Nester von Mehlschwalben hängen an einem Haus. (Symbolfoto) Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Der ANV Weitingen versucht den starken Rückgang der Schwalben zu verhindern und ihnen beim Nestbau unter "die Arme" zu greifen.

Eutingen-Weitingen - In den vergangenen Wochen wurde eine Vielzahl von Schwalbennestern an potenziellen Hangplätzen montiert. Gelang es doch dem ANV-Vorstand Harald Dold Eigentümer von Gebäuden, an denen bereits in der Vergangenheit Schwalben nisteten oder versucht haben Nester anzubauen, diese von der Notwendigkeit und deren Nutzen zu überzeugen. An vielen Gebäuden konnte man Nestbauversuche oder Reste von abgefallenen Nestern feststellen, erklärt der Verein in einer Mitteilung.

Es drohen hohe Strafen

Bei manchen wurden wohl auch wegen den Verunreinigungen durch den Kot der Schwalben oder dem unglücklich gewählten Nistplatz, zum Beispiel über dem Hauseingang, nachgeholfen. Was viele nicht wissen, ist die Strafbarkeit dieser Aktion. Wichtig zu wissen sei in diesem Zusammenhang, dass das Zerstören der Nester und Eier mit bis zu 50.000 Euro Ordnungsgeld geahndet werden könne. Besetzte, wie auch leere Schwalbennester stehen daher unter Schutz. Für diesen Zweck wurden Gelder von der unteren Naturschutzbehörde und dem ANV bereitgestellt und Doppelnester für die Mehlschwalben beschafft.

Mehlschwalben sind sehr ortstreu: einmal gegründete und bewohnte Kolonien werden sehr lange genutzt, in manchen Fällen 60 bis 80 Jahre. Deshalb war es sinnvoll, gleich mehrere Nester nebeneinander anzubringen. Als Schwalbenstraße in Weitingen kann man die Weinbergstraße bezeichnen. Gibt es doch dort, wo der ANV-Vorstand aufgewachsen ist, "schon immer" Schwalben und deren Nester. Allein in der Weinbergstraße wurden zehn Doppelnester für die Mehlschwalben angebracht. War es doch früher für fast jeden geläufig, dass die Ankunft der Schwalben den Frühling ankündigen und man sagte, dass ein Haus, an dem die Schwalben ihre Nester bauen, vor Blitz und Feuer geschützt und das Vieh vor Krankheiten bewahrt war. Auch sagt ein altes Sprichwort: "Wo Schwalben nisten wohnt das Glück!"

Bauernregeln über Schwalben

Wer im Dorf aufgewachsen ist, weiß noch wie Dutzende oder sogar hunderte Schwalben Insekten jagten und Nester an den Hauswänden bauten oder im Kuhstall und ums Bauernhaus Tier und Mensch von den Insekten befreiten. Schwalben gehörten dort zum Landleben und hatten Einzug in die Bauernregeln. Diese besagt: "An Mariä Geburt (8. September) fliegen alle Schwalben furt" und "An Mariä Verkündigung (25. März) kommen die Schwalben wiederum."

Die Mehlschwalbe ist bei uns Sommerbotin, ihre Rückkehr läutet die warme Jahreszeit ein. Sie kommen meist erst ab den letzten Aprilwochen aus ihrem Winterquartier zurück und beginnen mit dem Nestbau und der Brutsaison. Die Brutdauer beträgt 14 bis 16 Tage, nach weiteren 23 bis 30 Tagen fliegen die Jungschwalben zum ersten Mal aus. Leider gibt es nur noch ganz wenig dieser Nester. Die Mehlschwalbe zählt zwischenzeitlich zu den gefährdeten Vögeln, ihr Bestand ist mit 44 Prozent abnehmend angegeben.

Mehrere Gründe für Rückgang

Die Hauptursachen für den Rückgang der Schwalben sind Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen, intensive Landwirtschaft mit fast insektenfreien Monokulturen und Insektengifte. Infolge der bereinigten und asphaltierten Landschaft finden die Mehl- und Rauchschwalben kein geeignetes Baumaterial zum Bau ihrer Nester. Da die renovierten Hausfassaden oftmals viel zu glatt sind und die Qualität des Lehms, wenn die Schwalben ihn überhaupt noch finden, sehr schlecht geworden ist, brechen die Nester frühzeitig weg.

Alles ist weniger anstrengend als ein neues Nest zu bauen: Immerhin braucht es dafür bis zu 1500 Lehmkügelchen, für die die Vögel in Pfützen oder an Gewässerrändern kleine Portionen Lehm im Schnabel zu Kugeln formen und einzeln zum Nistplatz transportieren.

Glücksbringer und Wetterboten

Schwalben sind Kulturfolger und auf die Nähe zum Menschen angewiesen. Ob unterm Dach oder im Stall: Früher gehörten die gern gesehenen Untermieter zum Inventar jedes guten Hauses. Als Glücksbringer oder Wetterboten haben sie unseren Sprachgebrauch geprägt wie kaum ein anderer Vogel. Im Volksmund ist die Schwalbe als Wetterprophet bekannt: Weltweit wird kein Vogel häufiger in die Haut gestochen. Seinen Ursprung hat das Schwalben-Tattoo in der Seefahrt. Matrosen und Seemänner verbanden mit dem Vogel Gefühl von Heimat und Hoffnung. Da Schwalben nie aufs offene Meer hinausfliegen, wussten die Männer bei ihrem Anblick immer, dass Land in der Nähe sein musste. So standen Schwalben-Tattoos zu jener Zeit für die Sehnsucht nach der Heimat und nach Freiheit.