Christian Wulff und seine Frau Bettina am Freitagvormittag in Berlin. Der Bundespräsident hat seinen Rücktritt erklärt. Foto: dapd

Wulff hat am Freitag seinen Rücktritt erklärt - ab Samstag wird gegen ihn ermittelt.

Hannover/Berlin - Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt ab Samstag gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Das sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Freitag. Momentan sei das Staatsoberhaupt noch durch die Immunität geschützt. Man gehe aber davon aus, dass diese durch den Rücktritt am Samstag aufgehoben sei.

Zuvor hatte Bundespräsident Christian Wulff am Freitag nach nur 598 Tagen im Amt seinen Rücktritt erklärt. Der 52-Jährige stand seit mehr als zwei Monaten wegen seines Hauskredits, seiner Drohungen gegenüber Medien und zuletzt wegen seines Verhältnisses zum Film-Manager David Groenewold in der Kritik. Nach dem Rücktritt von Horst Köhler im Mai 2010 ist es das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass ein Staatsoberhaupt zurücktritt.

In die Suche nach einem Nachfolger will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch die Opposition von SPD und Grünen einbinden. Wulff gab seinen Rücktritt am Freitag in einer persönlichen Erklärung bekannt, zu der er kurzfristig ins Schloss Bellevue geladen hatte. An der Seite hatte er seine Frau Bettina, bei der er sich ausdrücklich bedankte. Alle Vorwürfe wies er erneut zurück.

Merkel zollt Wulff Respekt

Merkel zollte ihm in einer kurzen Stellungnahme „größten Respekt“. Den Rücktritt begründete Wulff damit, dass er das höchste Staatsamt „nach innen und nach außen“ nicht mehr richtig wahrnehmen könne. Seine Wirkungsmöglichkeiten seien „nachhaltig beeinträchtigt“. Der Bundespräsident müsse jedoch vom Vertrauen „nicht nur einer Mehrheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürger“ getragen werden.

Wulff äußerte sich überzeugt, dass die juristischen Ermittlungen gegen ihn zu einer „vollständigen Entlastung“ führen werden. „Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten. Ich habe Fehler gemacht. Aber ich war immer aufrichtig.“ Die Berichterstattung der vergangenen Wochen habe ihn und seine Frau „verletzt“. Wulff stand seit Mitte Dezember massiv unter Druck. Zunächst ging es um einen günstigen Kredit, den der frühere niedersächsische Ministerpräsident und CDU-Vize für sein Eigenheim erhalten hatte. Dann musste er sich gegen verschiedene Vorwürfe wehren, Kontakte zu Unternehmern für private Vorteile genutzt zu haben.

Auslöser für den Rücktritt war schließlich die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hannover, die Aufhebung seiner Immunität zu beantragen. Bis zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts nimmt nun der amtierende Präsident des Bundesrats, Bayerns Regierungschef Horst Seehofer, die Aufgaben wahr. Die schwarz-gelbe Koalition will aber rasch über eine Nachfolge beraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa trifft sich Merkel dazu an diesem Samstag mit CSU-Chef Horst Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler. Dann soll auch schnell mit SPD und Grünen gesprochen werden. Merkel sagte: „Wir wollen Gespräche führen mit dem Ziel, in dieser Situation einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des nächsten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland vorschlagen zu können.“ Die Linkspartei erwähnte sie nicht.

Von der Leyen, Töpfer und Gauck als Nachfolger im Gespräch

In der Bundesversammlung, die bis spätestens 18. März das neue Staatsoberhaupt wählt, hat Schwarz-Gelb nur eine knappe Mehrheit. Als aussichtsreiche Nachfolger werden in der Union unter anderem Verteidigungsminister Thomas de Maizière, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (alle CDU) gehandelt. Im Gespräch sind auch der frühere DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, der 2010 als rot-grüner Kandidat gegen Wulff unterlegen war, und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.

Wulff ist innerhalb von zwei Jahren bereits der zweite Bundespräsident, der vorzeitig das Amt verlässt. Sein Vorgänger Horst Köhler hatte im Mai 2010 überraschend seinen Rücktritt erklärt, nachdem er mit Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz eine Diskussion ausgelöst hatte. Die Staatsanwaltschaft Hannover erläuterte, dass sich die geplanten Ermittlungen auf das Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmfonds-Manager David Groenewold insgesamt beziehen sollen, „soweit es strafrechtlich relevant ist“. Groenewold hatte mit den Wulffs Urlaub auf Sylt gemacht und die Hotelkosten zunächst bezahlt. Ferner soll er dem damaligen Ministerpräsidenten ein Handy überlassen und ein besseres Zimmer beim Münchner Filmball bezahlt haben.

Ins Blickfeld der Staatsanwaltschaft rückte die Verbindung, weil Niedersachsen einer Firma Groenewolds knapp ein Jahr zuvor eine Bürgschaft von vier Millionen Euro gewährte, die aber nie in Anspruch genommen wurde. Gegen Groenewold soll ebenfalls ermittelt werden.