt isch guat" unterband.

Für die Bierlinger war das damals Anlass genug, umzudenken. Der Narrenrat bekam ein der schwäbisch-alemannischen Fasnet angepasstes Outfit verpasst, aus dem "Elferrat" wurde eine Laufgruppe mit dem Namen "Narrenrat" und die Vereinsführung bestand dann aus den vier Vorstandsmitgliedern und den Vertretern der einzelnen Narrengruppen. Außerdem wurde 1978 mit den Eulentaler Hexen eine weitere Gruppe geschaffen. Das alles kostete natürlich Geld und so fanden ab dato die größeren Veranstaltungen nicht mehr im Sportheim, sondern in einer Omnibushalle statt, die das Busunternehmen von Herbert Noll den Narren bereitwillig zur Verfügung stellte.

Aber auch sonst versuchte man auf Starzachs Höhen den Gepflogenheiten der schwäbisch-alemannischen Fastnacht gerecht zu werden. 1979 wurde zum ersten Male der Ort dekoriert. Mangels Fähnchen hängte man alles auf, was die Lumpensäcke so zu bieten hatten, natürlich war auch Unterwäsche dabei. Dabei fiel einem alten Bierlinger, der auf seinem Traktor durch den Ort fuhr, auf, dass seine lange Unterhose unweit seines Hauses über der Straße hing. Mit dem Argument "diea Hos brauch i no" forderte er diese zurück und den Narren blieb nichts anderes übrig, als dieser Aufforderung nachzukommen.

Da die Finanzen der Zunft nach der Umstellung auf die schwäbisch-alemannischen Belange nicht auf Rosen gebettet waren, stellten die Verantwortlichen beim närrischen Freundschaftsring den Antrag, das Ringtreffen 1982 im Rahmen des 20. Geburtstages der "Moofanger" abzuhalten.

Selbiges wurde genehmigt und war damit die erste Veranstaltung, die im großen Festzelt auf dem damals neuen Festplatz abgehalten wurde.

Kurzum, besagtes Ringtreffen war ein voller Erfolg und die Zunft war danach alle Verbindlichkeiten los. Eine nette Anekdote sei noch am Rande erwähnt: Die damals weitum bekannten "Flippers", die sich im Sportheim umzogen und ein durch die Bank weißes Outfit trugen, weigerten sich beharrlich, den dreckigen Weg in das Festzelt zu benutzen. Der damalige Chef der Läufer, Werner Oswald, löste dann das Problem. Er schnappte sich vier gestandene Männer, welche die Flippers huckepack nahmen und von hinten auf die Festzeltbühne schoben.