Die Ruhe trügt vor dem Rathaus in Starzach. Am Samstag soll eine "stille Demonstration" Frieden bringen. Foto: Hopp

Kein Weihnachtsfrieden in Starzach: Auseinandersetzungen mit dem Bürgermeister gehen weiter.

Starzach - Mobbing gegen Angestellte? Eine Kampagne gegen den Bürgermeister? Wo liegt die Wahrheit? In der Gemeinde Starzach fliegen (wieder) die Fetzen. Eine "stille Demonstration" soll heute Frieden bringen. Doch ist das überhaupt möglich?

"Man hat es nicht geschafft, über eine demokratische Entscheidung einen anderen Vorgesetzten zu bekommen", sagt Bürgermeister Thomas Noé. Wirkt er kämpferisch? Oder doch abgekämpft? So ganz beantworten kann man das nicht. Genauso schwierig ist es, den oder die Schuldigen an dem Konflikt zu finden, der bereits Ende des vergangenen Jahres aufbrandete und nun wieder neu entflammt.

Es ist der 29. Januar 2012. Thomas Noé ist erleichtert. Er ist wiedergewählt: 68,7 Prozent der Stimmen in Starzach, einer idyllischen Gemeinde (gerne bezeichnet als "schwäbische Toskana") im Landkreis Tübingen, hat er hinter sich.

Landrat Joachim Walter prangert den polarisierenden Wahlkampf an. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Das muss ein Ende haben", sagt er auf der Siegerparty von Noé. Es ist ein überzeugendes Ergebnis. Seine Konkurrenten hatten keine Chance. Eine trügerische Ruhe beginnt. Doch die Risse in der Gemeinde werden seit einigen Wochen wieder größer.

Bruchstellen gibt es gleich zwei: Zwischen dem Bürgermeister und zumindest Teilen des Gemeinderats, und zwischen dem Bürgermeister und Mitarbeitern – die Frage ist, wie viele Mitarbeiter es wirklich sind. Auch Noé bestreitet nicht, dass es 2009 eine Krise im Rathaus gegeben hat. 2010 soll ein Mediationsverfahren Frieden zwischen dem Bürgermeister und seinen Mitarbeitern bringen. Gedächtnisprotokolle von Angestellten aus dieser Zeit, die unserer Zeitung vorliegen, zeigen, dass Noé – auch aus familiären Gründen – eine schwierige Phase hatte. Starke Stimmungsschwankungen, zum Teil vielleicht für manchen Mitarbeiter bedrohlich anmutende Äußerungen und Ausraster, aber auch wieder überschwängliche Freundlichkeit. Es ist von Angst vor Noé, aber auch von Sorge um ihn die Rede.

Das Mediationsverfahren ließ diese Themen nicht an die Öffentlichkeit kommen. Doch besonders der Personalratsvorsitzende Horst Erdmann ging zuletzt in die öffentliche Auseinandersetzung mit Noé. Er legte unserer Zeitung eine Abmahnungsandrohung vor: Erdmann, Leiter der Kläranlage, habe private Gegenstände wie "Bilder, Kruzifixe, Bierkrug oder Weihnachtsbeleuchtungen" sowie Motorradzeitschriften zu entfernen, ordnete Noé an. Dieser sagt, der Brief sei nur der Teil einer langen Auseinandersetzung.

Und die neueste Entwicklung: Der Personalrat kündigt die Mediationsvereinbarung auf. Dadurch seien die Mitarbeiter in der Lage, sich über Geschehnisse öffentlich zu äußern.

Noé wehrt sich. "Ich werde meinen Weg konsequent gehen." Er droht rechststaatliche Schritte an. Ist es tatsächlich nur ein Feldzug einiger weniger Mitarbeiter? Und wie ist das Arbeitsklima heute im Starzacher Rathaus? Die Vorzimmerdame des Bürgermeisters, eine resolut und nicht eingeschüchtert wirkende Frau, zeichnet ein harmonisches Bild. Sie sei seit einem halben Jahr im Amt. Noé sei in dieser Zeit nicht negativ aufgefallen. Im Gegenteil. Er bemühe sich, bloß keine Angriffspunkte zu geben. Noé mutmaßt, nun werde "von bestimmen Mitarbeitern jetzt wieder vorgebracht", dass dieSekretärin noch in der Probezeit sei.

Eines ist aber sicher: Viele Bürger sind einfach nur genervt von dieser Auseinandersetzung. Deshalb wollen sie heute mit einer "stillen Demonstration" ohne Ansprachen, aber mit einigen deutlichen Plakatbotschaften Frieden in der Gemeinde einfordern. Doch es ist eine schwierige Mission.