Kommunales: Zum ersten Mal hat "Zukunft Starzach" als Mehrheitsfraktion keine Mehrheit im Starzacher Gemeinderat

Wenn man Starzacher nach der Gemeinderatsfraktion "Zukunft Starzach" fragt, heißt es oft: "Manfred (gemeint Dunst) befiehlt, wir folgen!" Doch am Dienstag wagt Hans-Peter Ruckgaber die Rebellion beim Thema "Dorfmitte Wachendorf". Auf einmal hat die Mehrheitsfraktion keine Mehrheit mehr.

Starzach. Alfredo Vela und Tanja König vom Förderverein Dorfmitte hatten eine tolle Präsentation vorbereitet. Erzählten, was sie seit zwei Jahren bewegt hatten: Musikkulinaria, Weihnachtsmarkt, Balladenabend. Zum "Glück" fehlt der Dorfgemeinschaft jetzt noch das Nachbargrundstück zum Rathaus Wachendorf – das sogenannte "Hirtenbrünnle 21". Vela: "Wir sehen dort eine große Chance für uns, etwas aufbauen zu können. Und den Stillstand, den wir seit fünf Jahren in der Dorfmitte haben, zu beenden." Die Idee: Mit dem Kauf des Nachbargrundstücks könnte hinter dem jetzigen Wachendorfer Rathaus ein Treppenhaus mit Aufzug gebaut werden. Dahinter könnte man einen Bürgersaal bauen, einen Geräteraum für Vereine wie die Narrenzunft und dahinter eine Grünfläche schaffen.

Die Immobilie ist derzeit schon verkauft. Weil das Gebiet aber im Sanierungsgebiet liegt, hätte die Stadt ein Vorkaufsrecht. Beim Kauf kalkuliert das Rathaus mit einem Verkehrswert von 168 000 Euro. Ein Teil der Umbau- oder Abrisskosten – bis zu 60 Prozent – könnte aus dem Landessanierungsprogramm gestemmt werden.

Die Verwaltung mit Bürgermeister Thomas Noé lehnt das ab. Begründung: Es ist unklar, ob sich eine rechtssichere Begründung für die Ausübung des Vorkaufsrechts findet. Dazu würde der Vorkauf die "sehr angespannte Haushaltssituation im Jahr 2020 noch verschärften", so die Drucksache.

Wird Noé wieder – wie so oft – von der Mehrheitsfraktion ZS überstimmt?

Der Antrag liegt vor. ZS-Gemeinderat Michael Rilling begründet ihn: "Mir geht es um die Stärkung der Ortsmitte. Mit dem Grundstück Hirtenbrünnle 15, dem gemeindeeigenen Grundstück, auf dem das Schlachthaus steht, und dem zum Kauf anstehenden Gebäude können wir alle gemeinsam etwas einzigartiges und mit einem städtebaulichen Mehrgewinn im Sanierungsgebiet Wachendorf schaffen."

ZS-Fraktionschef Manfred Dunst: "Wir müssen die beiden Gebäude sehen. Wir sind mit diesem Ortskern im Landessanierungsprogramm. Das heißt nicht nur abzureißen, sondern das Umfeld zu bedenken, um städtebauliche Missstände abzuschaffen. In dieser Ecke haben wir die Chance, mit dem Schlachthaus, dem Weimer-Areal, dem Rathaus und dem Gebäude im Hirtenbrünnle 21 ein großes Areal in den Griff zu bekommen. Mit dem Kauf des Hirtenbrünnle 21 kriegen wir den Fuß richtig in die Dorfmitte Wachendorf hinein!"

ULS-Gemeinderätin Tiana Weiß: "Wie sie alle vermutlich wissen, liegt mir die Dorfmitte Wachendorf am Herzen. Jeder weiß auch, wie es im Haushalt aussieht. Schule, Kitas, Feuerwehr. Mir stellt sich die Frage: Wenn wir das Objekt kaufen, mit welchen eigenen Mitteln sollen wir das finanzieren? Es kommt nur dann zum Erfolg, wenn Bürger und Vereine zusammenarbeiten. Wenn die jetzigen Pläne nicht umsetzbar sind, dann müssen wir die Immobilie wieder verkaufen."

Manuel Faiß, BVS-Gemeinderat, will zunächst mal wissen, wie viel Finanzen die Initiatoren mitbringen. Kassiererin Tanja König: "Wir haben ein paar 1000 Euro auf dem Konto. Wir sind aber seit zwei Jahren massiv gehemmt, weil auf dem Weimer-Areal nichts vorangeht. Deshalb konnten wir nicht mehr Mittel akquirieren." Faiß insistiert weiter: "Ich höre aus dem Vortrag heraus: Sie bestellen, und wir sollen bezahlen. Ich finde es ein bisschen komisch, dass wir das alles vorfinanzieren und Sie nur die Ideen bringen." Der Förderverein Dorfmitte hält dagegen. Vela: "Wir bestellen nicht, und ihr zahlt. Wir sind die, welche die Vereine bringen." Faiß hält dagegen: "Sie hatten zwei Jahre Zeit, Vorschuss zu bringen."

ZS-Vorschlag scheitert

Dann greift ZS-Fraktionschef Manfred Dunst in die Debatte ein: "Mich stört der Satz: ›Sie bestellen, und wir sollen zahlen.‹ Was wäre die Gemeinde ohne Vereine? Und umgekehrt. Wir können nicht erwarten, das Vereine solche Infrastrukturen bezahlen können. Wenn wir so agieren würden, ginge gar nichts in Starzach!"

Doch Hans-Peter Ruckgaber macht seinem Fraktionschef einen Strich durch die Rechnung. Er sagt: "Ich bin in einem Dilemma, weil ich selbst im Förderverein bin. Es gibt seit langer Zeit den Wunsch von Wachendorf nach einer Dorfmitte. Andererseits gibt es die notorische Armut der Gemeinde Starzach. Nach meiner Beurteilung sind die Chancen für einen Dorfladen im Rathaus auf Null gesunken. Das von ihnen vorgeschlagene neue Areal hat keinen direkten Bezug zum neuen Dorfplatz. Die bisher dort stehende Scheune müsste abgerissen werden, weil der Platz nicht reicht. Der Abbruch der bestehenden Gebäude ist vermögensvernichtend, weil der Zustand gut ist. Ich bin der Meinung, man sollte sich hier auf das beschränken, was notwendig erscheint. Das Rathausgebäude umzunutzen und möglicherweise vom Grundstück Hirtenbrünnle 25 Quadratmeter zu kaufen, um den Anbau mit Treppenhaus und Fahrstuhl zu machen."

Dann kontert ZS-Fraktionschef Dunst auf den "Rebellen": "Das Rathaus hat nur 90 Quadratmeter. Zusammen mit den anderen Gebäuden vom Hirtenbrünnle haben wir eine tolle Perspektive und genügend Beinfreiheit, dort etwas tolles zu entwickeln. Dazu kommt: Wir wollen als politische Kraft gleichwertige Verhältnisse in allen Ortschaften von Starzach schaffen. Das haben wir schon fast geschafft – nur nicht in Wachendorf!"

Dann wird abgestimmt. Auch Hans-Peter Ruckgaber stimmt gegen den Antrag seiner Fraktion. Damit steht es acht zu acht Stimmen – der ZS-Vorschlag ist gescheitert.

Als es dann später um die Drucksache 103/2020 geht – Baugebietsplan "Brühl III" in Wachendorf, in der es um einen Fußweg geht, argumentiert Ruckgaber wieder gegen den ZS-Antrag. Dunst sagt nur: "Der Kollege aus der Fraktion wird die andere Meinung wieder durchziehen."