Kampf der Bändel Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Beim "Eleven Artspace" in Starzach tobt sich eine illustre Künstlerschar aus / Schauspiel, Lyrik und Musik

Zu einer interdisziplinären Pop-up-Kunstaktion, die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert wurde, luden Monika Golla und Frank Fierke in ihren Kunstort "Eleven Artspace" ein.

S tarzach-Börstingen . Es pilger te nicht nur eine recht große Zuschauerzahl, teils sogar von recht weit angereist, hoch auf den Hügel bei der ehemaligen Schule, sondern auch eine illustre Künstlerschar, die es sich nicht nehmen ließ, das Dornröschen namens Kunst aus seinem Corona-Schlaf zu wecken.

Viel mehr als ein Startzeichen war dann auch das musikalische Intro von Elisabeth Anna Maria Kaiser, die zusammen mit Gastgeberin Monika Golla einst zu den Bewohnerinnen des Horber Künstlerhauses zählte. Mit geöffneten Armen und glasklarer Tonfolge gab sie quasi den Startschuss für diese besondere Art von Happening. Die weit ausgebreiteten Arme symbolisierten auch bildhaft den Wunsch der Künstler an ihr Publikum, die Herzen, die Sinne und die Türen zum Oberstübchen weit zu öffnen, um so der zeitgenössischen Kunst, die sich vielleicht nicht immer sofort jedem erschließt, Raum und Freiheit zu geben.

Bespielt wurde in dieser recht intensiven Stunde sowohl die untere Fläche, der ehemalige Sportplatz der Schule, als auch der Pausenhof, den die Verantwortlichen coronagerecht bestuhlt hatten. Zu Beginn wischten die beiden zu Putzlappen mutierten Künstlerhausbewohner Stephanie Müller und Klaus Erich Dietl ganz selbstvergessen den Boden des Sportplatzes, während sich Mitbewohnerin Helena Hartmann mit ihrem blauen, namenlosen zweiten Ich den Zaun entlang hangelte. Es ist ihr Pseudo-Ich, dass sich mit tanzenden Bananen und singenden Litschis den sichtbaren Wanst vollschlägt. In diese scheinbar so konfuse Welt stolpert die Erzkomödiantin Dietlinde Elsässer, die sich größtenteils mit stummer Pantomime und doch hin und wieder mit schwäbischen Weisheiten wie "man kann nie weiter fallen als bis ganz nonter" ins Geschehen einfädelt.

Während im unteren Teil des Kunstortes der Asphalt geschrubbt wird, bläst oben, scheinbar unbemerkt, Frank Fierke eines seiner experimentellen Projekte, die sich insbesondere durch unregelmäßig gewellte, Verzerrungen erzeugende Flächen auszeichnen, auf. Man könnte bei seinen Gebilden fast meinen, er versucht einen Ballon steigen zu lassen und mitten im Aufblasen ging die Luft aus. Wesentlich klarer ist die Botschaft von Andreas Hoffmann und Paul Siemt, die mit einer dicken roten Kordel scheinbar untrennbar verbunden sind. Beide vereint eine Kunstaktion, die versinnbildlicht, dass uns die Coronakrise wieder näher zusammenbrachte. Eine Parabel, die jedoch auch den Schutz, den Respekt und das Gefühl für den anderen verdeutlicht.

Und über all diese stummen Aktionen legt die finnische Künstlerin Mimosa Pale den Sound ihrer goldenen Säge. Klänge und Geräuschkulissen steuerten auch Elisabeth Kaiser und ihr Mann Djibril Mbow ebenso wie die Horber Künstlerhausbewohner bei, die aus einer vergammelten Tischtennisplatte eine Techno-Disco machen.

Immer mitten im Geschehen tummelt sich die "Tussi on Tour", Dietlinde Elsässer, die so manches Fragezeichen im Gesicht der Zuschauer, die doch ab und an zwischen Hurz und Applaus schwanken, mit der Feststellung "Des isch Kunscht" abschwächt.

Hoch über alledem, von einem Fenster im zweiten Stockwerk aus, schaut der Horber Lyriker Walle Sayer mit dem milden Lächeln des Wissenden auf das Geschehen unter sich. Er verfolgt schon länger, wie die Welt der Kunst in seinem Ort der Kindheit Wurzeln schlägt. Als Beitrag zu diesem besonderen Ereignis rezitiert er drei Kurzgedichte. Die "Augenspülung", die Erkenntnis "Der Narr erteilt den letzten Segen" und "Erinnerungsfrequenzen", die mit den Worten beginnen: "Hörst du diesen Schellennarr, der versucht sich anzuschleichen."

Als Schellennärrinnen treffen dann Monika Golla und Mimosa Pale aufeinander. Doch das, was sie bieten, hat mit Fasnet nichts zu tun. Es ist eher ein Kampf der Schellenköniginnen. Michael Stoll, Multi-Instrumentalist, begleitete viele der Performances mit tieftönenden Instrumenten der unterschiedlichen Art.

Insgesamt sah man am Schluss dieser außergewöhnlichen Kunstaktion nur zufriedene Gesichter. Die Besucher zeigten sich beeindruckt von der Vielzahl der künstlerischen Ansätze, und die Protagonisten selbst waren glücklich über das gelungene Experiment. Zu guter Letzt bleibt nur, den Narren aus dem Sayer-Gedicht zu zitieren, der feststellte: "Brosamen, Samen, Amen."