Altes Paketpostamt: Hier sollen Sänger und Tänzer eine vorübergehende Bleibe finden. Foto:  

Das frühere Paketpostamt am Rosensteinpark soll für mindestens fünf Jahre als Ausweichquartier für Oper und Ballett während der Sanierung des Großen Hauses dienen. Dafür plädiert eine Mehrheit des Gemeinderats. Die CDU-Fraktion stellt aber eine Bedingung.

Stuttgart - Die Tendenz ist eindeutig: Nahezu alle maßgeblichen Fraktionen im Rathaus und die Intendanz der Stuttgarter Staatstheater sprechen sich für das frühere Paketpostamt an der Ehmannstraße als Interimsstandort für Oper und Ballett während der auf fünf Jahre taxierten Sanierung des Großen Hausesaus. Nach Informationen dieser Zeitung neigt auch das Land dieser Variante zu.

Ob damit die angekündigte Standortentscheidung am 27. November im Verwaltungsrat der Staatstheater gefällt werden kann, ist offen: Die CDU-Fraktion fordert vorher eine präzise Kostendarstellung für einen Interimsbau an allen drei Standorten, sonst würden die städtischen Unionsvertreter kein Votum abgeben. OB Fritz Kuhn (Grüne), dessen Zusage, eine „Kostenabschätzung“ bis zur Sitzung zu liefern, die CDU nicht zufrieden stellte, muss nun mit dem Land über eine mögliche Verschiebung der Entscheidung des Verwaltungsrats auf die übernächste Sitzung sprechen.

Der Eckensee ist endgültig aus dem Rennen

Zuvor hatte Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) nochmals die Vor- und Nachteile der drei zur Diskussion stehenden Standorte – neben dem Paketpostamt ein Areal beim Mercedes-Museum und den Eckensee im Oberen Schlossgarten – dargestellt. Deutlich wurde dabei nochmals, dass der von der Ratsmehrheit zur Prüfung frei gegebene Eckensee als „Gewässer- und Klimaschutzbiotop“ für die von Hitzestau geplagte City von größter Bedeutung ist. Zudem sei die Fläche zu klein, um neben der Spielstätte auch Werkstätten und Kulissenlager unterzubringen. Bekanntlich soll das alte Kulissengebäude an der Konrad-Adenauer-Straße abgerissen werden, um den Platzbedarf der Oper zu decken.

Auch der geschäftsführende Intendant der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, erklärte, die Prüfung habe ergeben, dass der Eckensee „nicht unproblematisch“ sei. Zudem sei die Akzeptanz des Standorts in der Stadt „nicht einhellig“. Hendriks: „Das wäre schwierig für uns.“ Er zeigte sich offen für den Standort Paketpostamt: „Der Standort enthält auch Chancen für uns.“

FDP: Bester Standort wurde frühzeitig „gekillt“ – OB Kuhn widerspricht energisch

OB Kuhn warb für das Areal an der Ehmannstraße, das von der Post an das Land vermietet ist und von der Stadt erworben werden soll. Er habe bei der Begehung nach anfänglicher Skepsis den Eindruck gewonnen: „Wow, was für ein starker Standort.“ Zwar müsse man die Zufahrten und Wegeverbindungen optimieren: „Aber ich sehe die Möglichkeit, es dort zu machen.“ CDU-Fraktionschef Alexander Kotz bedauerte, dass das Land die Variante Rotebühlkaserne „abgeblockt“ habe. Er verlangte vom OB ultimativ, vor der Entscheidung detaillierte Kostenaufstellungen vorzulegen.

Grünen-Fraktionschef Andreas Winter sagte, die Debatte um den Interimsstandort habe mitunter „absurde Züge“ angenommen, etwa bei der Debatte um die Verlegung oder den Abriss des Königin-Katharina-Stifts. Der Standort Ehmannstraße biete alles, um die Funktionalität von Oper und Ballett zu gewährleisten. Für die SPD erklärte Marin Körner, dass es zwar bedauerlich sei, dass es nicht gelungen sei, einen citynahen Standort zu finden: „Aus dem Paketpostamt können wir aber etwas machen. Die Oper am Park biete Chancen.“

Luigi Pantisano (SÖS/Linke-plus) ist zufrieden, dass das „Rummgeeier“ der anderen Fraktionen beim Thema Eckensee nun ein Ende habe. Jürgen Zeeb (Freie Wähler) verwies auf die Urheberschaft seiner Fraktion für den Vorschlag Paketpostamt, und Bernd Klingler (AfD) betonte, sein Fraktion werde den Standort Ehmannstraße positiv begleiten. Lediglich FDP-Stadtrat Michael Conz klagte, man habe den ursprünglich vorgeschlagenen Standort für ein Hybridgebäude (Konzerthalle plus Übergangsoper) auf dem S-21-Areal „frühzeitig gekillt“, weil man sich nicht damit befassen wollte. „Sie erzählen hier völlig falsche Dinge“, entgegnete Kuhn. Man habe das Areal „frühzeitig geprüft“, dann aber wegen des unsicheren Zeitplans beim Bau des Tiefbahnhofs und technischer Probleme verwerfen müssen.

Nun rätselt man im Rathaus noch, warum die CDU ihre Zustimmung zu dem auf 50 Millionen taxierten Interimsbau von einer detaillierten Kostenaufstellung abhängig macht. Bei anderen Großprojekten habe die Union Standortentscheidungen auch mitgetragen, ohne die exakte Kalkulation vorher zu kennen, heißt es aus der Stadtverwaltung.