Das Balinger Stadtarchiv bietet den Balingern einen umfassenden Einblick in die Historie der Eyachstadt. Interessierte können dort auch selbst Recherchen starten.
Außen kubistische Schlichtheit in Holz, Glas und Stein, im Erdgeschoss Wohlfühlcharakter für Besucher mit viel Licht, in den fensterlosen Obergeschossen zwei Kilometer Archivalien. Es gibt einen Lift: Das neue Balinger Stadtarchiv an der Heinzlenstraße 12 wurde zu einem Schmuckstück mit einer fantastischen Aussicht auf das Postkartenmotiv Zollernschloss. Und es wurde zu einem ein Schatzkästchen für alle, die zurückblicken oder etwas entdecken wollen was früher war. Leute, die ihren Familienstammbaum erforschen oder ergänzen wollen, Infos einholen über Aufzeichnungen aus den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Sport, Gesundheit, Vereine, Institutionen, Stiftungen und Firmen. Oder aber für Wissenschaft und Lehre sowie für Leute, die eine Baufrage zu klären haben. „Bau-Akten liegen im Archiv für immer und ewig“, erzählt Nicole Scheletz, die Stellvertreterin von Stadtarchivarin Yvonne Arras, den Teilnehmern des ausgebuchten Führungs-Angebots der VHS Balingen.
Archivalien aus den Teilorten sind nun zentral
Bei der VHS-Führung kann Nicole Scheletz viel Spannendes in der 18 Grad kühlen und klimatisierten Räumen mit den grauen Metallregalen zeigen. Insgesamt 180 Urkunden ließen sich aufbewahren. Doch das Archiv mit Bildarchiv und Fachbibliothek, Akten, Amtsbüchern, Sammlungen, Rechnungen, Karten und eben Urkunden wächst stetig. Denn jetzt lassen sich hier Zug um Zug auch die Archivalien aus den Rathäusern der 13 Teilorte zentral aufbewahren, was Quer-Recherchen einfacher macht.
Wie gesagt, sind schon zwei Kilometer Archivmaterial gelagert, für drei sind die mit Drehhebeln leicht zu bewegenden Regale auf zwei Stockwerken ausgelegt. „Wir können noch Stockwerke draufsetzen“, beantwortet die Literatur-Wissenschaftlerin eine Frage nach der Zukunft. Doch hier im Archiv wird die Vergangenheit lebendig, und als Besucher würde man am liebsten sofort loslegen und blättern in den Zeitungsbänden, in den Fachbüchern, oder den geschichtlichen Archivalien. Oder man würde gerne den Inhalt der luftdichten Kartons erkunden.
Zur Nazizeit gibt es nur wenige Dokumente
Wie viele Feuersbrünste haben Balingen verheert? Wie war das mit den Hochwasser-Katastrophen, wann wurde die Stadtkirche umgebaut und wie sah die Friedhofskirche früher aus? Und wie war das mit der Hexenverbrennung und was geschah in der Nazi-Zeit? Da wird die Archivleiterin etwas einsilbig: „Wir haben zu diesem Thema nichts Umfassendes. Es ist viel verschollen.“ Dieses dunkle Kapitel lasse sich jedoch anhand der im Archiv vorhandenen Unterlagen rekonstruieren. Doch das Testament des Markgrafen Eberhard von Friaul anno 863 ist wohl als ältestes Dokument erhalten. Die Teilnehmer betrachten es mit Ehrfurcht, obwohl es nur eine Kopie ist.
In diesem wird Balingen erstmals als Balguinet schriftlich erwähnt. Kurios sind die dicken Bände mit alten Inventuren und Teilungen. Der gesamte Hausstand bis hin zum hölzernen Kochlöffelchen wurde dort akribisch notiert, und zwar von Frau und Mann. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das so gehandhabt.
Und jetzt: Wie lange darf man sich aufhalten im Archiv nach Voranmeldung? Bei dieser Frage schmunzelt Literaturwissenschaftlerin Nicole Scheletz: „Hier im Archiv dürfen Sie gerne viel Zeit verbringen.“
Recherchen
Anmeldung
Wegen Recherchen in der neuen Archivalien-Schatzruhe gilt folgendes: Bitte unbedingt anmelden unter Telefon 07433/1 70 49 50 oder E-Mail stadtarchiv@balingen.de. Einfach vorbeizukommen ist nicht möglich.
Kosten
Kostenlos können Besucher blättern in alten Zeitungen ab 1877. Es gibt ein Microfiche-Gerät, das verkleinerte Vorlagen abbildet, und zwar analog. Darin zu blättern ist kostenlos. Recherchen der Archiv-Mitarbeiter allerdings sind kostenpflichtig, auch Kopien von Dokumenten und Fotos. Detaillierte Kosten sind zu finden im Gebührenverzeichnis des Stadtarchivs im Internet.