Das Thema Organspende ist nach wie vor umstritten – auch am Samstag auf dem Schlossplatz in Stuttgart. Foto: dpa

Der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, besucht mit seiner baden-württembergischen Kollegin Katrin Altpeter den Tag der Organspende auf dem Schlossplatz. Beim StN-Stadtschreibtisch sind Autorin Angela Mohr und Transplantationskoordinator Martin Kalus zu Gast.

Stuttgart - Reinhold Zech wartet. Seit fünfeinhalb Jahren steht der Ex-Fußball-Profi, der in den 1970er Jahren für den VfB Stuttgart aufs Leder trat, auf der Warteliste von Eurotransplant. Sein Herz ist krank. Es schlägt mittlerweile nur noch mit 15 Prozent der Leistungsfähigkeit eines gesunden Herzens. Erst vor zwei Wochen kollabierte der ehemalige Leistungssportler und kam mit dem Notarzt in die Klinik. Seinen 66. Geburtstag feierte er dort, dieser Tage durfte er wieder nach Hause. Und ist am Telefon schon wieder gut gelaunt. „Man muss sich mit der Situation arrangieren“, sagt Zech mit fester Stimme. „Anders geht es nicht.“

Sein Schicksal teilt der Ex-Sportler mit 270 schwerkranken Menschen in Stuttgart, deren Leben am seidenen Faden hängt. Sie alle warten sehnlichst auf den rettenden Anruf, der ihnen mitteilt, dass ein passendes Organ für sie gefunden wurde. Und das Warten endlich ein Ende hat.

Keine allzu große Freude dürfte den Betroffenen diese Zahl bescheren: 98. So viele Organe konnten die Ärzte in ganz Baden-Württemberg im vergangenen Jahr verpflanzen. Ein historischer Tiefstand. Im Jahr 2010 lag dieser Wert noch bei 134.

Dieser Rückgang lässt auch Martin Kalus nicht ruhig schlafen. Der Transplantationskoordinator am Klinikum Stuttgart sieht die Entwicklung mit großer Sorge: „Wir müssten an jedem Werktag eine Niere transplantieren, um allen Nieren-Patienten helfen zu können.“ Fakt ist, dass das Team am Klinikum Stuttgart im Schnitt nur 1,5 Nieren verpflanzt – in der Woche.

Tag der Organspende auf dem Schlossplatz und in der Königsstraße

Nicht zuletzt deshalb veranstaltet die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Pfingstsamstag den Tag der Organspende auf dem Stuttgarter Schlossplatz und der Königstraße. Zum Auftakt laden die Veranstalter um 10:30 Uhr in die Domkirche St. Eberhard zum ökumenischen Dankgottesdienst. Er trägt ein Zitat aus dem Mätthaus-Evangelium als Motto: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“

An Infoständen und mit Aktionen auf der Königstraße will die DSO die Menschen zwischen 10 und 18 Uhr umfassend über das Thema informieren. Axel Rahmel ist der medizinische Vorstand der DSO und pocht auf Aufklärung. Ihm ist es sehr wichtig, „dass sich die Menschen eine Meinung zur Organspende bilden, diese mit den Angehörigen besprechen und am besten gleich dokumentieren.“

Begleitet von ARD-Moderator Dennis Wilms beginnt um 12 Uhr das Programm auf der Live-Bühne, die in Höhe des Schlossplatzes auf der Königstraße stehen wird. Den Anfang machen der Bundesminister für Gesundheit Hermann Gröhe (CDU), die baden-württembergische Landesministerin für Arbeit, Soziales und Familie Katrin Altpeter (SPD) sowie Werner Wölfle (Grüne), Stuttgarts Bürgermeister für allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser.

Zwischen den darauf folgenden Gesprächsrunden treten auf der Bühne Künstler wie Laith Al-Deen, Edo Zanki, Sydney Youngblood und Mary Roos auf.

Zwei Gäste beim Stadtschreibtisch

Nebenan im Buchhaus Wittwer begleiten die Stuttgarter Nachrichten das Thema mit einer Veranstaltung am Stadtschreibtisch. Um 15:30 Uhr wird dort die gebürtige Stuttgarterin Angela Mohr aus ihrem Roman lesen - Titel: „Vergiss nicht, dass Du tot bist.“ Darin schreibt sie über ein junges Mädchen, das nur dank eines gespendeten Herzens überlebt, doch kurz darauf von unheimlichen Ängsten heimgesucht wird. Anschließend stößt Martin Kalus zur Diskussion. Der Transplantationskoordinator wird das Thema weniger von der literarischen, dafür mehr von der fachmännischen Seite beleuchten: Er arbeitet seit über 20 Jahren in diesem Beruf.