Die moderne Stadtentwicklung fängt in den Quartieren an. Foto: Mierendorf

Die private Wohnungswirtschaft hofft auf finanzielle Unterstützung beim Stadtumbau West.

Stuttgart - Wie die Stadt von morgen aussehen könnte, darüber herrschte weitgehend Einigkeit beim Kongress zum Thema Stadtumbau West in Stuttgart, zu dem der Vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen und die L-Bank jetzt Experten aus den Bereichen der Wohnungswirtschaft und der Stadtplanung eingeladen hatte. Wie allerdings eine zukunftsfähige Stadtentwicklung finanziert werden soll, ist nach wie vor ungewiss. Einig waren sich die Teilnehmer aber darin, dass ohne staatliche Förderung die Wohnungsentwicklung in den Städten mit dem demografischen Wandel, dem wirtschaftlichen Strukturwandel und der ökologischen Neuausrichtung langfristig nicht Schritt halten könne.

Denn trotz des von Experten für Baden-Württemberg erwarteten leichten Bevölkerungsrückgangs bis 2025 sei in den nächsten Jahren von einer stabilen beziehungsweise wachsenden Wohnungsnachfrage auszugehen, heißt es in einem Positionspapier des Vbw. Zudem komme es angesichts der ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele in Deutschland und Baden-Württemberg auf allen Ebenen auf eine intelligente Flächenpolitik und ein nachhaltiges Flächenmanagement an. Das erfordere eine interdisziplinäre, integrierte und zukunftsgerichtete Herangehensweise, so Vbw-Präsident Gerhard A. Burkhardt. Dazu zähle zum Beispiel die Innenentwicklung, die darauf ausgerichtet sei, die Baulandpotenziale im Bestand zu mobilisieren, indem die Nachverdichtungspotenziale oder Baulücken von aufgegebenen Industrie- und Gewerbestandorten genutzt würden. Dazu sei aber ein gesamtstädtisches Flächen- und Baulückenkataster erforderlich, das die Baulandpotenziale differenziert nach Planungsstand, Erschließungszustand, eigentumsrechtlicher Situation und Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer, Bodenordnungsbedarf sowie Entwicklungspotenzial erfasst und bewertet.

Für Robert an der Brügge sind die Städte auch nach 40 Jahren Förderung noch nicht fertig. Nach Ansicht des Verbandsratsvorsitzenden des Vbw werden sich die Wandlungsprozesse in der Gesellschaft angesichts der angestrebten Klimaschutzmaßnahmen extrem beschleunigen und die Rahmenbedingungen für die Förderung neu definieren. Allerdings sei die zunehmende Privatisierung von Wohneigentum bei den Gebietskörperschaften kein Allheilmittel, kritisierte der Verbandsratsvorsitzende auf dem Vbw-Kongress. Für an der Brügge ist der betriebswirtschaftliche Erfolg eines Wohnungsunternehmens durchaus auch mit der Orientierung am Gemeinwohl verbunden, weshalb für die Wohnungswirtschaft ein gesundes Quartier- und Sozialmanagement genauso wichtig sei wie die Miethöhe. Der Vbw-Verbandsratsvorsitzende bemängelte dabei den immer enger werdenden Handlungsspielraum der Wohnungsunternehmen durch überzogene Standards bei der energetischen Sanierung, der restriktiven Auslegung des Mieterschutzes und den Kürzungen bei den Fördermitteln. "Diese Entwicklung schadet langfristig der Stadtentwicklung", so an der Brügge.

"Fehler, Städtebauförderung zu kürzen"

Für Gerhard A. Burkhardt "ist es daher ein großer Fehler, dass die Bundesregierung die Städtebauförderung kürzt". Gerade Förderprogramme würden die Menschen in den Quartieren und die lokale Wirtschaft, zu denen auch die Wohnungsunternehmen gehörten, sowie die Sozialverbände und Kirchen in die Projektdiskussion einbinden. "Die Kürzungen sind schlecht für den sozialen Ausgleich und die Integration von Migranten", kritisierte Burkhardt. Das Ziel müsse daher sein, insgesamt eine gute Mischung baulicher, sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Substanz zu bieten, sagt der Vbw-Verbandspräsident. Stadtentwicklung und Stadterneuerung eigneten sich hervorragend zur Bündelung von Lösungsansätzen aus unterschiedlichen Ressourcen, Zuständigkeiten und Politikfeldern, da sich in der gebauten Umwelt der Kern des Zusammenlebens fokussiere. "Dort wo städtebauliche Funktionsverluste durch demografische und wirtschaftliche Strukturveränderungen spürbar werden, sind der Stadtumbau und auch der Rückbau gefragt", so Burkhardt weiter. Für Dr. Bernd Hunger vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen könnten durch den Stadtumbau West auch die vielfältigen städtischen Missstände abgestellt werden. Allerdings bestehe ein Widerspruch hinsichtlich des städtebaulichen Qualitätsanspruchs, die Innenstädte zu reparieren und gleichzeitig für sozialen Wohnraum zu sorgen. Diese doppelte Aufgabe werde in Zukunft noch stärker in den Blickpunkt rücken, so Hunger, der ohne die öffentliche Förderung dafür aber keine Chance sieht.