Zuletzt hat es in mehreren deutschen Städten russenfreundliche Autokorsos gegeben, hier in Stuttgart, wo sich auch eine ukrainische Gegendemo formierte (im Hintergrund) Foto: Hildenbrand

Ein pro-russischer Autokorso wird am Sonntagmittag durch die Lahrer Straßen fahren. Im Gespräch mit unserer Redaktion beklagen die beiden Initiatorinnen eine zunehmende Russenfeindlichkeit, gegen die sie ein Zeichen setzen wollten.

Lahr  - Initiatoren der motorisierten Kundgebung sind zwei befreundete Lahrerinnen mit Wurzeln in Russland. Die eine ist Kosmetikerin von Beruf, die andere Assistentin der Geschäftsleitung. Sie sind jeweils um die 40 Jahre alt und um die Jahrtausendwende nach Deutschland ausgewandert. Im Gespräch mit unserer Redaktion haben sie gebeten, ihre Namen nicht in der Zeitung zu nennen.

Auf die Frage, ob sie für Putin seien, sagen beide entschieden "Quatsch!". Aber kann denn das Zeigen der russischen Flagge nicht als Verherrlichung des mörderischen Angriffskriegs in der Ukraine interpretiert werden? Das sehen sie nicht so. Ihnen gehe es um etwas ganz anderes: Sie wollten "gegen den Krieg, gegen die Diskriminierung russischstämmiger Menschen, aber auch gegen Waffenlieferungen in die Ukraine" eintreten, wie sie sagen. Letzteres würde den Krieg ihrer Ansicht nach nur unnötig in die Länge ziehen.

Auf die Frage, ob sie selbst diskriminiert worden seien, sagt eine der Frauen, dass sie beim Besuch eines Cafés in Karlsruhe von anderen Gästen aufgefordert worden sei, doch "zurück nach Russland" zu gehen, was sie sehr gekränkt habe.

In Lahr sei ihr so etwas nicht passiert, aber auch hier werde man mittlerweile "auf der Straße schief angeschaut", wenn man russisch spreche. Ihre Freundin erzählt, dass der Sohn einer Bekannten sich in der Schule eine Standpauke vom Rektor habe anhören müssen, nachdem er ein Z gemalt habe – der Buchstabe gilt als russisches Militär- und Propaganda-Symbol.

"Wir sollten nicht dafür verantwortlich gemacht werden, was Putin tut", sagen sie. Dass sie sich mit dem russenfreundlichen Autokorso an die Seite des Landes stellen, das gerade einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt – und damit selbst Öl ins Feuer gießen –, dieser Betrachtungsweise treten beide Frauen entgegen. Sie seien für ein friedliches Zusammenleben und würden ihre Autos am Sonntag deshalb mit russischen und deutschen Fahnen dekorieren, betonen sie.

Um 13 Uhr wollen die Frauen am Bahnhof zunächst eine Kundgebung abhalten, bei der sie über Diskriminierungserfahrungen sprechen wollen. Danach soll der Korso losfahren. Sie erwarten, dass sich mehr als 100 Mitdemonstranten anschließen.

Prorussische Autokorsos mehrten sich zuletzt in ganz Deutschland, jetzt ist Lahr dran. Nach einem Gespräch mit den Veranstalterinnen hat die Stadt am Freitag Route und Auflagen festgelegt (siehe Info). Eine Gegendemo sei nicht angemeldet worden, hieß es aus dem Rathaus.

Fahrtroute und Verbote

Strecke: Um 13 Uhr beginnt die Auftaktkundgebung am Bahnhof, gegen 14 Uhr soll sich der Autokorso dann in Bewegung setzen – vom Bahnhof auf die Schwarzwaldstraße, Lotzbeckstraße, Alte Bahnhofstraße, Werderstraße, Tramplerstraße, Mietersheimer Hauptstraße, Im Götzmann, B 3, B415, Raiffeisenstraße, Rheinstraße, Freiburger Straße – gegen 15 Uhr soll sich der Korso auflösen. Wegen des Weißen Sonntags und des russisch-orthodoxen Osterfests sei die Strecke so gewählt worden, dass sie an keinen Kirchen direkt vorbeiführt, so die Stadt.

Auflagen: Die Stadt erlaubt "keine Fahnen, Schilder oder sonstige Gegenstände an der Außenseite der Fahrzeuge". Ausnahme seien flache, fest an der Karosserie anliegende und sicher befestigte Gegenstände, etwa Transparente. Das Zeigen des Z-Zeichens sowie sonstiger Symbole für die Unterstützung der russischen Armee sowie von Flaggen und Symbolen der ehemaligen Sowjetunion ist verboten. Untersagt sind die "Leugnung oder Verherrlichung von Kriegshandlungen Russlands gegen die Ukraine".