Unter der Leitung von Dietrich Schöller-Manno hat die Arcademia Sinfonica die Zuhörer in der Stadthalle begeistert. Foto: Szymanski

Die Arcademia Sinfonica sorgte in der Balinger Stadthalle für ein "märchenhaftes" Konzert.

Balingen - Sagenhaft dieser Abend in der sehr gut besuchten Stadthalle. Denn die Arcademia Sinfonica hat zum Saisonauftakt Stücke zum Thema Märchen sowie Tondichtungen von Humperdinck, Rimskij-Korsakov und Dvorak erarbeitet.

Dafür hat das Orchester unter Leitung von Dietrich Schöller-Manno aber nicht mitsummbare Ohrwürmer der Klassik wie den "Hummelflug" von Rimskij-Korsakov oder das "Abendlied" von Humperdinck aus Hänsel und Gretel ausgewählt, sondern weniger bekannte Werke: vertrackt und komplex, mit hohen Ansprüchen an das Ensemble und die Hörbereitschaft der Zuhörer.

Trampeln und Klatschen

Das Orchester und seine vielen jungen Musiker sowie Profis haben sich auch an diesem Abend selbst gefeiert mit Trampeln und Klatschen, aber auch das Publikum belohnt die Strahlkraft, Fülle und Dynamik dieses großen Orchesters mit kräftigem Beifall. Einfach packend und mitreißend wie stets präsentieren sie sich: ein virtuoses Getöse, dem sich niemand entziehen kann.

Außer vielleicht Roxie Eppler, eine Schülerin der ersten Geigerin Stella Manno-Fumey. Das Mädchen überreichte ihr strahlend eine rote Rose meinte jedoch auf die Frage, ob ihr es gefallen habe: "Naja, geht so." Dabei meinte die begeisterte Nachwuchsgeigerin beileibe nicht die instrumentalen Leistungen, sondern eben die kantige Auswahl wie zu Beginn das Vorspiel zum zweiten Akt der Oper "Königskinder" – "Hellafest und Kinderreigen" – von Humperdinck. Oder ein eher sonniges Werk von Rimskij-Korsakows Skaska opus 29 für großes Orchester, aber ohne wirkliche Handlung.

Dunkel wird aufgehellt

Hineingelockt wird der Zuhörer zunächst mit Düsternis, bevor die Geigen mit kühner Harmonisierung auftreten, aber auch die Querflöten mit verführerischen Tönen dieses Dunkel aufhellen. Höchst erregt sind bei diesem Stück die Posaunen. Sie gebärden sich wie jene von Jericho. Mauern fallen jedoch nicht ein, sondern überbrücken eine Pause, bis zur vollen Entfaltung und glanzvollem Gestus das ganze Orchester mitspielt und sich dabei melodramatische Entwicklungen zeigen. Zarte Töne sind zu hören, Pizzicati der Geigen, herausgespielte Scherze, mitunter jenseits der Tonalität, aber nicht jenseits des musikalischen Gerüsts des russischen Komponisten.

Es gibt keine Erholung: Es folgt der "Hexenritt" aus Humperdincks Hauptwerk Hänsel und Gretel. Jetzt erfüllt ein Tosen die Stadthalle. Kühne Harmonisierungen, aber auch viele Asymmetrien erzeugen Spannung bis hin zu einem traumhaft schönen Abschluss, der sich so verliert im Saal, als flimmerten die Töne direkt aus dem Orbit. Dieser große, spielfreudige, fein abgeschmeckte und präzise arbeitende Klangkörper buchstabiert die Einfälle und Wendungen dieses Werks bis ins Detail. Es gibt zunächst eine Pause und ein Atemholen, dann feiern vor allem die Geiger diesen gelungenen "Hexenritt" mit Jubeln und Fußtrampeln, und dann erst donnert der Applaus aus dem Auditorium. Und wieder Tragik: die Tondichtung "Der Wassermann" von Dvorak. Nun haben die Harfe und die Fagotte aber auch die Hörner wichtige und lyrisch aufblühende Entwicklungen dieser Ballade als Aufgabe.

Spielfreude und Präzision

Zum guten Schluss dann noch einmal Dvorak und seine Tondichtung "Die Mittagshexe", die nachgerade tragisch endet ähnlich der Ballade "Erlkönig" von Goethe. Beeindruckend, wie sensibel die Arcademia Sinfonica hier vorgeht. Wie sie melodramatisch untermalt, verdunkelt, abschweift oder wie sie zur vollen und unmittelbar berührenden Strahlkraft diese Dichtung musikalisch nachzeichnet. Es gibt für diese Leistungen langanhaltenden kräftigen Beifall und drei Zugaben. Auch die Musiker feiern sich und ihren temperamentvollen und präzisen Leiter, Dietrich Schöller-Manno, zu Recht: einfach märchenhaft.