Der Starzacher Gemeinderat fasst in seiner vergangenen Sitzung den Grundsatzbeschluss, die flächendeckende Einführung von Tempo 30 zu prüfen. Foto: © detailfoto – stock.adobe.com

Grundsatzbeschluss: Dieses Mal könnte es wirklich umgesetzt werden / Bürgermeister sieht Nutzen skeptisch

2011 gab es schon mal einen Grundsatzbeschluss, Tempo 30 fast überall in Starzach umzusetzen. Passiert ist nichts, muss Bürgermeister Thomas Noé zugeben. Jetzt macht der Gemeinderat einen neuen Anlauf.

St arz ach . Die ULS hat den Antrag gestellt, in allen Wohngebieten Tempo 30 einzuführen. Tiana Weiß: "Ich war am Wochenende in den Dörfern unterwegs. Ich habe mir die Wohngebiete ganz genau angeschaut und war erschrocken, wie viele Schnellfahrer mir entgegengekommen sind. Egal, ob Kinder spielen oder Senioren unterwegs waren – es hat mich schockiert, wie schnell durchgefahren wird!"

Die Gemeinderätin rechnet vor: Bei Tempo 30 beträgt der Bremsweg 4,5 Meter. Bei 50 km/h sind es 12,5 Meter. Weiß: "Wir haben eine Verdreifachung des Bremsweges. Die Einführung von Tempo 30 ist eine signifikante Gefahrenminderung für spielende Kinder, Alte und alle Einwohner Starzachs."

ZS-Gemeinderat Hubert Lohmiller: "Ich wohne selbst in einem Wohngebiet, wo es definitiv nicht funktioniert und Kinder permanent in Gefahr sind. Ich sehe nur ein Problem im Begriff ›Wohngebiet‹. Wie soll man das definieren? Die Wilhelmshöhe gehört für mich gefühlsmäßig nicht zum klassischen Wohngebiet."

Starzachs Bürgermeister Thomas Noé schlägt vor, dass man einen Grundsatzbeschluss fasst und dann konkret die Straßen bestimmt, auf denen Tempo 30 eingeführt wird. Allerdings: Noé ist skeptisch, ob die Einführung von Tempo 30 überhaupt etwas bringt. Seine Hauptamtsleiterin Christiane Krieger hatte vorab erläutert, dass nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung mit der "Rechts vor Links"-Regelung sowie einer Fahrweise, die immer an die Sichtverhältnisse angepasst ist, man ohnehin in den meisten Straßen in den Wohngebieten nur maximal Tempo 30 fahren kann.

Bürgermeister Noé: "Ich habe über die Jahre für mich entschieden: Mir nützen diese ganzen Regelungen nichts, wenn ich sie nicht sanktioniere. Viele Stellen sind nicht geeignet, zu blitzen. Dann habe ich nur – außer Schilder aufstellen – nichts erreicht. Beispiele sind die Weitenburger Straße oder die Hirrlinger Straße – da haben wir Haltemarken für rechts vor links. Es blinkt dort. Es hält sich niemand dran."

Die Hauptamtsleiterin hatte noch vorgerechnet, dass die Aufstellung von 56 Schildern mit Tempo 30 in den Wohngebieten insgesamt gut 14 000 Euro kostet. Der Bürgermeister befürchtet auch, dass an manchen Straßen in Wohngebieten sogar Tempo 30 noch zu viel ist. Hans-Peter Ruckgaber (ZS): "Ich möchte ein bisschen warnen vor der flächendeckenden Einführung von Tempo 30. Es suggeriert eine Sicherheit, die nicht da ist."

BVS-Gemeinderätin Monika Obstfelder kritisiert die Schilderwut: "Ich bin zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs. Ich habe mir die Mühe gemacht, zwei Tage lang stur Tempo 30 gefahren. Das war für mich eine Katastrophe. Es ist schlimm, wenn man permanent umdenken muss, zum Schluss weiß man als Autofahrer gar nicht mehr, fahr ich 30 oder 50. Deshalb bin ich gegen Tempo 30 in allen Wohngebieten. Vor Schulen, Kitas oder auf Hauptstraßen finde ich es sinnvoll."

Und was ist ihre Erfahrung aus Bierlingen? Obstfelder: "Bei uns in Bierlingen wurde Tempo 30 schon vor 30 Jahren diskutiert. Und die Kinder der Eltern, die das damals forderten, sind heute mit 60 oder 70 km/ unterwegs!"

Immerhin: Für den Grundsatzbeschluss, die flächendeckende Einführung von Tempo 30 zu prüfen, gab es elf Ja-Stimmen. Bürgermeister Noé stimmte mit drei anderen dagegen. Die Straßen, auf denen es eingeführt werden soll, werden später vom Gemeinderat herausgesucht. Dazu gehört auch das Aufstellen von Tempo-30-Schildern auf der Hirrlinger Straße, die das Rathaus vorgeschlagen hatte. Das wurde vertragt.

Zweites großes Thema: Wie sieht es mit Tempo 30 auf Ortsdurchfahrten aus? Können Zebrastreifen installiert werden? Dabei geht es auch um den Zebrastreifen in Felldorf im Bereich der langen Straße vor der Kita, Bürgerhaus und Spielplatz, die eine Bürgerin vorgeschlagen hatte.

Annerose Hartmann (BVS): "In Wachendorf haben wir nach wie vor eine Gefahrenzone. Am Schloss, wo die Bushaltestelle ist und wo Kinder spielen. Dasselbe gilt an der Halle. Solange Kinder sich beim Gehen schubsen, sind das alles Gefahrenstellen, wo Kinder unter die Räder kommen können!"

Hans-Peter Ruckgaber (ZS) stimmt dem zu: "Dort gibt es Gefahrenmomente, weil Kinder dort Queren und aus dem Bus aussteigen. In Frommenhausen in der Ortsdurchfahrt ist auch Tempo 30. Warum soll das bei uns nicht gehen?"

Bürgermeister Noé: "In Frommenhausen gibt es offenbar ein höheres Verkehrsaufkommen. Und Schwerlastverkehr. Das Thema Schlossstraße nehme ich gerne auf!" Er befürchtet aber, wieder an der Verkehrsbehörde zu scheitern: "Die Antwort kenne ich schon. Das Thema wird sein: Verkehrszahlen, Unfallschwerpunkt."

Bei den anderen Ortsdurchfahrten bleibt der Bürgermeister weiterhin skeptisch, weil zuvor Anläufe für Tempo 30 an "höherrangigen Straßen Starzachs" gescheitert sind. Beispielsweise Tempo 30 vor dem Kindergarten in Bierlingen (wir berichteten).

BVS-Gemeinderat Michael Volk zieht eine bittere Bilanz: "Die Straße in Wachendorf ist Landesstraße, die in Frommenhausen Kreisstraße. Leider zeigt die Erfahrung, dass man warten muss, bis etwas passiert. Erst nach Verkehrstoten in Eyach kam eine Ampel."

Und auch mit dem Zebrastreifen vor der Kita in Felldorf könnte es kritisch werden. Hauptamtsleiterin Krieger hatte schon gesagt, dass der Zebrastreifen bei Tempo 30 auf der Hauptstraße laut einer Landesvorschrift aus 50 Metern eine freie Sichtachse haben muss, bei Tempo 50 sogar 100 Meter. Weil die Kita in der Kurve liegt, seien diese Sichtachsen schwer zu erreichen. Bürgermeister Noé: "Ich glaube nicht, dass die rechtlichen Voraussetzungen dort für einen Zebrastreifen gegeben sind. Deshalb habe ich angeregt, es dort mit einer Tempo-30-Zone zu versuchen." Die Mehrheit beschließt, den Zebrastreifen dort nicht weiter zu verfolgen.