Sarah Sole residiert derzeit in Börstingen, wo sie schon einige positive Erlebnisse hatte. Foto: Lück

Die bekannte Künstlerin hält es in New York nicht mehr aus. Mit Porträts von Hillary Clinton große Erfolge verzeichnet.

Starzach-Börstingen - "This is not America". Wer erinnert sich nicht an den Song von David Bowie? Sarah Sole aus New York sagt: "Mit Trump ist das nicht mehr mein Amerika. Ich bleibe jetzt in Deutschland."

Derzeit arbeitet sie im Kunstort Eleven in der ehemaligen Schule Börstingen. Die Residenz – also der Aufenthalt auf Zeit – im beschaulichen Ort im Neckartal ist ihre zweite Deutschland-Station. Zuvor war sie kurz in Hamburg. Projektleiterin Monika Golla: "Sarah ist sehr offen und neugierig. Sie tut alles, um Deutschland zu verstehen." Konsequent nennt die Künstlerin ihr aktuelles Projekt "deutschwerden".

Doch wie kommt es, dass man aus der quirligen Weltstadt New York nach Deutschland will? Ist das Leben unter Trump wirklich so schlimm? 

Sarah Sole zeigt eines ihrer Porträts von Hillary Clinton. Die Künstlerin: "Unmittelbar nach 9/11 bin ich nach New York gegangen. Damals habe ich meine Mathe-Professur aufgegeben, um die Laufbahn als Künstlerin zu starten. Zuerst habe ich von Hillary geträumt." Ein erotischer Traum, wie sie dem Rolling-Stone-Magazin gesteht. Sole: "Ich habe mich daraufhin gefragt, was steckt eigentlich hinter dieser Frau?"

Und so startet 2008 ihr Kunstprojekt "Regarding Hillary" ("Hinsichtlich Hillary"). 2015 machte sie Schlagzeilen, weil ihr Hillary-Bild, das die Präsidentschaftskandidatin mit einem Revolver in der Hand zeigt, auf dem Buch "My Turn" von Doug Henwood erschienen ist. Die Künstlerin lächelt: "Damals gab es jede Menge Presse, weil mein Bild, also das eines Hillary-Fans, als Cover ausgerechnet auf dem Buch eines Hillary-Gegners erschien."

Die Person Hillary Clinton. Ein Faszinosum für die Künstlerin. Sarah Sole: "Mich hat es erschreckt, welcher Hass Hillary Clinton entgegengeschlagen ist. Und zwar einmal von der extremen Linken, dann aber auch von Konkurrenten in der eigenen Partei, die weitaus mehr Macht und Einfluss hatten als sie selbst. Es scheint, sie hätten tatsächlich Angst vor ihr – das habe ich nie verstanden."

Dann der Wahlkampf von Donald Trump. Sarah Sole: "Ich habe mich intensiv mit der Entstehung des Faschismus befasst. Unter anderem Bücher von Sebastian Haffner oder Robert Paxton studiert, der über die Anatomie des Faschismus geschrieben hat. Das, was Trump da gebracht hat, ist proto-faschistisch. Er hat sich hyper-maskulin gegeben und durch seine Botschaften einen Impuls von Rache hervorgerufen. Dabei hat Trump wohlkalkuliert Ressentiments geschürt. Deshalb habe ich ihn nie als einen Witz verstanden, sondern extrem ernst genommen!"

Die Rolle von Hillary Clinton dagegen – in der Sicht von Sarah Sole – moderat. Die Künstlerin: "Hillary ist realistisch vorgegangen. Sie hat aus meiner Sicht perfekte Konzepte gehabt, die alte Politik in eine neue zu überführen." Fatal war, so Sole: Nicht nur Donald Trump nahm Hillary mit Sprüchen wie "Sperrt sie ein" in die Zange, sondern auch die Linke in den USA. Die metamorphen Porträts von Clinton waren sehr gefragt. Tausende sogenannte Follower hatte die New Yorker Malerin auf Instagram damals.

Der Sieg von Trump – auch für Sarah Sole ein Schock. Die Künstlerin: "Ich war an dem Abend mit einer Journalistin von der ›Zeit‹ aus Hamburg unterwegs. Wir waren am Boden zerstört."

Mit dem Sieg von Trump veränderte sich die Stimmung im fortschrittlichen, liberalen New York. Die Künstlerin: "Ich war in einer Galerie mit meinen Werken vertreten. Aber niemand wollte mehr Hillary sehen, sondern nur noch Donald Trump. Da gab es zum Beispiel Motive, wie Trump einen Golfball abschlägt, der in einer Nuklearexplosion endete. Das heißt: Das Image von Trump als starker weißer Mann wurde – trotz kritischer Motivaussage – damit noch weiter unterstützt. Und auf diese Art genau dieses protofaschistische Bild von ihm transportiert: ein Mann, ein Führer, der dem Rest der Welt zeigt, wo es langgeht."

Auch das, was die Linke seitdem gegen Trump macht, entfremdete Sole von New York. Die Künstlerin: "Die Linken fahren ekstatische Proteste gegen Trump. Aber die Linke ist geteilt: Die einen reden nur von Wirtschaft, die anderen verweigern sich total. Das ist reaktionär. Der Nihilismus, die Gefahr, dass der Staat unter der Trump-Regierung komplett degradiert werden könnte – das Thema wird nicht konstruktiv angegangen. Wenn man erfahren will, was in Amerika passiert, muss man dort ausländische Zeitungen lesen. Es ist hässlich, was da passiert. Deshalb habe ich beschlossen, mein Leben zu ändern. Und als ich mitbekam, dass die ersten Mexikaner aus Long Island abgeholt werden, konnte ich nicht mehr in New York leben. Ich fühle mich, als ob man mich aus meinem Heimatland abgestoßen hat."

Deshalb bewarb sich Sarah Sole für das Künstlerhaus Eleven. Die Künstlerin: "Ich habe nur Schwarzwald gelesen und dass man sich hier ausprobieren kann. Das klang ideal." Und hier gab es  anfangs schon eine erste Begegnung, die sie ermutigt, in Deutschland zu bleiben. Sole: "Ich bin ins Gasthaus Lamm gegangen. Ein Einheimischer sprach mich an und lud mich zum Bier ein. Als er mitbekam, dass ich aus den USA komme, hat er sein Glas auf den Tisch gehauen und erzählt, wie sehr er Trump hasse. Das wäre mir in den USA nie passiert."

Als nächstes will die Künstlerin nach Berlin gehen und sich ein Visum holen, um hier in Deutschland zu bleiben. Regarding Hillary – ihr Kunstprojekt, ist zu Ende. "Deutschwerden" startet.