Tim Oehmigen fühlt sich in den Tiefen des Meeres pudelwohl. Foto: Privat

Apnoetauchen: 27-jähriger Felldorfer taucht beinahe 100 Meter tief. Keine Hilfsmittel benutzt. Lunge schrumpft um 90 Prozent.

Starzach-Felldorf - Panglao, Philippinen, 22. Juni, 9.30 Uhr Ortszeit: Tim Oehmigen aus Felldorf bricht den deutschen Rekord im Apnoetauchen. Der 27-Jährige ist ein Newcomer in der Wettkampfsszene und arbeitete sich innerhalb weniger Jahre an die Spitze des deutschen Wettkampfsports für Tieftauchen.

Dabei wird lediglich die eigene Atemluft und keine weitere Pressluft dafür verwendet, in die Tiefe abzutauchen. Des Weiteren benutzte er keine Hilfe zum Ab- und Auftauchen, sondern tauchte aus eigener Kraft. Für den Versuch benötigte er eine Tauchzeit von 3:28 Minuten.

Raue See erschwert die Vorbereitungen

Die Bedingungen vor Ort waren sehr schwierig: "Raue See führte dazu, dass es für mich schwieriger war, mich anständig vorzubereiten. Zudem gab es auf den ersten 15 Metern Oberflächenströmung, was bedeutet, dass man seine vertikale Positionierung leicht verliert und länger braucht als sonst. Mental und körperlich war dieser Tauchgang enorm anstrengend." Dabei taucht Oehmigen lediglich mit einer Nasenklammer, um den Druck auszugleichen und ohne Maske.

Der vorherige Nationalrekord betrug 90 Meter, welchen Oehmigen um einen Meter überbot. "Auf diesem Niveau sind schon wenige Meter ein großer Unterschied, weil man sehr nahe am Limit taucht. Man braucht Wochen, um sich an diese Tiefen anzupassen."  

Nationalrekorde können nur im Wettkampf unter Verifizierung internationaler Judges von AIDA, dem internationalen Verband für Freitauchen, erfolgen. Die Tiefe muss der Taucher einen Tag vorher ansagen und damit der Tauchgang gewertet wird, muss er am Ende des Seils ein "Tag", ein Stück Klett, abreißen und mit nach oben bringen. Zudem muss er ein Protokoll erfüllen, das nachweist, dass er bei vollem Bewusstsein ist.

Obwohl Freitaucher manchmal an ihre Grenzen der Hypoxie stoßen, kommt es beim Tieftauchen weniger auf das Luftanhalten an. Die Schwierigkeit besteht darin, den Druck auszugleichen.

Auf 90 Metern herrscht ein Druck von mehr als zehn Bar und die Lunge schrumpft auf ein Zehntel des ursprünglichen Volumens. Dabei werden komplizierte Druckausgleichsmanöver ausgeübt, die er sich über Jahre antrainiert hat.

"Während des Abtauchens müssen auf verschiedenen Tiefen unterschiedliche Techniken angewandt werden, des weiteren kommen mit steigender Tiefe viele erschwerte Bedingungen hinzu, die den Druckausgleich beeinträchtigen können. Neben der Tatsache, dass man die Nerven behalten muss, spüre ich beispielsweise ab 65 bis 70 Meter die Stickstoff-Narkose (Tiefenrausch), ausgelöst durch den hohen Stickstoffpartialdruck. Das ist für Apnoetaucher nicht gefährlich, führt aber dazu, dass man leicht die Konzentration und damit eventuell die Luft für den Druckausgleich verliert, so dass man frühzeitig umkehren muss", sagt Oehmigen.

Der menschliche Körper verfügt zudem über einen Tauchreflex, der durch gezieltes Training ebenfalls intensiviert werden kann. Dabei zieht sich das sauerstoffreiche Blut aus den Extremitäten zurück und die Durchblutung des Gehirns wird gefördert.

Puls sinkt auf bis zu 20 Schläge pro Minute

Im selben Moment sinkt der Puls auf 20 bis 30 Schläge die Minute: "Sobald ich mich im freien Fall befinde und in die Tiefe hinabgleite, schließe ich die Augen und höre meinen Puls, wie er sinkt, bis ich das Herz fast gar nicht mehr schlagen höre. In diesem Moment fühle ich mich kurioser Weise wahnsinnig entspannt und die Zeit vergeht wie im Flug." 

In den Medien wird der Sport oft als sehr gefährlich und waghalsig dargestellt. Solange man vorgeschriebene Sicherheitsstandards beachtet, gilt Freitauchen als sehr sicher.

Dennoch wird unbedingt dazu geraten, den Sport nicht ohne vorherigen Kurs oder einen erfahrenen Freitauchern zu betreiben. Das Missachten einfacher Sicherheitsregeln kann zu gefährlichen Unfällen führen.

Der frisch gebackene deutsche Meister Tim Oehmigen sagt dazu: "Insbesondere bei Wettkämpfen gibt es keinen Grund zur Verunsicherung, weil das Umfeld extrem sicher ist. Es gibt ein ganzes Sicherheitsteam, das die Sicherung der Taucher garantiert, so dass bei einem Blackout sofort reagiert wird. In der Geschichte des Freitauchens im Wettkampf, so wie er heute unter AIDA Sicherheitsstandards geführt wird, gab es in den 24 Jahren lediglich einen tragischen Unfall, was verglichen zu anderen etablierten Sportarten sehr wenig ist. Dennoch sollte man die Gefahren auf keinen Fall unterschätzen und niemals alleine tauchen. Fast alle Unfälle außerhalb von Wettkämpfen passierten, weil einfache Regeln missachtet wurden."

Tim Oehmigen lernte das Freitauchen am Bodensee in Konstanz, wo er sechs Jahre studierte. Nach dem Studium, welches er Anfang diesen Jahres abschloss, zog er auf die Philippinen nach Panglao, um seine Zeit dem Sport zu widmen und Kurse zu geben.

Dort trainiert und unterrichtet er an der Freitauchschule "Freedive Panglao" mit der deutschen Freitauchlegende Stefan Randig.

Ende Juli wird es einen weiteren Wettkampf geben, an dem Oehmigen einen weiteren Nationalrekord tauchen möchte. Des weiteren finden im September die Weltmeisterschaften in Kalamata, Griechenland, statt, wo er mit fünf weiteren Kadermitgliedern Deutschlands Nationalteam vertreten wird. "Mein Ziel ist es, in diesem Jahr noch 100 Meter tief zu tauchen. Das ist der Traum vieler Freitaucher."