Das Moscheeprojekt in der Göldenbühlstraße kann voraussichtlich nicht realisiert werden. Darüber zeigten sich die Initiatoren des Vorhabens schwer enttäuscht. Foto: Elke Reinauer

Groß war die Hoffnung des Vereins Trossinger Bildungs- und Begegnungsstätte, in Trossingen eine Moschee bauen zu können. Nun ist die Enttäuschung groß, dass der Gemeinderat diesem Vorhaben einen Riegel vorgeschoben hat.

Die Entscheidung des Gemeinderats hat beim Verein Trossinger Bildungs- und Begegnungsstätte für großes Entsetzen gesorgt. „Wir können das überhaupt nicht nachvollziehen“, sagte Mujahid Kahf als dessen Sprecher.

 

Aus heiterem Himmel

Wie berichtet, hatte der Gemeinderat mit seiner Entscheidung vom Montag verhindert, dass an der Ecke Ernst-Haller-Straße/Göldenbühlstraße eine Moschee gebaut werden kann. Mit der kurzfristigen Änderung des Bebauungsplans soll dort künftig nur noch Wohnbebauung möglich sein. Begründet wurde die Entscheidung mit der Maßgabe, die Innenverdichtung in Trossingen voranzutreiben – also im bestehenden Stadtgebiet mehr Wohnungen zu schaffen.

„Da wurde hinter den Kulissen offensichtlich viel geredet“, sagte Kahf mit Blick auf eine Entscheidung, die den Verein aus heiterem Himmel getroffen habe, wie der Trossinger Arzt sagte. Ihm wie seinen Mitstreitern waren jene Vorwürfe nicht entgangen, die in den vergangenen Wochen in Trossingen in verschiedenen Kanälen erhoben wurden. Zu Milli Görüs habe es Verbindungen gegeben, sagt Kahf, mit Blick auf den baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht von 2011. Dort war sein Vater namentlich aufgeführt, dass er „im Bereich der Jugendbildung der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) aktiv“ gewesen sei. Seinerzeit wertete der Verfassungsschutz Milli Görus als eine Organisation, die eine auf dem Islam basierte gerechte Ordnung anstrebe und alle anderen politischen Systeme ablösen wolle. Nach außen moderat und dialogbereit, heißt es im Verfassungsschutzbericht, nach innen aus dem islamischen Recht abgeleiteten Normen verpflichtet, so die Einschätzung des baden-württembergischen Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2011.

Vortrag bei Milli Görüs

Er und sein Vater hätten bei Milli Görus Vorträge gehalten, sagte Kahf, doch sei das auch auf Bitte von anderen Organitionen geschehen. Kahf betonte, dass man damit nicht alle Ziele von Milli Görus teile. „In den Vorträgen haben wir über unsere Ziele gesprochen“, sagte er. „Wir wollen deradikalisieren“, so der Trossinger.

In Deutschland verwurzelt

Der Verein sieht sich nun in eine Ecke gedrängt, in der sich dessen Mitglieder selbst nicht sehen. „Wir sind gläubige Muslime, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“, betont Mujahid Kahf und erneuert damit eine Aussage, die sein Vater im Namen des Vereins in einem Interview mit unserer Redaktion getätigt hatte. Von der Stadt fühle man sich ungerecht behandelt. „Warum wurden wir nicht in die Sitzung eingeladen, um unser Projekt zu erläutern?“, fragt Kahf. So gehe man nicht miteinander um.

Nur als Mediziner willkommen

Kahf verweist im Gespräch zudem darauf, wie tief er und sein Vater in Deutschland verwurzelt seien. Als Mediziner sei man höchst willkommen („Wir decken ein Drittel der ärztlichen Versorgung in Trossingen ab“), als Gläubiger erfahre man Ablehnung. „Das enttäuscht uns zutiefst“, sagt der Arzt, der auch in Tuttlingen eine Praxis betreibt.

Ob sich der Verein gegen die Änderung des Bebauungsplans wehren werde, müsse noch besprochen werden, sagt der Facharzt für Allgemeinmedizin. Rechtlich gesehen hat der Verein die Möglichkeit, gegen die Änderung des Bebauungsplans vorzugehen. Ein Bebauungsplan kann grundsätzlich im Rahmen der Normenkontrolle überprüft werden. Nach der Verkündung des Bebauungsplans hat ein Bauherr die Möglichkeit, gegen einen Ablehnungsbescheid Widerspruch einlegen. Der Rechtsweg über das Verwaltungsgericht ist dann möglich.

Ob es freilich so weit kommt, steht für die Moscheeinitiatoren derzeit noch nicht fest, zumal Klagen dieser Art tendenziell wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Klage möglich

Aktuell überwiegt die Enttäuschung über das geplatzte Bauprojekt. Der Standort an der Ernst-Haller-Straße sei für den Verein ideal gewesen, weil er fußläufig zu erreichen sei, sagte Kahf. Sorgen, die Parksituation dort hätte sich chaotisch entwickeln können, trat Kahf entgegen. Viele wären seiner Einschätzung zufolge ohnehin zu Fuß in die Moschee gekommen. Auch die Sorgen der Anwohner im Hinblick auf eine erhöhte Lärmbelästigung kann Kahf nicht teilen.

Mit Entscheidungen dieser Art fördere man Parallelgesellschaften, ärgert sich der Trossinger: „So werden Muslime doch nur in irgendwelche Hinterhofmoscheen gedrängt.“