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Junge Altenpflegerin nimmt sich für Patienten Zeit. Dankarkeit nicht mit Geld aufzuwiegen.

St. Georgen - Die Evangelische Altenhilfe klagt über ein Imageproblem der Pflegeberufe, dabei seien die Löhne viel besser, als die öffentliche Diskussion vermuten lasse. Für Sarah Ketterer, seit Kurzem mit der Ausbildung fertig, ist die Dankbarkeit der Senioren nicht mit Geld aufzuwiegen.

"Das sind doch nur Arsch-Abwischer": Diesem Vorurteil sehen sich junge Menschen, die sich dafür entscheiden, eine Ausbildung in der Altenpflege anzufangen, auch heute noch ausgesetzt. So erzählt es Sarah Ketterer, 21 Jahre alt und seit September ausgelernte Pflegefachkraft bei der Evangelischen Altenhilfe St. Georgen. "Aber wir pflegen die Leute, sind für sie da, geben Lebensqualität."

Nach der Mittleren Reife wusste sie zuerst nicht, wohin der berufliche Weg führen soll. Motiviert durch ihre Tante, absolvierte die junge Frau ein Praktikum im Seniorenheim Lorenzhaus. "Es war nicht so schlimm, wie andere immer behaupten." Stattdessen merkte sie, dass ihr die Arbeit liegt. "Ich wollte ohnehin was in Richtung Menschen machen. Wir haben zu Hause auch meine Oma gepflegt." Berührungsängste gegenüber älteren Menschen kennt Ketterer nicht. Man gewöhne sich an vieles, was eine Beschäftigung in der Altenpflege mit sich bringt: die Berührungen, die Gerüche, das Sterben.

Nur wenige wollen die Arbeit machen

Wie alle in der Branche hat auch die Evangelische Altenhilfe große Schwierigkeiten, Personal zu finden. "Der Fachkräftemangel ist überall angekommen", sagt Florije Sula, Personalmanagerin und Geschäftsführerin bei der Evangelischen Altenhilfe. "Wir finden wenig deutsche Menschen, die diese Arbeit machen wollen." Die Pflege ist unbeliebt. Schuld daran, glaubt Sula, sei das schlechte Image des Berufs innerhalb der Gesellschaft. "Wir wollen ganz klar sagen, dass es uns ärgert, dass die Berichterstattung oft in die Richtung geht, dass es ein unterbezahltes Berufsbild wäre."

Die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer seien durch den Personalmangel nicht ideal, doch zumindest die Bezahlung sei nicht das Problem. "Man kann in der Pflege nicht überleben? Das ist so nicht wahr. Wir verdienen, was man im Durchschnitt in der Industrie verdient." Ohnehin würden junge Generation ihre Berufswahl heute weniger stark vom Gehalt abhängig machen. "Die suchen Sinnhaftigkeit, möchten Verantwortung haben. Die hat man bei uns. Hier begleitet man einen Menschen."

Bezahlung ist nicht das Problem

Auf rund 3087 Euro hat die Diakonie, Träger der Altenhilfe, das Einstiegsgehalt für Pflegefachkräfte im Juli erhöht. Im kommenden Jahr wird diese Summe um weitere 100 Euro aufgestockt. Hilfskräfte steigen derzeit bei rund 2267 bis 2441 Euro ein. Auszubildende bekommen im ersten Jahr rund 923 Euro. Nur "auf öffentlichen Druck hin", habe man die Tariferhöhung um sieben Prozent durchsetzen können, so Sula. Dies bedeutet aber auch: "Wir müssen die Steigerung der Personalkosten an die Heimbewohner weitergeben."

Markus Schrieder, ebenfalls Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe, sieht das gelassen: "Wie alles teurer wird, werden wir eben auch teurer." Trotz der besseren Bezahlung klärt sich jedoch nicht das Problem der Unterbesetzung. "Ich hätte gern ein Drittel Personal mehr, um Pflege so zu gestalten, dass es befriedigend ist", so Schrieder. Doch wer soll das bezahlen?

Nachtschichten stocken das Gehalt auf

Die Evangelische Altenhilfe hat derzeit 240 feste Mitarbeiter, davon 80 Prozent Frauen, viele in Teilzeit, 140 davon sind in der organisierten Nachbarschaftshilfe tätig. Auf zwei stationäre Einrichtungen verteilen sich 138 Betten. Hinzu kommen ambulante Pflegeangebote. Insgesamt versorge man um die 400 Patienten in der Umgebung.

Sarah Ketterer ist zufrieden. Problematisch sei nur, dass die Arbeit körperlich oft sehr schwer sei. Bettlägerige Menschen müssten aufgerichtet, umgedreht oder in den Rollstuhl gehoben werden. Das geht in den Rücken. Nachtschichten habe sie kaum, mache aber zwei bis drei Mal monatlich freiwillig welche, um das Gehalt aufzustocken.

Morgens, wenn die Grundpflege der Bewohner ansteht, kommen auf einen Wohnbereich mit 33 Senioren insgesamt fünf Pflegende, davon mindestens eine Fachkraft, der Rest Pflegehelfer. Ketterer will die Bewohner nicht im Akkord behandeln. Daher nehme sie sich "immer mal fünf Minuten", um mit den Bewohnern zu sprechen oder sie erzählen zu lassen.

"Ich setze mich lieber fünf Minuten hin und brauche dann fünf Minuten länger, als jemanden abzufertigen. Es sind ja nur fünf Minuten. Ob man jetzt um halb zwei oder um fünf nach halb zwei in den Feierabend geht, macht für mich keinen Unterschied." Diese kleinen Gesten kommen bei den alten Menschen gut an. "Was mich berührt, ist, wenn man sechs Wochen weg war und sie sich freuen, dass man zurück ist." Mit ihrem Gehalt ist sie zufrieden. "Geld spielt keine so große Rolle, wenn einem der Beruf Spaß macht und man Dankbarkeit zurückbekommt."