Semere Yebio aus Ebingen ist Stammzellenspender für ein Mädchen aus Frankreich, das an Leukämie erkrankt ist. Foto: Yebio

Genau ein Jahr ist es her, dass Semere Yebio einem Mädchen in Frankreich das Leben gerettet hat. Mit seinem Knochenmark schenkte er seinem leukämiekranken genetischen Zwilling die Chance auf ein gesundes Leben.

Albstadt-Ebingen - "Ich bin glücklich, dass ich mit kleinem Aufwand ein Menschenleben retten durfte", sagt Semere Yebio aus Ebingen, der unter seinem Spitznamen Samy bekannt ist.

 

Im Dezember 2020 wurde ihm Knochenmark entnommen, das sein genetischer Zwilling, eine Jugendliche aus Frankreich, dringend gebraucht hat, um ihre Blutkrebserkrankung zu besiegen. Es gibt verschiedene Therapiearten, Leukämie zu bekämpfen, jedoch ist eine Stammzelltransplantation oftmals die einzige Chance auf Heilung. Eine Spende kommt nur dann infrage, wenn sich Empfänger und Spender genetisch sehr ähnlich sind – und das ist recht selten. Daher gibt es eine weltweite Datei, in der gewillte Spender vermerkt sind.

Keinen Augenblick gezögert

Der 31-Jährige erzählt, dass er sich vor zwölf Jahren bei einer Aktion der DKMS mit Sitz in Tübingen an seiner damaligen Berufsschule als Knochenmarkspender registrieren ließ. Es wurde ihm eine kleine Ampulle Blut abgenommen, die ausgewertet wurde. Seither ist er einer von elf Millionen Menschen weltweit, die in der Deutsche Knochenmarkspenderdatei registriert sind. Lange passierte nichts. Im Herbst 2020 erhielt er eine E-Mail der DKMS, dass er als Spender für ein Mädchen mit Blutkrebs in Frage komme. Seine Telefonnummer hatte sich in den vergangenen Jahren geändert, glücklicherweise ist seine E-Mail-Adresse, die er damals angegeben hatte, noch aktiv. "Ich habe schon vergessen, dass ich registriert bin, und habe nicht gedacht, dass sich nach so langer Zeit noch jemand meldet", sagt Samy. Dennoch hat er keinen Augenblick gezögert: "Mein erster Gedanke war, dass ich da sofort dabei bin."

In den darauf folgenden Wochen musste sich Samy in der Uniklinik Tübingen einigen Blut- und Gesundheitschecks unterziehen, im Dezember 2020 erfolgte dann die Stammzellenentnahme. Es gibt zwei verschiedene Methoden, Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme, wie sie bei Samy vorgenommen wurde, und die Knochenmarkentnahme. Ähnlich wie bei einer Blutspende wird bei einem ambulanten Krankenhausaufenthalt ein Zugang in beide Armvenen gelegt; der Vorgang dauert etwa vier bis fünf Stunden. "Danach war ich aber platt", erzählt Samy.

Starke Rückenschmerzen

Das Schlimmste für den 31-Jährigen war allerdings die Vorbereitung. Eine Woche lang musste er sich täglich mehrmals ein Medikament spritzen, das für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und deren Ausschwemmung in die Blutbahn sorgt. "Ich arbeite zwar im Tattoostudio, aber ich hasse Nadeln", sagt Samy und lacht. Das Medikament habe ihn müde gemacht, während der Stammzellenentnahme habe sein Rücken stark geschmerzt. "Aber das war es mir wert, ich wusste ja, wofür ich das mache."

In etwa 20 Prozent der Stammzellenspenden wird die alte Methode, die Entnahme über das Knochenmark angewandt. Dies geschieht in der Regel stationär und unter Vollnarkose.

"Ich würde es auf jeden Fall wieder machen und möchte andere ermutigen, sich bei der DKMS zu registrieren", betont Samy. Eine Registrierung geschieht entweder über Aktionen oder über Testkits, die man über die DKMS bestellt. Eine Registrierung ist kostenfrei, die Organisation wird über Spenden finanziert.

Kamerateam in Albstadt

Kürzlich besuchte ein Kamerateam Samy in Albstadt, das ihn für einen Werbefilm der DKMS begleitete. Gedreht wurde an seinem Arbeitsplatz und wie er gemeinsam mit Freunden in einer Bar Spaß hat. Nebenbei erzählte Samy vor der Kamera seine Geschichte. Das Interview wird auf dem Instagram-Kanal der DKMS und auf Youtube veröffentlicht werden.

"Bei den Registrierungen ist noch viel Luft nach oben", weiß Samy. Jeder Registrierte steigere die Chance für einen an Leukämie erkrankten Menschen, seinen Lebensretter zu finden. Jährlich erhalten etwa 12 000 Menschen in Deutschland die Diagnose Blutkrebs. Gerade bestimmte Bevölkerungsgruppen seien in der Datei schwach vertreten – doch die Diagnose treffe jeden, egal welches Geschlecht, Alter oder welche Hautfarbe.

Wie es dem erkrankten Mädchen heute, ein Jahr nach der Stammzellentransfusion geht, weiß Samy nicht. Patient und Spender werden anonym behandelt. "Ich hätte mich gefreut die Person zu sehen, aber Hauptsache ich durfte meinen Beitrag leisten", sagt Samy.