Wir treffen uns mit William Moragas am Max-Eyth-See. Der Brasilianer liebt das Gewässer zu jeder Jahreszeit, besonders aber im Frühling und Sommer: "Dann ist hier richtig viel los - ganze Großfamilien packen ihre Picknicks aus oder grillen." Foto: the

Seit vier Jahren lebt der Tänzer in Stuttgart - uns zeigt William Moragas seine Lieblingsplätze.

Stuttgart – Zugegeben: Stuttgart ist nicht Rio de Janeiro. Aber so langweilig, wie viele seiner Bekannten aus Berlin oder München vermuten, findet William Moragas die Schwabenmetropole gar nicht: “Stuttgart bietet viel Kultur und ist ein echter Hot Spot für Tanz und Tanztheater.” Seit vier Jahren lebt der Brasilianer am Neckar. Eric Gauthier hat Moragas 2007 hierher geholt, seither ist der 33-jährige Tänzer eine Konstante bei “Gauthier Dance”, wo wie in fast jeder Ballettkompanie ein ständiges Kommen und Gehen herrscht.

William Moragas lebt im Hallschlag in einer Wohngemeinschaft mit einer befreundeten Architektin und ist zufrieden dort: “Der Stadtteil ist sehr international – und überhaupt nicht heruntergekommen oder gefährlich, auch wenn das immer noch viele Leute glauben.” 

Mit dem Fahrrad über Stuttgarts Hügel

Sein Fahrrad ist für den großgewachsenen Tänzer das wichtigste Fortbewegungsmittel: Mit ihm flitzt er sommers wie winters zwischen seiner Wohnung und dem Theaterhaus oder den Proberäumen der Kompanie am Löwentor hin und her. Stuttgarts viele Hügel machen Moragas nichts aus: “Ich liebe Bewegung”, sagt der Tänzer, der sich neben den Vorstellungen und Proben für “Gauthier Dance” mit regelmäßigen Fitnessstudio-Besuchen fit hält.

Seit zwölf Jahren lebt der 33-Jährige in Deutschland. Als Elfjähriger begann er, in die Ballettstunde zu gehen, weil der Tanzgruppe die Jungs fehlten. Zunächst ohne das Wissen seiner Mutter, denn in der brasilianischen Kleinstadt Uberaba/Minas Gerais, aus der Moragas stammt, ist es mit dem Vorurteilen nicht anders als in Weil der Stadt oder Nürtingen: Ein Bub und Ballett – was werden die Nachbarn sagen?

Birgit Keil erkennt das Talent des Brasilianers

Doch William Moragas setzte sich durch, zog für seine Ausbildung erst nach São Paulo und dann ins kubanische Havanna. Bei einem Tanzwettbewerb in seiner Heimat erkannte John Crankos Primaballerina Birgt Keil das Talent des jungen Brasilianers. Ausgestattet mit einem Stipendium von Keils Stiftung reiste Moragas nach Deutschland, um an der Mannheimer Akademie des Tanzes zu studieren. Sein erstes Engagement führte ihn an die Dresdner Semperoper, über Koblenz, Karlsruhe und Chemnitz gelangte Moragas schließlich zur damals noch brandneuen "Gauthier Dance“-Kompanie in Stuttgart.

Tragende Säule der Kompanie

In jedem Programm hatte der Brasilianer seither eine tragende Rolle inne: Zuletzt tanzte er im Programm "Lucky Seven“ im Stück "Pietra Viva“ zusammen mit Anna Süheyla Harms einen herzzerreißenden Pas de deux. 2010 stellte er bei Gauthiers ganz eigenem Talentschuppen "Out of the Box“ seine erste Choreographenarbeit vor: "A Single Man“ wurde vom Publikum bejubelt und von der Kritik gelobt.

Und was kommt nach dem Tanz? Die ewig gleiche Frage für jeden Tänzer hat William Moragas sich noch nicht abschließend beantwortet: Ballettmeister oder Choreograph könnte sich der 33-Jährige vorstellen, denkbar wäre für ihn aber auch, eine ganz neue Richtung einzuschlagen. Schon jetzt beschäftigen den Brasilianer neben dem Tanz viele weitere Projekte: Das Modeln ist eines von ihnen.

Ein Abschied vom Stuttgarter Publikum würde Moragas aber in jedem Fall zu Herzen gehen: "Das Publikum hier ist einzigartig. Die Stuttgarter begeistern sich für alles, was mit Tanz zu tun hat. Die Säle sind immer voll und er herrscht eine Wahnsinnsstimmung – wie im Fußballstadion.“

William Moragas zeigt uns seine Lieblingsplätze in Stuttgart - klicken Sie sich durch unser virtuelles Sightseeing!