Die Teinach wird auch bei Starkregen schnell vom Idyll zum reißenden Strom. Foto: Fritsch

Als ob es der Zufall so wollte, fiel kurz nach den heftigen Regenfällen in Zavelstein das Thema Starkregen ausgerechnet auf die jetzige Gemeinderatssitzung. Welche Gefahren bei Starkregen lauern und wie es Schutz gibt, erklärte ein Experte.

Bad Teinach-Zavelstein - Es war zu spüren im KoNi in Zavelstein. Der Schreck der Starkregenereignisse vom vergangenen Wochenende steckten der Verwaltung und dem Gemeinderat noch in den Gliedern.

Knapp 65 Liter Wasser pro Stunde und Quadratmeter hatte es über Zavelstein und Emberg ergossen, Sturzbäche rissen große Felsen mit. "Die waren so groß wie ein Stuhl", erinnerte sich Bad Teinach-Zavelsteins Bürgermeister Markus Wendel noch gut.

Doch die Regenüberlaufbecken haben das Geröll aufgefangen und so noch Schlimmeres verhindert. "Wir sind so gesehen noch glimpflich davongekommen, dass ›nur‹ Wasser herunterkam", erklärt der Rathauschef.

Doch ein solches Ereignis hätte es, so Wendel, wahrhaftig nicht gebraucht, um zu zeigen, wie wichtig das sogenannte Starkregenrisikomanagement ist. Logisch, dass das aktuelle Unwetter und die Sitzungsplanung thematisch passend sind, war schlicht Zufall.

Dennoch passte es, dass Kevin Knoche vom Büro "Klinger und Partner" die Ergebnisse vorstellte. Man hat das gesamte Stadtgebiet analysiert und Starkregengefahrenkarten erstellt. Wichtig dabei: Die Werte wurden nicht gemessen, sondern errechnet und modelliert.

Vor was wird geschützt?

Gerüstet sein will man in Bad Teinach-Zavelstein für ein außergewöhnliches – Achtung Verwaltungsdeutsch – Oberflächenabflussereignis. In konkreten Zahlen heißt das, dass man sich mit diversen Maßnahmen wie dem Bau von Regenrückhaltebecken, Gräben oder Staudämmen vor einem veritablen Wolkenbruch schützen kann, der circa 58 Liter pro Stunde auf den Quadratmeter niederprasseln lässt.

Vor allem die davon ausgehenden Folgen sind im Blick. Wie man am Samstag leidvoll erfahren musste, laufen dann Keller voll und ganze Straßenzüge stehen unter Wasser. "Es ist technisch fast unmöglich, sich vor einem Ereignis zu schützen, das mehr als diese Regenmengen verursacht", stellte Knoche klar. Zumal es im Schwarzwald mit den eng geschnittenen Tälern ohnehin eine Herausforderung darstellt, wuchtige Staubauwerke zu errichten.

Welche Bauten betroffen?

Aus städtischer Sicht sind vor allem sechs Gebäude (siehe Kartengrafik) besonders im Blickpunkt. Das Feuerwehrhaus und die Kirche in Rötenbach, weil dort das gleichnamige Gewässer vorbeifließt.

Auch das Freibad in Bad Teinach ist ein vulnerabler Punkt – fließt doch die Teinach genau daran vorbei, nicht nur bei Starkregen, sondern auch bei einem klassischen Hochwasser also ein Problem. Hier sollten vor allem die technischen Anlagen geschützt werden, auch um kostspielige Schäden zu verhindern.

Der Bauhof Sommenhardt könnte ein Dach über der Einfahrt vertragen, rät der Experte. Auch die St. Candiduskirche und der dazugehörige Friedhof im Stadtteil Kentheim sind vor Wassermassen nicht gefeit, auch wegen des naheliegenden Mittelbachs. Zwar gibt es hier schon Dammbalken, allerdings sollten die Schienen von Efeubewuchs befreit werden. Eine eher kleinere Handlungsempfehlung.

Auch die Mineralbrunnen AG ist mit ihrer großen Produktionsfläche und der direkten Lage an der Teinach ein Eldorado für sich aufstauendes Wasser. Hier brauche es aber keine weiteren Maßnahmen, so Knoche. Generell müsse man sich jetzt in einem nächsten Schritt über konkrete Vorkehrungen unterhalten – etwa neue Grobrechen für Kanäle, neue Rückhaltebecken oder ähnliches.

Was können Private tun?

Dass sich ein Privatmann freilich nicht ein Rückhaltebecken für zig Tausende Euro in den Garten stellen kann, leuchtet ein. Doch auch "mit Bordmitteln", wie es Bürgermeister Wendel ausdrückte, könnte für kleines Geld viel erreicht werden. Gerade Lichtschächte oder auch frei zugängliche Kellertreppen sollten abgedichtet werden. Notfalls mit Holzbrettern, das könne schon helfen.

Das Gute am jetzt erstellten Starkregenrisikomanagement und den dazugehörigen Gefahrenkarten: "Aufgrund dieser Datenlage können wir jetzt für jedes Haus im Stadtgebiet sagen, was bei Starkregen passieren kann", so Wendel. Deshalb wird es auch eine Infoveranstaltung am 10. November, ab 19 Uhr im KoNi, geben, wo nicht zuletzt Experte Knoche auf Gefahren und Schutzvorkehrungen eingehen wird.

Wie geht es nun weiter?

Allerdings erklärt Knoche auch, dass jetzt nicht schnell alles umgesetzt werden kann. "Starkregenmanagement ist eine Langzeitaufgabe", betont der Experte. Deshalb werden nun in einem nächsten Schritt auch die zahlreichen baulichen Möglichkeiten, die Knoche aufgezeigt hatte, detailliert betrachtet und auf Machbarkeit geprüft. Kurzfristige Dinge, etwa einen neuen Grobrechen für den Mittelbach, lassen sich schnell realisieren. Der kommt nämlich bereits in rund zwei Wochen.

Langfristig könnte man gar über ein Vorwarnsystem nachdenken, so Knoche, der aber einräumt, dass die wenigen Minuten, die das mit Blick auf Samstagnacht gegeben hätte, nicht viel ausgemacht hätte. Doch die Intention ist klar.

"Das war erst der Startschuss. Wir wollen das Sicherheitsniveau für alle Bürger erhöhen", schloss Wendel ab. Mit der Infoveranstaltung wolle man die "Privatbesitzer wachrütteln". Denn am Ende sei der Schutz vor Starkregen etwas, das alle angehe – Verwaltung und Bürger.

Spätestens seit den sintflutartigen Regenfällen vom Wochenende dürfte in Bad Teinach-Zavelstein jedem klar sein, wie dringlich dieses Thema ist. Auch der Gemeinderat sprach sich für eine Weiterverfolgung aus.