Die Betroffenen könnten beim Eintritt in die Rente eine böse Überraschung erleben. Foto: Robert Kneschke – stock.adobe.com

Bis 2003 waren die Auszahlungen aus Kapitalauszahlungen beitragsfrei und die Betriebsrenten nur mit dem Arbeitnehmeranteil beitragspflichtig. Ab Januar 2004 müssen die Betroffenen den vollen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Das sorgt bei vielen für eine böse Überraschung.

Zollernalbkreis - "Das ist keine Altersvorsorge, das ist Abzocke", ärgert sich Bernhard Seeburger. Er ist Sprecher des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) und engagiert sich für das Thema unter anderem im Zollernalbkreis. Wie viele andere hat auch er beim Eintritt in die Rente eine böse Überraschung erlebt. "Mit der Auszahlung war es ein Schlag ins Gesicht", berichtet er.

Betroffene müssen teilweise hohe Summen nachzahlen

Insgesamt sollen 6,3 Millionen Menschen in Deutschland von der Thematik betroffen sein. "Manche Betroffene müssen Summen von 10 000 Euro, 20 000 Euro oder noch mehr nachzahlen", ärgert sich der Rentner aus Weilen unter den Rinnen: "Das ist staatliches Raubrittertum!" Der DVG fordert, dass die Betroffenen eine pauschale, unbürokratische Entschädigung erhalten.

"Der Staat hat in den 1980er-Jahren allen Arbeitern empfohlen, privat eine Vorsorge zu treffen. Damals gab es die Direktversicherung, mit der man sich zusätzlich zu der gesetzlichen Rente ein weiteres Standbein aufbauen konnte", so Seeburger. Darauf habe man sich verlassen, ärgert er sich. Bis zu der Gesetzesänderung im Jahr 2004 hätten die Versicherten jahrzehntelang darauf vertraut, dass Kapitalauszahlungen beitragsfrei sind.

Anlässlich der anstehenden Bundestagswahl gelte es, sich genau anzuschauen, welche Positionen die verschiedenen Parteien bezüglich der Doppelverbeitragung haben, betont Seeburger. Der DVG hat zu diesem Zweck eine Checkliste angefertigt. Die Erklärungen der Parteien stehen dort auf dem Prüfstand.

Für die Abschaffung der doppelten Beiträge auf Betriebsrenten und Direktversicherung sind: FDP, Freie Wähler und Die Linke. Die SPD war lange Zeit dagegen, hat aber die Abschaffung bei ihrem jüngsten Parteitag in das Parteiprogramm aufgenommen. Die CDU/CSU, Grüne und AfD wollen derzeit keine Änderung der geltenden Gesetzeslage.

Seeburger kämpft in seinem Fall nach wie vor vor Gericht. Im Sozialgericht Hechingen und Sozialgericht Stuttgart wurden seine Klagen vertagt. Derzeit wartet er noch auf seinen Verhandlungstermin beim Bundessozialgericht in Kassel. Eine im Frühjahr 2020 geplante Sitzung wurde wegen Corona abgesetzt. "Die Gerichte sind derzeit einfach überlastet", ärgert sich Seeburger.

Verfahren vor Sozialgerichten ziehen sich hin

Ohne seine Rechtsschutzversicherung könne er sich die aufwendigen Prozesse überhaupt nicht leisten, sagt er. Doch Seeburger will nicht aufgeben. Er hofft – auch für die anderen 6,3 Millionen bundesweit Betroffenen – das sich die Verhältnisse nach der Bundestagswahl ändern. Die Wahl am 26. September werde zeigen, in welche Richtung es geht werde.