Haushalt: Gemeinderat Starzach berät über Finanzen / Zukunft Starzach setzt sich mit Anträgen in den meisten Fällen durch

Das war eine Schlacht! Der Gemeinderat tagte von 18 bis 2.12 Uhr. Dann hatte Manfred Dunst (früherer Bürgermeister von Starzach) und seine ZS-Fraktion ihren Haushalt gegen Bürgermeister Thomas Noé durchgesetzt. Doch der will sich jetzt wehren.

Starzach. Das war ein Stück aus dem Politik-Lehrbuch. Diskutieren bis zur Erschöpfung. In der Sitzung ging es um den Haushalt. Während das Rathaus einen Schulneubau in Bierlingen will, will die Zukunft Starzach sparen. Die Gebühren für die Kinderbetreuung erhöhen. Mehr Geld ausgeben für Dinge, die dem Bürger Nutzen versprechen. Egal, ob es um den Sportplatz Börstingen, längere Öffnungszeiten im Rathaus Bierlingen oder Verschönerung von Gebäuden geht.

Der Schulneubau

Auftakt war die Diskussion um den geplanten Schulneubau. Das Rathaus hatte einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Das Ergebnis: Die Grundschule in Bierlingen soll komplett umgebaut werden. Erste Kostenschätzungen gehen von 15 Millionen Euro aus. Das Rathaus sowie der Wettbewerbsleiter Gerd Grohe und der Sieger-Architekt Martin Lösch sagen: Erst nach der Beauftragung des Architekten mit der Entwurfsplanung kann wirklich abgeschätzt werden, was der geplante Neubau kosten könnte.

Die Zukunft Starzach um Ex-Bürgermeister Dunst sagt: "Wir müssen geschätzte vier bis fünf Millionen Euro in die Kitas investieren. In den 15 Millionen Euro sind noch nicht alle Kosten des Schulneubaus drin."

Der Vorschlag: Eine Machbarkeitsstudie für den Neubau neben der Mehrzweckhalle in Wachendorf. Dann könnte man sich 3,5 Millionen Euro für den Neubau einer Sporthalle in Bierlingen sparen. Oder woanders in Bierlingen abspecken.

Bürgermeister Noé: "Ich bin bereit, 40 000 Euro in eine Machbarkeitsstudie für Wachendorf auszugeben. Allerdings: In Bierlingen besitzen wir nach der Flurbereinigung alle notwendigen Grundstücke. In Wachendorf nicht. Hier muss auch der Flächennutzungsplan geändert werden. Wenn die Schule im Rahmen der Ganztages-Betreuung noch mehr die Mehrzweckhalle in Wachendorf benutzt, bedeutet das Einschränkungen für die Vereine."

Wettbewerbsleiter Grohe ergänzt: "Wenn man die Schule an einem anderen Ort baut, ist die Gemeinde nicht verpflichtet, den Sieger-Architekten mit der Planung zu beauftragen."

Neu-Gemeinderat Manuel Faiß (BVS) befürchtet, dass sich mit der Prüfung von Wachendorf die Planungskosten verdoppeln. Rolf Pfeffer (ZS): "Der Neubau der Schule in Bierlingen würde einen Umzug und eine möglicherweise eine Containerlösung bedeuten. Das heißt: pädagogische Turbulenzen. Die wollen wir nicht."

Architekt Lösch betont, dass sich an den Kosten nichts ändern wird. Egal, wohin man die Schule setzt: "Es ist eine politische Entscheidung. Dunst (ZS): "Wenn man in Bierlingen etwas tut, heißt das zwei bis drei Jahre Containerlösung. Mit dem Neubau dort kommen wir auf bis zu 16 Millionen Euro Neuverschuldung in 2025. Da ist der Kita-Bereich noch nicht eingerechnet! Bei einer Differenz um fünf oder sechs Millionen Euro lohnt es sich, zu streiten."

Noé: "Lassen Sie uns alles tun, damit wir Ende des Jahres eine Machbarkeitsstudie zu Wachendorf haben. Wir müssen Ende des Jahres wissen: Gehen wir in den Neubau der Schule rein oder nicht?" Um 20.22 Uhr – nach 142 Minuten – ist dieser erste wichtige Tagesordnungspunkt abgehakt.

Verstoß gegen Datenschutz?

Dann die nächste Machtprobe: Die ZS will die Bauhofmitarbeiter und die beiden Hausmeister in eine höhere Gehaltsstufe setzen lassen. Für Faiß (BVS) ist diese Forderung reiner "Populismus". Taina Weiss (ULS) befürchtet, dass die öffentliche Diskussion darüber gegen den Datenschutz verstoßen könnte. Bürgermeister Noé: "Ich bin gespannt, was der Personalrat dazu sagt. Es ist wohl wenig verständlich, wenn man vom tariflichen Gehalt her Erzieherinnen wie Hausmeister einstuft." Die ZS setzt den Antrag mit acht Ja-Stimmen durch.

Netze-BW-Beteiligung

Nächster Punkt in der Macht-Schlacht: Das Rathaus will sich mit 600 000 Euro über Kredite an der Netze-BW beteiligen. Kämmerer Tobias Wannenmacher: "Wir würden 3,6 Prozent Rendite bekommen. Wenn wir die Einlage nach fünf Jahre wieder herausziehen, würden wir die 600 000 Euro zurück bekommen. Damit hätten wir im Ergebnishaushalt jährlich gut 15 000 Euro mehr an Einnahmen zu verbuchen." Damit könne man bei der Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes enorm punkten.

ZS-Fraktionschef Dunst: "Die EnBW will sich mit diesen hohen Zinsen nur die Netzdurchleistungsentgelte hoch halten. Das bedeutet eine versteckte Gebührenerhöhung beim Kunden." Mit neun Stimmen setzt sich der ZS-Antrag durch. Bürgermeister Noé hatte vorher noch einen Warnschuss Richtung Dunst abgegeben: "Ich werde die Frage der Befangenheit im Gremium stellen. Weil einer der Gemeinderäte früher in einem Unternehmen war, das Kontakte zur EnBW hatte." Bei seiner Kandidatur hatte Dunst angegeben, dass er seit 2012 "freiberuflicher Berater für Energie- und Kommunalfragen" sei. Immer wieder hatte Noé in der Debatte betont, dass er jeden einzelnen Beschluss rechtlich überprüfen lassen wolle. Auch die Frage der Befangenheit sei ein Prüfpunkt. Allerdings: An diesem Abstimmungsergebnis würde das nichts ändern: Ohne Dunst-Stimme wären es acht Ja-Stimmen für die Ablehnung bei sechs Gegenstimmen.

Die ZS-Fraktion setzte auch durch, dass geprüft wird, ob für die Erschließung des Feriengebiets Wachendorf, den oberen Mühlenweg und den Neubau des Gehwegs an der Langen Straße die Eigentümer zu belangen sind.

Unterbrechung gefordert

Zug um Zug setzt die Fraktion Zukunft Starzach ihren Haushalt um: 50 000 Euro Planungskosten für die Kinderbetreuung, für die Schlossscheuer 2 und 3 (20 000 Euro), für die Neugestaltung des Dorfmittelpunkts Wachendorf (25 000 Euro) und die Planungskonzeption der freiwerdenden Geschäftsstellen in den Rathäusern (10 000 Euro). Es ist 22.30 Uhr. Neu-Gemeinderat Faiß: "Können wir die Sitzung jetzt unterbrechen? Es gibt viele, die müssen morgen wieder arbeiten." ZS-Fraktionschef Dunst: „Das schaffen wir nicht. Ich würde dafür werden, dass wir versuchen, heute den Haushalt fertig zu beraten."

Kurzes Einlenken

Dann geht es weiter: 10 000 Euro für Unterhaltung der Feldwege und der Bäume. Bei der Pflege der Gemeindestraßen, bei der die ZS dann ein Ingenieurbüro beauftragen will, die Schachtdeckel zu checken, hat Noé zum ersten Mal Argumente, die gehört werden. Starzachs Bürgermeister: "Da hat unser Bauhof den Überblick. Der kann ihnen eine Liste zusammenstellen." Dem stimmt die ZS zu.

Länger Öffnungszeiten?

Nächster Punkt: Die Schließung aller Geschäftsstellen des Rathauses, um in Bierlingen länger für die Bürger zu öffnen. Damit auch Berufstätige nicht frei nehmen müssen, um beim Rathaus was zu erledigen. Hauptamtsleiterin Christiane Krieger: "Wir haben dort nur weibliche Mitarbeiter in Teilzeit. Die arbeiten schwerpunktmäßig vormittags. Wenn ich sage, die müssen jetzt auch noch nachmittags arbeiten, dann verschwinden die über kurz oder lang. Wenn ich von Ihnen den Auftrag bekomme, das Rathaus nachmittags zu öffnen – ich habe kein Personal dafür." Dann wird beschlossen, dass die Schließung der Geschäftsstellen weiter durchgesetzt wird.

Höhere Förderung

Weiter setzt die ZS durch, dass die Förderung für Vereine ab 2021 um 5000 Euro jährlich erhöht wird. Die Benutzungsgebühren in den Hallen sollen sinken. Dazu sollen alle Vereine eine freie Veranstaltung bekommen, wenn sie einmal im Jahr einen Großputz machen. Hauptamtsleiterin Krieger hat mit dem Argument, dass das im Sommer Frauen auf 450 Euro Basis machen, keine Chance. Die ZS-Mehrheit setzt sich durch.

Als dann über die Parkplätze am Friedhof in Felldorf debattiert wird, die Debatte über die E-Ladesäulen neben dem Netto durch ist, gongt die Kirchenglocke Mitternacht über Wachendorf.

Streit über Tablets

Kein Wunder, dass nach sechs Stunden Debatte über den nächsten Punkt – die Erhöhung der Aufwandsentschädigung der Gemeinderäte um 1500 Euro nicht debattiert wird. Dafür wieder Streit über die Einführung von Tablets. Bei gleichzeitiger Bereitstellung der Papierunterlagen auf Wunsch. Noé: "Damit schaffen wir Doppelstrukturen!" ZS-Fraktionschef Dunst: "Machen wir erst mal eine Einführungsveranstaltung. Wir wollen keinen zwingen, aber die Gemeinderäte überzeugen. Wir sehen dann, was nach der Veranstaltung passiert und welche Konsequenzen das hat. Dann sehen wir weiter."

Bolzplatz mit Kleintoren

Sportplatz Börstingen: ZS-Gemeinderat Hubert Lohmiller will 15 000 Euro investieren, damit der Platz als Bolzplatz mit Kleintoren genutzt werden kann. Lohmiller: "Dort gibt es keinen Verein. Dieser Vorschlag kommt von der Jugend, damit sie auf kleinerer Fläche dort bolzen können." An der Grundschule Bierlingen wird eine Lärmschutzwand aufgestellt, damit die Kids die Nachbarn beim Spielen nicht stören.

Gebührenerhöhung

Das letzte Zoff-Thema: Die Erhöhung der Kinderbetreuungsgebühren. Die ZS will einer Erhöhung zum 1. September. ZS-Fraktionschef Dunst: "In der letzten Sitzung wurde dargelegt, dass der Kostendeckungsgrad in Starzach bei sieben bis acht Prozent liegt. Im Land sind 20 Prozent der Durchschnitt." Das Rathaus verweist auf eine Information, die schon verteilt wurde. Manuel Faiß (BVS): "Steht da drin, dass sich innerhalb von zweieinhalb Jahren der Kita-Beitrag verdoppeln würde?" Kämmerer Wannenmacher: "Ja." Die ZS beschwichtigt: "Wir werden diese Informationen als Korridor betrachten, um zu schauen, wo sich die Gebühren für die Kinderbetreuung hin bewegen sollen." Bürgermeister Noé erwähnt, dass man ohnehin schon regelmäßig die Elternbeiträge jährlich um zehn Prozent angepasst habe.

Um kurz nach 1 Uhr sind die wichtigen Anträge durch. Kämmerer Wannenmacher rechnet durch, was das für den Haushalt bedeutet: "Wir sind jetzt bei minus 365 000 Euro!" Geplant waren 190 000 Euro minus in der Verwaltungsvorlage.

Kürzungen sollen her

Die ZS schlägt vor, alle Ausgaben pauschal um ein Prozent zu kürzen (globale Minderausgabe). Wannenmacher: "Die Personalaufwendungen und die Bewirtschaftungskosten sind Riesen-Posten. Dort kann man nicht kürzen. Strom und Personal muss man zahlen. Wenn ich dann um 320 000 Euro kürzen will, dann bei den Dingen, die ich gerade beschlossen habe." Dunst erklärt: "Lassen Sie die Kirche im Dorf. Wir müssen nur noch 80 000 Euro rausschwitzen." Noé warnt vor Problemen, wenn durch die Steuereinbrüche durch Corona das Zahlenwerk von Starzach weiter schrumpfen könnte.

Doch wo bekommt man die 80 000 Euro noch gekürzt? Dunst greift zu einem DIN A 4 Blatt mit Zahlen. Sagt: "Ich würde vorschlagen, bei den Planungskosten von 45 000 Euro 20 000 Euro wegzumachen. Bei den 65 000 Euro machen wir 40 weg."

Es wird fünf Minuten Pause beantragt. Die ZS-Fraktion bespricht sich, der Rest genießt die frische Luft.

Dann schlägt die ZS vor, dass pauschal 85 000 Euro gekürzt werden. Nur nicht beim Bürgerbus. Faiß (BVS) wird emotional: "Es kann doch nicht der Inhalt von Anträgen sein, Mehrausgaben zu beschließen und hinterher pauschal zu kürzen!"

Für befangen erklärt

Um 1.53 Uhr dann der letzte Antrag der ZS. Dunst: "Wir beantragen, die Behandlung der 150 000 Euro Grunderwerbe im nächsten Gemeinderat zu streichen." Bürgermeister Noé: "Es geht um das Grundstück in Felldorf. Dort erkläre ich Sie als befangen. Weil Familienmitglieder von ihnen tangiert sind." Dunst stimmt trotzdem ab. Das Ergebnis: Neun Ja-Stimmen.