Der vordere Glasteil des ehemaligen EnBW-Gebäudes könnte abgerissen, der hintere Teil hingegen erhalten werden. Foto: Reiß und Co.

Eine Einigung mit der Stadtverwaltung scheint in Aussicht. Der ehemalige Sitz des Energieunternehmens EnBW an der Kriegsbergstraße wird wohl nur teilweise abgerissen – der Neubau der Lederer-Architekten soll erhalten werden.

Stuttgart - Moderne Büros oder bis zu 250 Wohnungen in einem stadtbildprägenden Gebäude, davor ein neues Hotel in direkter Nähe des Hauptbahnhofs – so könnte es an der Kriegsbergstraße bald aussehen. Nach Informationen unserer Zeitung scheint eine Einigung zwischen den Eigentümern der ehemaligen EnBW-Zentrale und der Stadtverwaltung in greifbarer Nähe zu sein.

Der Streit um den Gebäudekomplex zwischen Kriegsberg-, Goethe-, Jäger- und Ossietzkystraße, die ehemalige Zentrale der EnBW (Energie Baden-Württemberg), hat hohe Wellen geschlagen. Als die Nachricht von einem möglichen Abriss der Immobilie im Sommer die Runde machte, entspann sich eine Grundsatzdebatte um den Erhalt architektonisch bedeutsamer Gebäude in der Landeshauptstadt. Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) lobte die Architektur der Gebäude und sprach sich mit Unterstützung aus Architektenkreisen und weiten Teilen der Lokalpolitik gegen den drohenden Abriss aus. Doch dabei wurde kaum erwähnt, dass dem neuen Eigentümer – dem Immobilieninvestor Reiß und Co. Real Estate aus München – für die Immobilie bereits seit Februar 2016 die Zustimmung der Stadt für einen Abriss vorlag. Die Auseinandersetzung war besonders brisant, da es am Ende um die erlaubte Ausnutzung des Grundstücks und somit um die Wirtschaftlichkeit des gesamten Bauprojekts ging.

Beim Bau der ehemaligen Firmenzentrale wurde nicht gespart

Ein Teil der Aufregung wird bei einer Betrachtung der Gebäude verständlich. Das Innere des Lederer-Neubaus aus dem Jahr 1996, dem Teil der zur Jägerstraße gerichtet ist, zeugt vom Status und Selbstverständnis der EnBW zur damaligen Zeit. Nur hochwertigstes Material wurde verbaut – selbst in den Nottreppenhäusern finden sich Designerleuchten und massive Granitstufen bis ins zweite Untergeschoss. In der zwanzig Jahre alten Tiefgarage fänden selbst neuste Geländewagen Platz. Es gibt eine eigene Waschstraße im Parkhaus, sämtliche Büros sind mit Echtholz ausgekleidet, die Maserung läuft über die Fugen der Bretter hinweg. Kurz gesagt: es wurde beim Bau nicht gespart. Rund 50 Millionen Euro hat der Bau Mitte der 1990er Jahr gekostet.

Die aktuellen Pläne des Münchner Investors sehen nun den Erhalt dieses preisgekrönten Bauwerks vor. „Wir versuchen bei unserer derzeitigen Planung dem Wunsch der Stadt zu entsprechen, die sich klar für den Erhalt dieses Bauteils ausgesprochen hat“, berichtet Patricia Rohde-Deutsch, die Pressesprecherin von Reiß und Co. Der Altbau der Architekten Kammerer und Belz aus dem Jahr 1975, der gläserne Gebäudeteil, der nach vorne zur Kriegsbergstraße gerichtet ist, könnte hingegen abgerissen werden.

Doch was soll am Ende auf dem zentralen Grundstück geschehen, wie soll es genutzt werden? „Im Neubau wäre eine Kombination aus Hotel, Appartements und Wohnen denkbar“, erklärt die Sprecherin. Im Bestandsgebäude, also im Lederer-Neubau, denke man derzeit an einen großen Büromieter oder eine mögliche Umwandlung in Ein- bis Zweizimmerwohnungen.

Die Bauarbeiten könnten bereits im ersten Quartal kommenden Jahres beginnen

Der Investor ist inzwischen im Rathaus bei Fraktionen und Verwaltung vorstellig geworden und hat seine Pläne präsentiert. Die Gespräche seien positiv verlaufen, so das Fazit aus München. Baubürgermeister Pätzold erklärt auf Anfrage dieser Zeitung, man sei auf einem guten Weg. Auch bei den Ratsfraktionen sollen die Pläne von Reiß und Co. positiv aufgenommen worden sein. Allein die Fraktion von SÖS/Linke-plus soll sich ablehnend geäußert haben.

„Es ist jedoch noch nichts entschieden“, fügt der grüne Baubürgermeister Peter Pätzold hinzu. Der Gemeinderat wird noch über die Pläne informiert werden. „Dieser Entscheidung wollen wird nicht vorgreifen“, betont Pressesprecherin Rohde-Deutsch.

Sollte die Entscheidung im Sinne des Investors fallen, könnte es schnell gehen. Man werde zeitnah nochmals Gespräche der Stadt führen, heißt es aus München. Und: „Unser Wunsch wäre es, im ersten Quartal 2017 mit den Umbauten zu beginnen.“