Chris-Lara Lieb (Mitte) und ihre Eltern. Foto: Meinert

Frauen dringen immer mehr in einstige „Männerberufe“ vor. Doch alles in allem ist das Handwerk auch heute noch eine Domäne der Männer. Warum ist das so? In Freudenstadt stellt sich jetzt eine Elektronikerin vor.

Chris-Lara Lieb hat ein offenes Lächeln, ist 26 Jahre alt, kommt aus Freudenstadt und ist auf einem Bauernhof mit Milchvieh großgeworden. Doch der Beruf, den sie sich gewählt hat, hat mit Landwirtschaft ganz und gar nichts zu tun – und ist zudem ein Beruf, der nach wie vor von Männern beherrscht wird.

 

Lieb ist Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik, angestellt bei den Stadtwerken Freudenstadt. Das ist ein Beruf, in dem Frauen in der Tat noch heute eine Rarität sind. „Sie war die erste weibliche Bewerberin, die wir je hatten“, sagt Peter Günther, Geschäftsführer der Stadtwerke. „Und seitdem hatten wir leider auch keine weibliche Bewerberin mehr“, meint er. „Es gibt einfach keine Frauen, die sich für den Beruf interessieren.“

Von klein auf werden Mädchen anders behandelt als Jungen

Vieles hänge eben mit der Erziehung und der Sozialisation von Mädchen zusammen, dass Mädchen von klein auf an anders behandelt werden als Jungen, versucht Günther zu erklären. Lieb lächelt, während er das sagt.

Und die Eltern, was meinten die damals zur Berufswahl? „Wir haben da eigentlich niemals mitgemischt“, so die Mutter. Zeitweise wollte die Tochter auch Fitnesstrainerin werden oder etwas mit Tieren machen – Jugendträume würde man im Nachhinein sagen.

Die Veranstaltung in der historischen Schalterhalle der Stadtwerke, bei der die junge Elektronikerin vorgestellt wird, ist von der Frauen Union der CDU organisiert. „Frauen können! Auch Handwerk! Schau’s dir an!“, heißt das Motto. Ziel ist es, die geschlechtsspezifische Zuordnung von Berufen aufzubrechen. Damit junge Frauen nicht vor allem „in Pflegeberufe gedrängt werden“ oder in andere vermeintlich „weibliche Berufe“, meint eine der Anwesenden. Bei vorigen Veranstaltungen waren eine Bäckerin und eine Schornsteinfegerin zu Gast.

Mit dem Handwerk schon früh in Berührung gekommen

Mit dem Handwerk sei sie schon früh in Berührung gekommen, meint Lieb: „Auf dem Bauernhof gibt es halt immer etwas zu schrauben und zu reparieren.“ Da gibt es auch Traktoren und Technik. Natürlich habe sie als Kind auch mit Puppen gespielt, aber das Schrauben, das Handwerkliche und das Technische habe sie irgendwie gereizt.

Nach der Hauptschule habe sie die Realschule und das Berufskolleg besucht, anschließend ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert und dann die Ausbildung am Krankenhaus Freudenstadt begonnen. Diese Ausbildung habe aber „nicht funktioniert“, da habe sie zu den Stadtwerken gewechselt und dort 2021 ihre Ausbildung schließlich beendet.

Als Frau hat man es auf der Baustelle mitunter schon etwas schwer

Der Berufsalltag ist vielfältig, oftmals geht es um Anschlüsse für Wasser, Strom und Gas, da sitzt die junge Frau nicht nur am Schreibtisch, muss raus auf Baustellen, muss sich mitunter in enge Leitungskanäle zwängen, wird dabei auch schmutzig. Doch mit einem Lächeln macht Lieb klar, dass ihr das nichts ausmacht.

Als Frau habe man es allerdings auf der Baustelle schon mitunter „etwas schwer mit den Jungs“, sagt sie. Da gehe es eben häufiger mal recht laut zu. „Aber ich schreie nicht“, sagt sie, „das mache ich nicht gerne.“ Und die Pläne für die Zukunft? Ja, die habe sie schon. Und fügt hinzu: „Vielleicht würde ich noch gerne die Meisterprüfung machen.“