Vertreter des städtischen Gewerbes haben mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Yannick Bury (Zweiter von links) und Bürgermeister Philipp Saar (rechts) über die Zukunft des Einzelhandels in Haslach diskutiert. Foto: Kleinberger

Erst kam Corona, dann die Energiekrise: Der Einzelhandel in Deutschland hat seit Jahren mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Um Innenstädte attraktiv zu halten, braucht es daher Strategien. Darüber wurde jetzt in Haslach diskutiert.

Haslach - "Wir befinden uns im Dauerkrisenmodus", befand Martin Schwendemann, Geschäftsführer des Haslacher Handels- und Gewerbevereins, bei einem Pressegespräch am Dienstagvormittag. Gemeinsam mit Vertretern des örtlichen Handels, Handwerk und der Gastronomie diskutierten der Geschäftsführer und Bürgermeister Philipp Saar die aktuellen Rahmenbedingungen mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Yannick Bury.

Dass die Innenstädte insgesamt immer schwächer würden, sei auf ein allgemeines Strukturproblem zurückzuführen, konstatierte Schwendemann. "Die Krisen wirken dabei als Brandbeschleuniger." Wichtig sei es, dieser Entwicklung gegenzusteuern und die Innenstädte so lebendig und attraktiv wie möglich zu halten. Das, so waren die Diskutierenden sich einig, sei ein Prozess, der für jeden Ort individuell ablaufen müsse. "Aber es bringt auch nichts, zu sagen ›hier läuft es ja noch besser als in anderen Gemeinden‹ – und dann nichts zu tun", so Schwendemann.

Die Mischung macht’s

Eine Erkenntnis aus Haslach: Ein Gesamtkonzept macht’s. So befinden sich in der Innenstadt überwiegend inhabergeführte Geschäfte – "Wir sind immer noch eine Textil- und Schuhhochburg", sagte Schwendemann nicht ohne Stolz – die von 20 Gastronomien in ganz Haslach flankiert werden. Familienbetriebe bergen aber auch ein Risiko: "Der große Schlag kommt mit dem Generationenwechsel", wusste Schwendemann. Der HGH tue aber alles, was ihm möglich sei, um die Innenstadt attraktiv zu halten.

Dazu ist Haslach beispielsweise auch dem IHK-Innenstadtbündnis beigetreten und hat mit Frequenzmessgeräten und Umfragen sowie Schwachpunktanalysen den aktuellen Stand abgefragt. Erfreulich sei, dass Haslach bei der Kundenzufriedenheit in ganz Baden-Württemberg recht weit oben gelandet sei, berichtete Schwendemann. In Arbeitsgruppen werde nun auf Basis der Analysen ein "Generalplan" für die kommenden vier bis sechs Jahre erarbeitet.

"Es geht darum, wie wir Boden halten können. Denn Boden gewinnen wird schwierig", sagte Schwendemann. Dahingehend sei der HGH aber recht zuversichtlich. Denn in Haslach gebe es eine gute Struktur: Die Betroffenen – die Händler, Gastronomen oder Handwerker – könnten selbstständig handeln. Diese Struktur gelte es zu erhalten.

Energiekrise hält das Gewerbe in Atem

Den Handelnden vor Ort weiterhin zu ermöglichen, dies tun zu können, sei Aufgabe der Politik, befand Bury. In der aktuellen Situation gehöre dazu auch die Frage, welche Signale diese an die Bevölkerung sende. Denn in Zeiten der Energiekrise und explodierender Kosten würden Privathaushalte wie Betriebe von Unsicherheiten gebeutelt. Planungssicherheit gebe es kaum. "Verunsicherung ist das größte Gift", pflichtete Saar ihm bei. Jeder stelle sich im Grunde aktuell die Frage, wie es weitergehe – und nur mit einer funktionierenden Wirtschaft könnten die Kommunen überhaupt die vor ihnen liegenden Herausforderungen meistern. "Ich mache mir große Sorgen, wenn die Diskussionen nicht so langsam ein Ende finden und Ergebnisse kommen", sagte Saar mit Blick nach Berlin. Wie Bury kritisierte er deutlich, dass die Ampel-Koalition sich bei vielen wichtigen Fragen derzeit auf Kosten der Bürger im Kreis drehe.

Info: Sicherheit

Es sei wichtig, den Bürgern ein Gefühl von Sicherheit zu geben, waren sich die Gesprächsteilnehmer ähnlich. Doch wie soll das funktionieren? Der Knackpunkt sei der Energiepreis, sagte Yannick Bury. "Die vielen Unklarheiten schaffen Unsicherheit", erklärte er mit Blick auf die Strom- und Gaspreisbremse. Ohnehin sei über den Sommer sehr viel Zeit "vertrödelt" worden. "Diese Zeit wäre nötig gewesen, um die Preisbremsen bereits zu Beginn der Heizperiode zu bekommen", kritisierte er. Jetzt müsse klar kommuniziert werden, wer wann welche Hilfe bekomme. Saar ergänzte, dass auch die Stadtwerke noch keine näheren Infos hätten, die sie an die Bürger weitergeben könnten. "Das schafft nicht gerade Vertrauen in die staatlichen Institutionen." Und dass das nicht im Sinne der Politik sein könne, darin waren sich alle einig.