US-Präsident Barack Obama richtete sich in einer Rede an die Kenianer. Foto: dpa

Tagelang hatten die Bewohner Kenias dem Besuch ihres verlorenen "Sohnes" entgegengefiebert. Die politische Agenda ist abgehakt, nun spricht Obama zu den Kenianern.

Nairobi - US-Präsident Barack Obama hat zum Abschluss seines Besuchs in Kenia die Missstände im Land angeprangert. Unter anderem sprach er die Benachteiligung von Frauen mit klaren Worten an. „Frauen als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, ist eine schlechte Tradition. Sie muss sich verändern. Sie hält Euch zurück“, sagte Obama bei einer Rede in Nairobi am Sonntag. Für häusliche Gewalt, Genitalverstümmelungen, Zwangsverheiratungen Minderjähriger und Vergewaltigung gebe es keine Entschuldigung. Wenn Kenia als Land Fortschritte machen wolle, müssten Frauen dieselben Chancen bekommen wie Männer.

Auch der in weiten Teilen der Gesellschaft akzeptierten Korruption müsse ein Ende bereitet werden. „Korruption kostet die Kenianer jedes Jahr 250 000 Jobs“, sagte Obama. „Jeder als Bestechung gezahlte Schilling könnte in der Tat in die Tasche von jemandem gesteckt werden, der einen Tag ehrliche Arbeit verrichtet.“

Die rund 5000 Zuschauer in einer Sportarena reagierten mit lautem Applaus. Ohne Gegenmaßnahmen werde Korruption die Entwicklung Kenias aufhalten. Obwohl das Land Fortschritte mache, seien Chancen und Erfolg immer noch ungleich verteilt.

Mehr als 40 Prozent der Kenianer leben nach UN-Angaben unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 Dollar am Tag, jeder vierte Kenianer ist arbeitslos. „Kenia ist an einem Scheideweg - ein mit Risiken aber auch mit enormen Versprechen gefüllter Moment“, sagte Obama. Nun müssten die Kenianer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. „Zu lange haben viele außerhalb nach Rettung gesucht und sich darauf konzentriert, dass jemand anderes die Schuld an den Problemen in diesem Land trägt.“

Tausende wollen Obama sehen

Tausende waren zu der Arena im Nordosten der Hauptstadt gepilgert. „Präsident Barack hat eine Vision für Afrika“, sagte der 17-jährige Moses Mungai aus dem Nyandarua-Bezirk im Osten des Landes. „Als Schüler fühlte ich mich ermutigt, dass die Zukunft Afrikas in uns selbst liegt und wir nicht auf westliche Ländern warten, uns selbst zu verändern.“ Obamas Eindruck werde noch für Jahre nachwirken. Die zu den Massai gehörende Rhoda Naserian zeigte sich glücklich, dass Obama die Ungleichbehandlung von Frauen erwähnte. „Ich komme aus einer Minderheiten-Gemeinde, die Genitalverstümmmelung an Frauen und Hochzeiten von Minderjährigen praktiziert“, sagte die 21-Jährige. „Diese Probleme müssen angesprochen und ernst genommen werden.“

Auch den Kampf gegen die islamistische Al-Shabaab-Miliz, die in den vergangenen zwei Jahren mehr als 500 Menschen getötet hat, nannte Obama als weiter bestehende Herausforderung. Gewaltbereite Extremisten wollten die Kenianer gegeneinander aufhetzen. „Terroristen, die Chaos säen wollen, muss mit Gewalt begegnet werden.“ Die USA würden Kenia zur Seite stehen, um der Gefahr durch Terroristen zu begegnen.

Auch bei seiner zweiten und letzten Station der viertägigen Reise nach Ostafrika dürfte Terrorismus zu den wichtigsten Themen zählen: Obama reiste noch am Sonntag in die äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba weiter, wo neben einem Treffen mit Premierminister Hailemariam Desalegn auch ein Besuch bei der Afrikanischen Union (AU) sowie Vertretern der Zivilgesellschaft geplant ist.

„Es gibt eine sehr ähnliche Bedrohung in Kenia und Äthiopien“, sagte Obamas Sicherheitsberater Ben Rhodes. Beide Länder stünden angesichts terroristischer Bedrohungen durch Al-Shabaab, Verstöße gegen Menschenrechte und einer zugleich wachsenden Wirtschaft vor sehr ähnlichen Herausforderungen. Journalisten würden eingeschüchtert oder inhaftiert und die Zivilgesellschaft unterdrückt.