Rolf Ilzhöfer (von links), Werner Friedemann und Otto Krämer haben das Alte Rathaus und andere historische Gebäude am Urteilsplatz nachgebaut. Das „Bähnli“ mit Dampflok und Personenwagen komplettiert das Ensemble. Foto: Schabel

Der Urteilsplatz der 1950er-Jahre mit dem historischen Lahrer „Bähnli“, das am Alten Rathaus vorbeifährt: Dieses Szenario bietet eine Modellbahn, die von drei Rentnern gepflegt wird. Für diese Aufgabe braucht es nun aber Nachfolger. Die Anlage soll künftig auch wieder im Stadtmuseum gezeigt werden.

Von 1894 bis in die 1950er Jahre fuhr eine Schmalspurbahn vom Rhein bis Seelbach durch die engen Straßen von Lahr. Sie wurde umgangssprachlich „Entenköpfer“ genannt, da sie so mancher Ente zum Verhängnis wurde.

Die Bahn verkehrt längst nicht mehr, doch es gibt ein Modell, das an sie erinnert. Die detailgenaue Nachbildung im Maßstab 1:32 erlaubt einen nostalgischen Blick in das frühere Lahr, es ist eine Miniaturwelt mit akkurat nachgebildeten historischen Gebäuden am Urteilsplatz. Dazu ertönen Signalhorn und Gebimmel.

„Genauso hat es sich angehört, wenn das Bähnli kam“, so Werner Friedemann. Er besuchte damals die Friedrichschule, sein Schulweg führte ihn über den Urteilsplatz, über den auch die Bahn fuhr. „Wir Jungs haben Münzen auf die Schienen gelegt, die plattgefahren wurden“, erinnert sich Friedemann schmunzelnd. Der Mechanikermeister im Ruhestand hat unzählige Stunden investiert, damit Modellbahnfreunde heute einen Blick in die Lahrer Vergangenheit werfen können.

Modellbauer haben das historische „Bähnli“ erlebt

Die Ursprünge der Anlage gehen auf Max Biehler zurück, der in den 1970er-Jahren den Fuhrpark der Mittelbadischen Eisenbahnen AG nachbaute. Diese Miniatur-Dampfloks, Trieb-, Personen- und Güterwagen wurden ab 2003 von Biehler und Friedemann restauriert. Auf Anregung der damaligen Stadtarchivarin und heutigen Leiterin des Stadtmuseums Gabriele Bohnert begannen sie damals auch damit, den Urteilsplatz nachzubauen.

Biehler ist 2010 verstorben, doch seine Arbeit wurde fortgeführt – außer von Friedemann auch von Rolf Ilzhöfer und Otto Krämer. Diesem Trio ist es zu verdanken, dass das Miniatur-“Bähnli“ heute durch eine historische Lahrer Stadtkulisse seine Runden dreht.

Da dampft es aus der Lok und im Lahrer Stationsgebäude der Mittelbadischen Eisenbahn warten Fahrgäste. Der detailreiche Bau und die liebevolle Dekoration der Häuser, raffinierte Ideen sowie die technische Ausstattung und Unterhaltung – all das haben die passionierten Modellbauer in unzähligen ehrenamtlichen Stunden in Handarbeit hergestellt, wie die Stadt in einer Pressemitteilung hervorhebt.

Mit zwölf Volt Gleichstrom betrieben, wird die Modellbahn über eine Nachbildung eines Dieselloksteuerstandes gesteuert. Gleich daneben gibt es Knöpfe für die passende Geräuschkulisse – werden sie gedrückt, sind das Gebimmel oder Dampflokpfeifen der historischen Schmalspurbahn zu hören. Sogar Durchsagen wie „Bitte Vorsicht an Gleis eins“ ertönen.

„Die Herausforderung bestand darin, den Urteilsplatz so genau wie möglich abzubilden“, erzählte Friedemann unserer Redaktion, als die Modellbahn das letzte Mal im Stadtmuseum gezeigt wurde. Allein 200 Stunden investierte er in den Nachbau des Alten Rathauses. Dazu hat er Pläne des Gebäudes studiert und dessen Details fotografiert. Sogar den Zollstock legte er ans Rathaus an, damit die Proportionen seiner Nachbildung stimmen.

Mit Humor und Sinn für historische Genauigkeit

Aus Sperrholz, Hartholz und Kiefernleisten baute Friedemann das Rathaus nach, eine penible Arbeit, für die er allein 3000 Mini-Dachziegel aussägte. Sein Modell zeigt, wie das Gebäude vor 70 Jahren aussah – damals gab’s noch einen Kiosk, wo mittlerweile das Kulturbüro untergebracht ist. Sämtliche Details stimmen, sogar die Turmuhr geht richtig.

Die Modellbahnbauer besitzen aber nicht nur Sinn für historische Genauigkeit, sondern auch Humor. Durch das Fenster eines Toilettenhäuschens ist etwa ein Mann zu sehen, der auf der Toilette sitzt und eine Zeitung liest. Und der Apotheker weist erstaunliche Ähnlichkeiten mit dem echten Apotheker aus den 1960er Jahren auf.

Für den Unterhalt sorgt das Stadtmuseum, dem das Bähnle gehört. Der Wunsch ist, dass das Bähnle an unterschiedlichen Orten immer wieder ausgestellt und vorgeführt wird – bald auch wieder im Stadtmuseum. Dorthin wird es dann in eigens hergestellten, passgenauen und handlichen Kisten sicher transportiert.

Nun ist es jedoch an der Zeit, weitere Interessierte zu finden: Die drei Modellbauer, alle über 80 Jahre alt, möchten ihr Wissen weitergeben. Gesucht werden Personen, die handwerkliches Geschick mitbringen. Es gilt, das Bähnli in Schuss zu halten und zu erweitern, wie die Stadt mitteilt.

Das Bähnle-Team trifft sich in der Regel am Dienstagvormittag in Räumen beim Stadtpark, in denen die gesamte Anlage aufgebaut ist. Auch Berufstätige sind willkommen, denn die Anlage ist jederzeit zugänglich und die Modellbauer sind willens, die Einarbeitung so flexibel wie möglich zu gestalten.

Wenn die drei Eisenbahnfans erzählen, wird schnell klar, dass das Modellbauen für sie ein wunderbares Hobby ist, bei dem es sich entspannen lässt. Die Arbeit an der Entenköpfer-Bahn empfiehlt sich zudem als schöne Abwechslung für Modellbauerinnen und Modellbauer, da hier in einem Team gearbeitet wird, wie die Stadt hervorhebt.