Dorfmythen und Skurrilitäten erwarten die Leser der neuen Kriminalsatire aus dem Schwarzwald. Der St. Geogener Autor Roland Weis erzählt, was das etwa 1900-Menschen-Dorf St. Märgen als Kulisse für „Kaltblut“ so besonders macht.
Geisterbeschwörungen, Dorfhistorien und Aufregung unter den Bewohnern – das und viel mehr erlebt der Lokalreporter Alfred im neuen Schwarzwaldkrimi von Roland Weis. Der elfte Kriminalroman des aus St. Georgen stammenden Autors heißt „Kaltblut“ und spielt auch diesmal wieder in der Region – nämlich in St. Märgen. Wieso der 66-Jährige das 1900-Einwohner-Dorf als Kulisse für seinen 272-Seiten-Krimi gewählt hat und was er selbst mit St. Märgen verbindet, hat er unserer Redaktion erzählt.
Was hat Sie dazu inspiriert, das rund 1900-Einwohner-Dorf als Handlungsort auszuwählen?
Es ist mein bereits elfter Schwarzwaldkrimi mit der Hauptfigur „Lokalreporter Alfred”. St. Märgen gehört zu den wenigen Orten im Hochschwarzwald, in denen bis dahin noch keiner dieser Krimis spielte, also war naheliegend, dass nun auch mal St. Märgen dran ist. Außerdem hat der St. Märgener Bürgermeister Manfred Kreuz angeregt, ich solle doch auch mal einen Krimi in St. Märgen spielen lassen. Den Wunsch habe ich erfüllt, ebenso sein beiläufig ausgesprochenes Angebot, ich könne ja auch ihn als Bürgermeister darin vorkommen lassen.
Kennen Sie den Ort selbst gut, weil es Sie schon immer mal dorthin verschlagen hat, oder haben Sie St. Märgen erst vor wenigen Jahren „entdeckt“?
Ich bin im Hochschwarzwald aufgewachsen und kenne von daher alle Orte des Hochschwarzwalds seit rund 60 Jahren. St. Märgen musste ich nicht erst „entdecken”, dort habe ich einige Freunde und Bekannte. Früher bin ich dort bei den Hornschlittenrennen mitgefahren, und häufig bin ich im Klostermuseum, oder ich besuche dort die historische Rankmühle, wandere im Erlenbachtal (das deshalb im Krimi eine Rolle spielt) oder an den Zweribachwasserfällen.
Was hat St. Märgen für die Geschichte geeigneter als jeden anderen Ort gemacht?
Alle Orte sind gleich gut geeignet, wenn man sie kennt. Aber St. Märgen hat Besonderheiten, die ein Krimi selbstverständlich aufgreifen und in die Handlung einbauen kann, so etwa die Schwarzwälder Kaltblut-Pferdezuchttradition, das überregional bekannte Rossfest, die touristischen Geisterwanderungen, das ehemalige Kloster, die historische Rankmühle. Das alles ergibt eine abwechslungsreiche Kulisse für einen Schwarzwaldkrimi, der mehr bieten will als nur ein bisschen Name-Droping und die Aufzählung einiger touristischer Hotspots.
Ohne den Lesern zu viel zu verraten, aber gibt es „Dorfmythen“, die im Buch auftauchen und dem ein oder anderen St. Märgener bekannt sind, oder lässt sich der Leser auf ein neues St. Märgen ein?
Es wird nicht viel Neues erfunden, sondern es kommen die bekannten Dorfgeschichten vor, teilweise sind sie auch Bestandteil der Geisterwanderung, der Fasnet (Zunft der Bezitglunki), oder der Dorfhistorie (Nazi-Grab auf dem Friedhof).
Erkennen Sie sich selbst in einer Figur wieder?
Das müssen die Leser erkennen oder nicht erkennen, ich weiß es ja. Verrate es aber nicht.
Worauf können sich die Leser besonders freuen und was hat Ihnen selbst eine besondere Freude beim Recherchieren oder Schreiben gemacht?
Ich denke, die Leser können sich auf eine augenzwinkernde, rasante und bisweilen auch überzeichnete Kriminalsatire freuen, in der sie ganz viel Lokalkolorit geboten bekommen, wenig Blut, dafür ein paar überraschende Wendungen und manche Weisheit über das Leben im Schwarzwald. Darauf freue ich mich beim Schreiben immer auch selbst, insbesondere, wenn es mir gelingt, ein paar Dinge unterzubringen, die den Leser dann hoffentlich ins Grübeln bringen oder ihn überraschen.
Bevor Roland Weis Autor wurde, absolvierte er ein Zeitungsvolontariat, ein Studium in Neuerer und Neuester Geschichte und war Leiter der Nachrichtenredaktion bei Radio FR1 in Freiburg. Seit 1994 arbeitet er als fester freier Mitarbeiter bei G- Geschichte, eine historische Monatszeitschrift des Bayard-Verlags. Seit den 90ern hat er etliche Bücher veröffentlicht und gilt als Erfinder des Genre Schwarzwaldkrimis.
„Kaltblut“ handelt vom Lokalreporter Alfred, der sich eigentlich vorgenommen hat, sein Leben in Zukunft verantwortungsbewusst zu führen. Doch diese Entscheidung wird ihm genommen, als die Einwohner St. Märgens in große Aufregung verfallen, weil skurrile Dinge im Dorf vorgehen, wie eine Tote, die unwillkommene Geister beschwört. Alfred stößt im Laufe des Buchs auf viele Dorfgeschichten, die auch ihren Platz in der Handlung finden.