Sulz weist eine stark gesunkene Kriminalität und viele anstehende Bauprojekte auf. Doch es gibt ein großes Problem für Kommunen, weiß Bürgermeister Jens Keucher.
Mit seiner Äußerung über die Probleme im „Stadtbild“, unter anderem an Bahnhöfen, hat Bundeskanzler Friedrich Merz für eine breite Debatte gesorgt. Sein Lösungsvorschlag: Rückführungen in sehr großem Umfang durchzuführen.
Doch wie stellt sich die Situation in Sulz dar? Die Daten der Polizei sind eindeutig. „In Sulz ist die Zahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 11,3 Prozent gesunken“, hatte der Leiter des Polizeireviers Oberndorf, Timo von Au, Ende Mai im Gemeinderat festgestellt.
Rückgang um mehr als 20 Prozent
Das heißt: 43 Fälle weniger, so dass man bei 339 Taten sei – deutlich weniger als in den anderen Kommunen. Denn 2024 habe es in Rottweil 1621 Delikte, in Schramberg 884 und in Oberndorf 672 gegeben.
Die Kriminalitätsbelastung bezeichnet die bekanntgewordenen Fälle berechnet auf 100 000 Einwohner. Im Landkreis Rottweil liegt diese Zahl bei 3529, in Oberndorf bei 4576, in Sulz bei 2657 und Dornhan bei 1737.
Und ist der in der Kernstadt gelegene Bahnhof ein Hotspot für Gewalt und Kriminalität? Laut Statistik habe in diesem Stadtteil 56 Fälle weniger gegeben, was einen Rückgang von über einem Fünftel (22,4 Prozent) auf 194 Fälle bedeutet.
Baustelle am Bahnhof
Blickt man auf die vergangenen fünf Jahre, waren die Zahlen nur im Jahr 2020 niedriger (162), als zu Anfang der Corona-Pandemie das öffentliche Leben durch Lockdowns sowieso stark heruntergefahren wurde.
Und wollte man vor geraumer vom Stadtzentrum zum Bahnhof gelangen, war das „Stadtbild“ dorthin aufgrund einer großen Baustelle in der Bahnhofstraße tatsächlich nicht sehr ansehnlich. Doch das hatte einen ganz bestimmten Grund.
„Bekommen Geld geschenkt“
Denn hier wurde aktiv am Sanierungsgebiet „Stadtkern II“ gebaut – also unter anderem die Grünbeeteinfassungen um die Bäume herum erweitert, um „Stolperfallen“ auf dem Gehweg, die durch darunterliegendes Wurzelwerk verursacht werden, zu verhindern.
Das Sanierungsgebiet bedeutet auch, dass Bürger beispielsweise bei der energetischen Sanierung ihrer Häuser einen satten Zuschuss – bis zu 30 000 Euro – erhalten. „Die Anwohner bekommen praktisch Geld geschenkt“, hatte Reiner Wössner, Leiter des Stadtbauamtes, es einmal pointiert beschrieben.
Das Bahnhofsviertel lebt auf
Einer, der diese bauliche Aufwertung direkt ins Bahnhofsnähe in Anspruch genommen hat, ist Jens Hogh-Binder. Den städtischen Zuschuss könne er jedem, der in den entsprechenden Sanierungsgebieten wohne, nur wärmstens empfehlen, erklärt der Künstler.
„Man spürt richtig, wie das Viertel auflebt“, schildert er seine Eindrücke nach abgeschlossenen Maßnahmen im Gebiet. Doch nicht nur um die Bahnhofstraße gibt es bauliche Verbesserungen. Auch der Bahnhof selbst soll schöner werden.
Bäckerei hat geschlossen
Denn das Programm „Zukunftsbahnhöfe“ beinhaltet neue Sitzmöglichkeiten, mehr Grün und eine Fahrrad-Abstellanlage – voraussichtlich neben dem alten Postgebäude. Und für die Unterführung seien eine zusätzliche Beleuchtung und ein neuer Farbanstrich geplant.
Blickt man in das Bahnhofsgebäude, fallen die leeren Räume der Bäckerei Schwind ins Auge. Anfang Januar hatte das Sulzer Traditionsunternehmen bekanntgegeben, die Filialen in Sulz und Fischingen wegen gesundheitlicher Gründe aufzugeben.
Pralinen am Bahngleis?
Also ein demografisches Problem, das mit der Suche nach einer passenden Nachfolge zu lösen ist. Und Jens Faras, dem das Bahnhofsgebäude gehört, ist schon dahinter.
Ein Café, ein Bäcker oder ein Konditor mit eigenen Torten und Pralinen würde dort gut hineinpassen. Die Ausstattung sei schließlich noch in einem tollen Zustand.
Dramatische Unterfinanzierung
Fragt man 60 Oberbürgermeister und Bürgermeister aus Baden-Württemberg, gibt es weitaus dringendere Probleme als irreguläre Migration.
So hatte der Städtetag kürzlich ein Video veröffentlicht, in dem die Amtsträger strukturelle Änderungen gegen die Finanznot der Kommunen einfordern.
„Wir geraten als Bürgermeister an unsere Grenzen“, hatte der Sulzer Bürgermeister Jens Keucher in dem Clip mit Blick auf die dramatische Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden festgestellt.